Volleyball:Stunde der Improvisationskünstler

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Tanz in die Saison: Im ersten Duell mit Königs Wusterhausen zeigen Herrschings Volleyballer vor eigenem Publikum die reifere Spielanlage. (Foto: Arlet Ulfers)

Herrschings Volleyballer gewinnen trotz des Ausfalls ihres Diagonalangreifers zum Saisonstart gegen die Netzhoppers

Von Katrin Freiburghaus, Herrsching

Als der traditionell in königliche Gewänder gehüllte Hallensprecher am Samstag von seinem geräderten Holzross herabgestiegen war, um die ortsansässigen Bundesliga-Volleyballer anzukündigen, hüpfte auch Herrschings neuer Diagonalangreifer Matthew Tarantino einmal tapfer übers Feld. Geschlossenheit lautete die Botschaft hinter seinen Bemühungen - selbst über Verletzungen hinweg. Denn ein Einsatz kam für den 23-Jährigen zum Saisonauftakt gegen die Netzhoppers KW wegen einer vor anderthalb Wochen erlittenen leichten Knieverletzung nicht in Frage. Dass das Ergebnis gegen die Randberliner mit 3:0 (25:14, 25:18, 25:14) dennoch deutlich ausfiel, lag nicht allein an den überforderten Gästen, sondern vor allem an Herrschings Qualitäten im Bereich der Improvisationskunst.

Anders als Königs Wusterhausen, das seinen Zugang Dirk Westphal kurz vor Saisonbeginn aufgrund eines besser dotierten Angebots ins Ausland hatte ziehen lassen müssen und darüber sichtlich verunsichert wirkte, offenbarte Herrsching kaum Abstimmungsprobleme. Julius Höfer - in der vergangenen Saison noch im Außenangriff gesetzt - vertrat Tarantino auf der Diagonalen ohne Schwierigkeiten. "Wir haben letztes Jahr zusammengespielt, das macht die Eingewöhnung einfacher", sagte Herrschings Zuspieler Patrick Steuerwald relativierend.

Doch in der Vorbereitung hatten sie aus einem für halbprofessionelle Teams typischen Grund eben nicht zusammengespielt: Höfer ist Vollzeitstudent. Er wollte eigentlich kürzer treten und nur noch als Backup aushelfen. Die Rentenpläne des 24-Jährigen durchkreuzte sein Trainer vor knapp zwei Wochen jedoch vorerst, als er ihn im Urlaub abpasste. "Ich saß in Vietnam schön am Strand, da schreibt mir Max Hauser: Wie sieht's aus? Wir bräuchten dich", erzählte Höfer. Nach zehn Tagen Training attestierte ihm Hauser gegen Königs Wusterhausen eine "solide Leistung". Überrascht hätten ihn die neun Punkte und guten Blocks von Höfer jedoch nicht: "Ich hab unendliches Vertrauen in Julius. Mir war völlig klar, dass der ein ordentliches Spiel machen würde."

Höfer war nicht die einzige Personalie, in der Herrsching kurz vor dem Auftakt unbeeindruckt umdisponierte. Bereits vor fünf Wochen hatte das Team vom Ammersee in Aleksandar Milovancevic quasi über Nacht Ersatz für den aus privaten Gründen wieder abgereisten Zugang Jan Pokersnik verpflichtet. Dem Serben gelangen gegen KW zehn Punkte, einzig der zweite Zugang auf dem Feld, Nationalspieler Tom Strohbach, war mit elf noch erfolgreicher.

"Das war ein Auftakt nach Maß und eine tolle Mannschaftsleistung", lobte Geschäftsführer Fritz Frömming. Als wertvollster Spieler wurde nach dem Auftaktsieg, mit dem sich Herrsching auf Platz zwei der Tabelle einordnete, folgerichtig Bälle-Verteiler Steuerwald ausgezeichnet, der die Konstanz seiner Mitspieler lobte: "Wir haben jeden Ball Vollgas gegeben und dem Gegner so nie ermöglicht - was im letzten Jahr ab und zu mal passiert ist - wieder ins Spiel zurückzukommen."

In allen drei Durchgängen hatte der TSV Herrsching Königs Wusterhausens wacklige Annahme mit starken Aufschlägen entnervt, hohe Führungen erspielt (17:9, 20:12, 20:9) und nicht mehr locker gelassen. "Wir haben einen ordentlichen Denkzettel bekommen", bekannte der Top-Transfer der Gäste, Björn Andrae. Der ehemalige Nationalspieler machte für Herrschings überzeugende Mannschaftsleistung den Umstand verantwortlich, "dass sie sehr erfahrene Leute auf den wichtigen Positionen haben". Eine Konstellation, von der die jungen Brandenburger mit Ausnahme Andraes weit entfernt sind. "Die hatten relativ schnell nicht mehr viel Selbstbewusstsein", analysierte Hauser. Er wollte das eigene Spiel darum auch nicht überbewerten: "Wir waren souverän, aber es lag auch daran, dass der Gegner irgendwann selber so viele eigene Fehler gemacht hat, dass er uns gar nicht mehr unter Druck gesetzt hat." Auch Steuerwald prognostizierte, "dass die nächsten Spiele in der Liga anders sein werden".

Das nächste steht jedoch im Pokal und bereits am kommenden Mittwoch beim Drittligisten Aachen an. Herrsching bleibt seiner Linie treu und wird erneut flexibel reagieren müssen: Statt Höfer fährt Johannes Kessler für die Diagonale mit. Im Gegensatz zu den Kollegen auf seiner Position absolvierte er immerhin die komplette Vorbereitung mit der Mannschaft.

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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