Volleyball:Schwieriger Weg

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Blickt wuchtigen Grafinger Aufschlägen entgegen: Hachings Diagonalspieler Hristiyan Dimitrov, der auch im Angriff eine Schlüsselrolle einnimmt. (Foto: Claus Schunk)

Grafings Volleyballer reisen mit einigem Selbstbewusstsein zum Zweitligaderby nach Unterhaching - doch dort droht ihnen Glatteis.

Von Sebastian Winter, Unterhaching/Grafing

So ein Derby hat auch ganz praktische Vorteile: 36 Kilometer sind es von Grafing nach Unterhaching, eine Strecke also, die man auch im tiefsten Winter und mit viel Neuschnee auf den Straßen noch in überschaubarer Zeit bewältigen kann. Nach Mainz, Rüsselsheim oder Gotha wäre es wesentlich unbequemer geworden. Grafings Zweitliga-Volleyballer stecken ja vor dem Rückrunden-Auftakt bei den Alpenvolleys Haching II zugleich in einer etwas merkwürdigen Situation: Weil alle für sie in Frage kommenden Hallen im Landkreis Ebersberg wegen der Schneelast gesperrt wurden, suchten sie am Donnerstag fieberhaft in München nach einer Ausweich-Trainingshalle zur Vorbereitung auf die erste und ziemlich prestigereiche Partie des neuen Jahres.

Immerhin: Die Arena am Utzweg in Unterhaching ächzt noch nicht so sehr unter dem Schnee, dass das Derby am Samstag (19 Uhr) abgesagt werden muss. Eine Sperrung wäre auch bitter für die Alpenvolleys, weil ja nicht nur Derbyzeit ist, sondern zwei sportlich noch attraktivere Duelle anstehen: Am Sonntag treffen die Erstligaprofis der Alpenvolleys als Tabellenführer in Unterhaching auf die Talente des VC Olympia Berlin, am Dienstag kommt dann Trentino zum Achtelfinal-Rückspiel im CEV-Cup in die Münchner Vorstadt.

Von solchen Sphären sind die Grafinger noch sehr weit entfernt. Sie haben ihre erste Mannschaft zwar im vergangenen Sommer in eine GmbH ausgelagert, deren Geschäftsführer Johannes Oswald ist, der Manager der Zweitliga-Männer; der TSV ist Mitgesellschafter. Aber ein Erstliga-Aufstieg ist trotz der Meisterschaft 2018 und des erneuten sportlichen Höhenflugs in der laufenden Saison (Grafing ist mit nur einer Niederlage aus zwölf Spielen seit Ende November Tabellenführer) nach wie vor illusorisch. Der Etat ist zu klein, eine Halle fehlt. Immerhin soll im Ortsteil Grafing Bahnhof eine Berufsschule samt Sporthalle gebaut werden - die Volleyballer wünschen sich, dass sie zumindest höchsten Zweitliga-Ansprüchen genügt. "Das ist aber alles noch ganz am Anfang. Und wie sie aussehen soll, steht komplett in den Sternen", sagt Oswald. Die Vorlizenzierung für die erste Liga hat Grafing daher auch in dieser Saison sein lassen, anders als Eltmann, das unbedingt Zweitliga-Meister werden und dann aufsteigen will. Die Unterfranken stehen mit diesem Gedanken - dem an die erste Liga - in der Südstaffel ziemlich alleine da.

Den Alpenvolleys wäre als Erstliga-Reserve der Aufstieg verwehrt, das zweitjüngste Team der zweiten Liga möchte sich aber ohnehin in seinem zweiten Jahr dort erst einmal etablieren. Nach einer guten Hinrunde, die allerdings mit zwei Niederlagen vor Weihnachten endete, gab Trainer Jürgen Pfletschinger seinen Spielern erst einmal fast zwei Wochen trainingsfrei: "Sie haben die Pause sehr genossen, konnten auftanken", berichtet Pfletschinger, "die Jungs sind gut drauf, körperlich fehlt ihnen nix."

Anders als noch in der Hinrunde, die die jungen Außenangreifer Moritz Emmenlauer, 19, und Jeremias Tschannerl fast komplett verpassten. Emmenlauer plagten Knieprobleme, Tschannerl hatte eine Sprunggelenk-Verletzung. Auch sonst war es noch ein Auf und Ab nach der herben Saisonauftakt-Pleite in Grafing: Mal spielten die Alpenvolleys richtig gut, wie gegen Freiburg, Karlsruhe oder Fellbach, mal wirkten sie verunsichert, wie zuletzt in Gotha und gegen Mainz. Pfletschinger sieht noch "Kommunikationsdefizite" bei seiner aus sechs Nationen bunt zusammengewürfelten Mannschaft, vor allem in schwierigen Situationen: "Das äußert sich vor allem, wenn wir eine spielerische Krise haben. Da regen sich dann manche schon sehr auf. Es fehlt da noch an der Homogenität, die beispielsweise Grafing auszeichnet."

Kapitän Roy Friedrich, Hauptangreifer Hristiyan Dimitrov und ihre Kollegen sind aber gut aus den Festtagen gekommen. Ein Testspiel beim Erstligisten TSV Herrsching, der am Samstag gegen Rottenburg antritt, endete am vergangenen Wochenende zwar ohne Satzgewinn für Haching, das aber sehr gut mithielt. "Dafür, dass wir gegen einen Bundesligisten gespielt haben, waren wir durchaus ebenbürtig", staunt Pfletschinger, der sich vom aktuellen fünften Platz am Saisonende noch auf Rang vier verbessern will. Zugleich sieht er seine Mannschaft auch gegen Grafing in einer klaren Außenseiterrolle.

Grafings Coach Alexander Hezareh weiß diese Bescheidenheit zu schätzen, er kann sich aber auch allzu gut an den hart umkämpften 3:2-Erfolg seines Teams aus der vergangenen Saison in Unterhaching erinnern. "Das war eine ganz enge Kiste, und ich habe schon Ende November prophezeit, dass die Alpenvolleys jetzt die Mannschaft der Rückrunde werden. Wir müssen da die Coolness bewahren und gut aufschlagen." Üben durften sie dafür am Donnerstag doch noch, in ihrer Ausweichhalle in München.

© SZ vom 11.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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