Volleyball:Steuerwalds Wut

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Am Ende frustriert: Herrschings Zuspieler Patrick Steuerwald (li.), hier im Zusammenspiel mit Mittelblocker Peter Ondrovic, scheiterte am Ende knapp beim Versuch, Punkte aus Frankfurt zu entführen. (Foto: Marcel Lorenz/Imago)

Herrschings Volleyballer überzeugen trotz des 1:3 in Frankfurt. Wichtiger für den Klub ist, dass er sein Hallenkonzept am Montag erstmals im Gemeinderat vorstellt

Von Sebastian Winter, Herrsching

Patrick Steuerwald war wütend, sehr wütend sogar, als er zum neunten Mal in dieser Saison die Medaille für den wertvollsten Spieler entgegennahm. Mühsam versuchte Herrschings Zuspieler ein Lächeln für die Kameras, es gefror. Dass diese neun Medaillen Ligabestwert sind, dürfte den 30-Jährigen auch nicht getröstet haben. Herrschings Erstliga-Volleyballer hatten ja gerade ihr Spiel bei den United-Volleys mit 1:3 (17:25, 25:19, 21:25, 24:26) verloren, unnötig verloren, muss man sagen. Denn sie hätten durchaus den fünften Satz - und damit einen Punkt - erreichen können. Und das, obwohl ihnen vor nur 1100 Zuschauern in der Frankfurter Fraport-Arena in Außenangreifer Julius Höfer und Kapitän Benedikt Doranth gleich zwei wichtige Spieler fehlten.

Florian Malescha ersetzte Höfer aber sehr gut, auch Tom Strohbach, Matt Tarantino und Roy Friedrich überzeugten, und Steuerwald zog im Zuspiel gekonnt die Fäden. Es war erstaunlich, wie sehr der Tabellendritte Frankfurt, der klare Favorit, am Ende kämpfen musste. Aber die Erkenntnis, auch gegen einen eigentlich zu mächtigen Gegner wie Frankfurt mithalten zu können, hilft dem TSV Herrsching im Kampf um den sechsten und letzten Playoff-Platz nur bedingt. Der direkte Konkurrent Bühl schlug parallel Solingen mit 3:0 und hat nun als Siebter wie Herrsching 20 Punkte, aber das etwas schlechtere Satzverhältnis. In zwei Wochen kommt es zum Duell des TSV gegen Bühl, spätestens dann dürfte Klarheit herrschen bezüglich der Playoff-Teilnahme.

Das Spiel in Frankfurt, mit dessen Ausgang man rechnen musste, rückte ohnehin recht schnell in den Hintergrund, jedenfalls für die Funktionäre des Vereins. Denn entscheidender für Herrschings Planungen dürfte dieser Montag werden, wenn die Klub-Verantwortlichen ihr Hallenkonzept im Gemeinderat vorstellen. "Das ist ein sehr wichtiger Wegweiser für unsere Zukunft und hat eine große Bedeutung für den Standort Herrsching", sagt TSV-Marketing-Manager André Bugl fast staatsmännisch. Die Volleyball-Bundesliga hat ja vor ein paar Wochen grünes Licht für eine Verlängerung der Ausnahmegenehmigung für die Nikolaushalle gegeben, spätestens in dreieinhalb Jahren muss Herrsching dann eine neue, erstligataugliche Halle haben. Die dürfte zwischen zehn und zwölf Millionen Euro kosten, ein Grundstück ist noch nicht fixiert. Zum ersten Mal haben die TSV-Volleyballer nun aber die Möglichkeit, für ihr Projekt im Gemeinderat zu werben. "Es geht noch nicht um ein konkretes Grundstück oder einen Beschluss, sondern darum, mit welcher Stimmung wir aus diesem Termin rausgehen", sagt Bugl. Es geht also auch um die Frage, ob die Lokalpolitik dem Ansinnen der Volleyballer eher gewogen ist oder nicht. "Gegen riesige Windmühlen anzukämpfen, bringt nichts", sagt Bugl, der sich bei negativer Resonanz auch vorstellen könnte, "den Standort Herrsching zur Not zur verlassen, auch wenn wir das nicht wollen".

