Volleyball:Schreck und Silvesterkater

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Für die Alpenvolleys Haching endet das Jahr mit der Verletzung von Zuspieler Danilo Gelinski. Herrsching verliert knapp in Düren, holt aber einen Punkt.

Von Katrin Freiburghaus

Zehn Minuten lang sah es danach aus, als wollten die Alpenvolleys Haching ihren Weihnachtsurlaub nicht länger als unbedingt nötig unterbrechen. 6:0 führte das Team von Trainer Stefan Chrtiansky im letzten Bundesliga-Spiel des Jahres beim Vorletzten Rottenburg; dem Gegner war der Schreck anzusehen. Letzterer wechselte wenige Punkte darauf jedoch die Netzseite, als Hachings Danilo Gelinski beim Stand von 9:3 auf dem Fuß eines Rottenburgers landete und in sich zusammensackte. Der Zuspieler konnte nicht mehr alleine aufstehen und wurde von besorgten Mitspielern vom Feld getragen.

Eine gesicherte Diagnose stand am Donnerstag aus, Trainer Chrtiansky rechnete jedoch mit "einer typischen Volleyballverletzung, Bänderriss im Sprunggelenk, wir hoffen, dass es nur eins ist". Dramatisch sah es aus, und glaubt man Alpenvolleys-Manager Hannes Kronthaler, wären auch die Auswirkungen auf das Spiel dramatisch gewesen, hätten die Innsbrucker unter Hachinger Flagge auf der Zuspielposition nicht vor drei Wochen einen radikalen Schritt unternommen. Damals hatten sie ihren zweiten Zuspieler Georgi Topalov aus Qualitätsgründen frei- und den slowakischen Nationalspieler Daniel Koncal auf seine Position gestellt. Der 35-Jährige übernahm in Rottenburg nun erstmals die Regie, das Team spielte weiter, als sei nichts geschehen. "Das haben sie routiniert gemacht", befand Kronthaler anerkennend, "aber daran haben wir auch gesehen, wie wichtig es war, Koncal zu verpflichten."

Das Kuriose an der Geschichte ist dies: Obwohl Koncal großen Anteil am letztlich ungefährdeten 3:1 (25:15, 25:19, 21:25, 25:17) hatte und somit das zumindest für Topalov schwer verdauliche Vorgehen der Klubführung rechtfertigte, könnte Topalov ausgerechnet nach diesem Spiel ins Team zurückkehren. Denn Gelinski wird unabhängig von der Schwere der Verletzung ausfallen, Coach Chrtiansky rechnet mit ein bis zwei Wochen, Kronthaler gar mit einem Monat. Dennoch nannte Chrtiansky eine weitere Neuverpflichtung "unwahrscheinlich". Mit lediglich einem Zuspieler in die kommenden Partien zu gehen, verstößt indes gegen den Professionalitätsanspruch der Alpenvolleys. Und so ist es gut möglich, dass Topalov zumindest als Backup wieder zurück in den Kader rutscht. Kronthaler kommentierte dieses Szenario gewohnt nüchtern. Auf die Frage, ob der Bulgare eine Option sei, sagte er: "Er ist ja noch auf der Gehaltsliste."

Trainersohn Stefan Chrtiansky junior freut sich im Kreis der Hachinger Kollegen über den Sieg in Rottenburg. (Foto: Ulmer/imago)

Kronthaler ist in solchen Momenten ganz Unternehmer und spricht auch so. Seinem Projekt hat diese mitunter kühl wirkende Sachlichkeit bislang nicht geschadet. Was das Ansehen bei der Konkurrenz angeht, hat sie womöglich sogar genützt. Denn die Branchengrößen aus Berlin, Friedrichshafen und Frankfurt schätzen den hohen Anspruch und die realistische Selbsteinschätzung des neuen Liga-Mitglieds. Platz fünf hatten sich die Alpenvolleys für das erste Jahr vorgenommen - kurz vor dem Ende der Hinrunde stehen sie genau dort: als erster Verfolger vier Punkte hinter dem Spitzenquartett.

