Volleyball:Sponti­mentalität gegen Dreijahres­plan

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Vielleicht ein Vorteil: Weil das „Topteam“ Haching zu Saisonbeginn noch nicht eingespielt ist, glaubt Herrschings Trainer Max Hauser (vorne), dass eine Überraschung möglich ist – wie im Playoff-Viertelfinale der vergangenen Spielzeit, als sein Team den Favoriten einmal überrumpeln konnte. (Foto: Oryk Haist/imago)

Das Derby zwischen Herrsching und den Alpenvolleys ist ein Duell unter Ungleichen. Das Team vom Ammersee pflegt sein alternatives Image, Haching ist (vom Partner) zum Erfolg verdammt.

Von Katrin Freiburghaus, München

Die einen arbeiten die Bilanz auf (Herrsching), die anderen (die Alpenvolleys) bemühen italienische Literaten ("Gehe du deinen Weg und lass die Leute reden" - Dante), um sich für die zu erwartenden Sticheleien des gegnerischen Hallensprechers zu wappnen: Schon die Wortmeldungen vor dem Bundesligaspiel der Volleys Herrsching gegen die Alpenvolleys Haching am Donnerstag (20 Uhr, Nikolaushalle) nahmen deutlich mehr Bezug auf den Gegner als gewöhnlich. Dass der Derby-Charakter wegen des Hauptsitzes der Tiroler in Innsbruck eigentlich nur bedingt gegeben ist, gleicht die gemeinsame Erstliga-Historie der beiden Teams aus, die trotz ihrer Kürze mit einer Reihe spektakulärer Begegnungen aufwartet.

Die eindrücklichste dürfte jene zweite Playoff-Partie im Viertelfinale der Vorsaison gewesen sein, in der Herrsching den Innsbrucker Import in dessen Unterhachinger Dependance - live im Free-TV - besiegte und in die Entscheidungspartie zwang. Es sind aber nicht nur sportliche Faktoren, die dem Duell besondere Brisanz verleihen, sondern auch die grundverschiedenen Konzepte. Auf der einen Seite der am Reißbrett entworfene und bei Engpässen von ihm selbst finanzierte Dreijahresplan der österreichischen Volleyballikone Hannes Kronthaler - auf der anderen Seite die Herrschinger Spontis, die vor sechs Jahren als "Geilster Club der Welt" voller Abenteuerlust in die erste Liga platzten und ihre Strukturen erst sukzessive den Anforderungen anpassten.

Während Herrsching seine Verwurzelung in der Region pflegt, waren die Alpenvolleys von Beginn an unter Beobachtung, wenn es darum ging, ob es ihnen gelingen würde, einen Bezug zur deutschen Liga aufzubauen. Generalmanager Kronthaler selbst geht mit dem eigenen Lizenzgeber Unterhaching bisweilen hart ins Gericht: Stichwort Sponsorenakquise. Die öffentliche Debatte rankt sich eher um das Thema, dass kein einziger deutscher Spieler mehr im Kader steht, während es bei Herrsching sieben sind. Dieses Ungleichgewicht hat jedoch weniger damit zu tun, dass die Alpenvolleys transnational unterwegs sind, als mit den sportlichen Zielen.

Kronthaler will sein Team im Meisterschaftsfinale sehen. Er bezahlt - und erwartet entsprechend volle Konzentration auf den Volleyball. Junge deutsche Spieler, die zu diesem Profil passten, strebten laut Kronthaler in andere europäische Topligen oder stellten Forderungen, denen er nicht nachkommen wollte. Herrsching bietet mit dem Ziel, die Playoffs zu erreichen, mehr Freiraum für Spieler wie Tom Strohbach, der sich aus Studiengründen gegen die Alpenvolleys entschied. Nach der vergangenen Saison verabschiedete sich Kapitän Lukas Bauer mit Platz sieben - und einem Master in der Tasche ins Berufsleben. Aktuell arbeitet der älteste im Kader, Libero Ferdinand Tille, 30, neben dem Sport parallel an seinem Uni-Abschluss. Die qualitativen Unterschiede, die durch den unterschiedlichen Fokus entstehen, zeigen sich indes verstärkt gegen Ende der Spielzeit - nicht am Anfang. Obwohl Herrschings Trainer Max Hauser die Alpenvolleys klar als "Topteam" einordnet, glaubt er deshalb daran, "dass wir eine Chance haben, wenn wir keine Aussetzer haben". Die Alpenvolleys wiederum geben sich vor dem frühen Duell defensiv. "Herrsching auswärts ist immer eng", sagt Kronthaler, "wenn wir da jetzt einen Punkt verlieren oder zwei, werden wir keinen großen Zirkus machen." Beide Teams holten in ihren Auftaktpartien drei Punkte, offenbarten aber jeweils nochgroße Angriffsflächen. Hauser sah in allen Elementen Verbesserungsbedarf, Kronthaler konstatierte diplomatisch: "Das erste Spiel ist nie ganz einfach."

Auf den Außenpositionen sind beide Teams dünn besetzt: Herrschings Strohbach befindet sich noch in der Reha und wird wohl erst zum Jahresende einsatzbereit sein. Den Alpenvolleys fehlen ihre australischen Zugänge Jordan Richards und Max Staples, die erst am Donnerstag ankommen. Hauser erwartet sich davon allerdings nur minimale Vorteile. "Es ist vielleicht ein bisschen leichter zu analysieren, aber die, die auf dem Feld stehen, sind gut genug, das ist keine zweite Sechs", sagt er. "Wir müssen unsere Hausaufgaben machen."

Erst die eigenen Aufgaben erledigen, den eigenen Weg gehen - auf Dante können sich offenbar beide Seiten einigen.

© SZ vom 17.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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