Noch ein anderes Thema treibt die Herrschinger derzeit um, das unmittelbar mit der Hallenfrage zusammenhängt - aber weitaus akuter ist: Wo genau sie ihr Playoff-Viertelfinale spielen, wenn sie sich dafür qualifizieren. Das Problem ist, dass sie die Nikolaushalle nur in der Hauptrunde und in den Pre-Playoffs für Heimspiele nutzen dürfen. Vom Playoff-Viertelfinale an müssen sie in eine regelkonforme Halle umziehen - oder komplett auswärts antreten. Vor dem Pokal-Halbfinale gegen Berlin hatte ihnen die Volleyball-Bundesliga (VBL) in diesem Zusammenhang das Heimrecht entzogen, weil die Herrschinger keine Ersatzhalle vorweisen konnten.

Zu einer solch unschönen Situation soll es nicht wieder kommen. Doch die mögliche Ersatzhalle in Unterhaching ist unter der Woche ständig belegt, der Audi-Dome würde wegen seines an der Decke befestigten Videowürfels allein von der Höhe her nicht passen, wie Bugl jüngst beim Besuch eines Basketballspiels des FC Bayern feststellen musste. Andere Optionen, wie die Münchner Olympiahalle oder das Ballhaus-forum in Unterschleißheim, fallen wegen der immensen Kosten aus. Für das Ballhausforum müsste Herrsching allein schon 10 000 Euro Miete zahlen, Bugl schätzt, dass weitere 15 000 Euro für Transport und Verlegung des Bodens sowie der LED-Banden hinzukommen.

Aus diesem Grund sind Bugl und TSV-Manager Fritz Frömming am vergangenen Donnerstag mal kurz ins Ausland gefahren, genauer nach: Innsbruck. Dort spielt das Hypo Tirol Volleyballteam, österreichischer Dauermeister und Champions-League-Teilnehmer, in einer Halle, die internationalen Anforderungen entspricht. Die Herrschinger pflegen engen Kontakt nach Innsbruck, sie haben schon einige Trainingsspiele gegen den Klub absolviert und zusammen Trainingslager in Tirol abgehalten. Nun könnten sie sich gut vorstellen, ein mögliches Playoff-Viertelfinale in Innsbruck auszutragen - sozusagen als Rahmenprogramm für das Meisterschafts-Halbfinale Innsbrucks am 22. März. "Wir hatten ein sehr gutes Gespräch", sagt jedenfalls Frömming.

Die VBL weiß über Herrschings Pläne bescheid, die ein Novum in der Liga-Geschichte bedeuten würden. Im Ausland ein Playoff-Heimspiel zu bestreiten, das hat es bislang jedenfalls noch nicht gegeben. Sicher ist aber noch nichts, weil noch Details mit Innsbruck und auch der Liga, die die Idee durchaus wohlwollend begleitet, besprochen werden müssen. Außerdem müssten die Herrschinger zunächst einmal Sechster nach der Hauptrunde werden, um direkt ins Viertelfinale einzuziehen. Oder eben den Umweg über die Pre-Playoffs nehmen, falls sie am Ende schlechter sind als Platz sechs.

Der Modus ist übrigens tückisch in dieser Saison. Theoretisch könnte Herrsching sogar noch sportlich absteigen, wenn es in den Pre-Playoffs die erste Partie verliert und dann auch das Duell mit dem zweiten Pre-Playoff-Verlierer abgibt. Aber dieses Szenario ist sehr theoretischer Natur - zumal wenn Herrsching weiterhin solche Leistungen abruft wie in Frankfurt.

© SZ vom 13.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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