Volleyball:Sie lächeln

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So sehr sich die Münchnerinnen auch strecken, selten gelingt es ihnen (wie hier Sabrina Karnbaum, li.) die Gäste aus Münster wirklich zu ärgern. (Foto: Claus Schunk)

Zweitligist DJK München zeigt gegen den übermächtigen USC Münster eine erstligareife Inszenierung. Ernsthaft gefährden können die Außenseiterinnen die Gäste vor 700 Zuschauern nicht, dennoch genießen sie ihren Pokal-Auftritt

Von Alexander Mühlbach, München

Am Ende steht Bastian Henning alleine in der Hallenmitte und schaut hoch zu den Fans. "Danke", sagt der Trainer der DJK Sportbund München-Ost recht emotional, was beinahe so klingt, als würde er jetzt seinen Abschied verkünden. "Danke an alle, die das hier ermöglicht haben." So richtig fassen konnte Henning bis dahin noch nicht, was an diesem Abend in der Halle des Truderinger Gymnasiums im Achtelfinale des deutschen Volleyballpokals gegen den Erstligisten USC Münster passiert war. Nein, sie hatten den Favoriten nicht geschlagen. Ja, sie hatten eine Lehrstunde gegen einen großen Verein bekommen. Aber Henning ist das in diesem Moment egal. Denn eine Sache muss man seinem Verein lassen: Der Zweitligist präsentierte sich an diesem Abend erstligareif - zumindest was die Inszenierung anging.

Die Halle des Zweitliga-Aufsteigers war so voll, dass viele der 700 Zuschauer keinen Sitzplatz mehr fanden. Ein DJ und ein Stadionsprecher peitschten die Rekordkulisse so sehr an, dass sie tobte. Was manche Eltern dazu veranlasste, ihren Jüngsten zum Schutz Kopfhörer zu verpassen. Und man fragte sich zu Spielbeginn, ob Münster, dieser übermächtige Erstligist, der deutsche Meister und Pokalsieger von 2005, sich von dieser Stimmung beeindrucken lässt.

Mitnichten. Der USC gewinnt den ersten Satz 25:12. Dann den Zweiten (25:16). Und auch den Dritten (25:18). "Wir spielen jede Woche vor so einer Kulisse", erklärt USC- Trainer Andreas Vollmer trocken. Er meint die Kulissen in Schwerin, Dresden und Stuttgart. Eben die ganz großen Namen im deutschen Frauen-Volleyball.

Sicher, sagt Henning. Sicher hätten sie sich vor dem Spiel Videomaterial von Münster angeschaut. Sie wollten ja mitspielen, sich ein paar Punkte erkämpfen. Was auch gleich klappte, nach vier Ballwechseln stand es 2:2. Dann aber dreht Münster auf. Kombiniert, baut Finten ein, düpiert den Münchner Block, schlägt einfach hindurch. Und wenn die Münchnerinnen ihre Angriffe mal durchziehen können, stehen auf der anderen Seite die 1,90 Meter großen Leonie Schwertmann und Ashley Benson bereit. "Es war keine Überraschung, dass sie uns ein paar Bälle um die Ohren geballert haben", sagt Mittelblockerin Simone Carstensen. Ihr Team lässt sich nicht unterkriegen, zeigt Kampfgeist, hechtet jedem noch so platzierten Ball hinterher. Und die Zuschauer? Toben, feiern jeden Punkt, als wäre es der letzte. Als die DJK beim Stand von 3:11 punktet, singen sie lauthals: "Oh, wie ist das schön!"

Nach dem ersten Satz inszeniert das Publikum eine Welle. Das Schöne am Volleyball ist ja, dass man nach den ersten 25 Punkten des Gegners wieder von vorne beginnen darf. Plötzlich hält die DJK mit Münster mit, 5:5, 6:6, 7:7. Man sieht, wie sich Libera Sandra Baier nach einem Punktgewinn vor lauter Freude zweimal im Kreis dreht und Henning die Fäuste Richtung Publikum ballt. Wenn an diesem Abend so etwas wie eine Pokalsensation in der Luft liegt, dann jetzt. Ein paar Minuten später liegt München mit 7:16 hinten.

Die Gegensätze der beiden Mannschaften sind einfach zu groß. Bei einer Auszeit scharen sich um die USC-Spielerinnen gleich vier Betreuter, um die Münchnerinnen zwei. Münster redet Englisch auf dem Feld, weil es so viele internationale Spitzenspielerinnen hat, aus Tschechien, Montenegro, Brasilien und den USA. In München gibt es nur Ekaterina Soloninkina, doch die kommt wie all ihre Mitspielerinnen aus Deutschland. Der größte Unterschied ist vielleicht der Gesichtsausdruck. Die Gäste wirken konzentriert, die Münchnerinnen lächeln, genießen jeden Moment, jeden Punkt. "Wir wollten an diesem Abend einfach Werbung für den Volleyball machen", sagt Henning zufrieden.

Im dritten Satz gelingt seinem Team das am besten. Bis zum Stand von 14:14 kann die DJK mithalten. Sie spielt mutig, offensiv. "Die haben das deutlich besser gemacht als das, was wir auf dem Videoband gesehen haben", gesteht USC-Trainer Vollmer nach dem Spiel, bevor er tief Luft holt. "Die machen schon einiges richtig hier." Vielleicht, so der Traum, ist ja irgendwann mal nicht nur die Inszenierung erstligareif.

© SZ vom 06.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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