Kronthaler freut das nicht nur, weil sich sein Team schnell auf dem höheren Niveau der neuen Liga etabliert hat. Seine Zwischenbilanz weist auch all das aus, was ihm in Österreich gefehlt und vor einem Dreivierteljahr dazu gebracht hatte, die strukturell und organisatorisch spektakulär komplizierte deutsch-österreichische Kooperation mit Unterhaching zu wagen. Er wollte Stimmung in den Hallen, enge Spiele gegen starke Gegner, überlegene Konkurrenten, nach denen sich sein Klub strecken kann. Er hat all das bekommen.

Herrschings Kampf

Max Hausers Stimme klang ein bisschen nach Silvesterkater, und im Grunde passte das nach dem 2:3 (25:23, 26:24, 23:25, 25:27, 11:15) in Düren ganz gut. Denn volleyballerisch war das Jahr am Mittwochabend nach über zweieinhalb Stunden hochklassigem Sport für den TSV Herrsching beendet. Und ganz in der Tradition zu lang geratener Partys fing das Spiel aus Herrschinger Sicht großartig an, um dann zwar nicht in einer Katastrophe, aber zumindest mit Kopfschmerzen zu enden.

In den ersten beiden Durchgängen zeigten sich Hausers Spieler um den gut aufgelegten Zuspieler Michal Sladecek besonders in der Schlussphase der Sätze nervenstark. Im ersten Satz ließen sie sich beim Stand von 20:16 nicht von einer Punkteserie der Gastgeber zum 20:19 verunsichern, im zweiten Satz liefen sie selbst lange einem Rückstand hinterher, ehe sie zum 22:22 ausglichen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Herrschinger bereits jenen Punkt sicher, der in der Jahresabschluss-Tabelle Platz sechs brachte. Eine Party hätte man in exakt diesem Moment verlassen sollen, derlei sieht das Bundesliga-Regelwerk jedoch nicht vor. Düren wurde selbstbewusster, sicherte sich den dritten Satz unspektakulär, den vierten nach zwei abgewehrten Matchbällen. Herrsching steckte auch im fünften Durchgang nicht auf, wirkte ob der vergebenen Chance aber ernüchtert.

Herrschings Christoph Marks darf sich immerhin über einen Punkt freuen. (Foto: Marcel Lorenz/imago)

Hauser fasste das Grundgefühl am nächsten Morgen so zusammen: "Schon schade, es hätte auch ein 3:1 für uns sein können." Anders als in den vergangenen Wochen war er aber mit der Leistung seiner Spieler zufrieden. "Wir haben uns nicht so richtig was vorzuwerfen, haben gegen eine starke Mannschaft bis zum Ende dagegengehalten, darauf können wir aufbauen", sagte er.

Die Tabelle, die sich derzeit in zwei Viererblöcke und ein Trio der Abgehängten teilt, offenbart ein bisschen das Dilemma, in dem Herrsching steckt: Das Team hat seine Pflichtaufgaben allesamt erledigt und auch von den Gegnern auf Augenhöhe zwei von drei (Alpenvolleys und Lüneburg) bezwungen. Die Galavorstellung gab es allerdings im Pokal-Viertelfinale in Berlin, und das ist in der Liga nichts wert. Davon abgesehen war das Spitzenquartett immer mindestens so viel besser, dass Herrsching am Ende mit leeren Händen dastand.

So gesehen war die letzte Station des Jahres dann doch noch ein Schritt nach vorn: Obwohl der TSV eher zwei Punkte verlor, gewann er auch den ersten in dieser Saison gegen einen Klub aus den Top Vier. Damit in der Rückrunde noch ein paar dazukommen, verordnete Hauser seiner Mannschaft eine kurze Verschnaufpause. "Wir haben jetzt fünf Tage frei, und dann müssen wir uns für die Rückrunde neu pushen", sagte er. Wie sich das nach einem Abend mit Überlange gehört.

© SZ vom 29.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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