Volleyball:Premiere im Pokal

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Bestnote für Nummer 6: Johannes Tille, rechts, beendete die Partie mit einem Ass. Es war das 26:24 im vierten Satz, Herrsching gewann 3:1. (Foto: imago images/Oryk HAIST)

Herrschings Volleyballer gewinnen erstmals überhaupt in Bühl und stehen vor dem Einzug ins Finale - es wäre ihr größter Erfolg seit dem Erstliga-Aufstieg im Jahr 2014. Im Halbfinale warten Rottenburg, Düren - oder der deutsche Meister Berlin.

Von Sebastian Winter, Bühl/Herrsching

Bühl/Herrsching - Ferdinand Tille und Max Hauser waren kürzlich mal wieder als Experten bei Sport 1 gefragt. Beim Livespiel der Alpenvolleys gegen Friedrichshafen am vergangenen Montag gaben der Libero und der Trainer der Herrschinger Volleyballer ihre Einschätzungen zum hochklassigen Spiel ab, das die Alpenvolleys in Unterhaching knapp mit 2:3 verloren. Sie sprachen aber auch über sich selbst, über die schwere Doppelreise nach Bühl, wo sie noch nie gewonnen hatten. Tille wurde dann erstaunlich grundsätzlich: "Wenn wir beide Spiele gewinnen, wird es wahrscheinlich eine sehr gute Saison. Wenn wir beide Spiele verlieren, wird es eher eine normale Saison", sagte der Abwehrchef.

Nun ist das erste Duell vorbei, und nach dem DVV-Pokal-Viertelfinale in Bühl deutet sich an - wenn man Tilles Logik folgt -, dass es eine sehr gute Saison für die ohnehin zurzeit in sehr guter Form spielenden Herrschinger werden kann. Sie haben die Partie in Mittelbaden 3:1 (25:14, 21:25, 25:20, 26:24) gewonnen und stehen damit zum dritten Mal seit ihrem Aufstieg in die erste Liga im Jahr 2014 im Pokalhalbfinale. Nur ein Sieg trennt die Herrschinger noch vom Einzug ins Finale, der ihnen bislang nie geglückt ist - 2017 scheiterten sie an ebendiesen Bühlern, 2016 an Serienmeister Berlin. Im Finale in Mannheim würden sie eine so große Bühne wie noch nie bekommen, mit mehr als 10 000 Zuschauern in der Arena und einem Live-TV-Spiel. Die Auslosung findet am Sonntagnachmittag in Berlin statt, die möglichen Gegner sind Rottenburg (3:1 gegen Giesen), Düren (3:1 gegen Frankfurt) oder Berlin. Der Meister hat den Pokalsieger der letzten drei Jahre, VfB Friedrichshafen, am Bodensee mit 3:0 aus dem Feld geschlagen.

Berlin wäre daher auch das ungünstigste Los für Hausers Mannschaft, obwohl sie die Volleys in der Hauptstadt schon einmal völlig überraschend aus dem Pokal-Wettbewerb befördert haben - vor zwei Jahren gewannen sie gegen die Volleys zum ersten Mal überhaupt ein Pflichtspiel. "Ich würde aber am liebsten gegen Rottenburg spielen, da bin ich ganz ehrlich", sagte Hauser, ein Heimspiel wünscht er sich zudem. In ihren fünf Erstligajahren haben sie ja gerade einmal zwei Pokalspiele in eigener Halle gehabt. Wobei das mit der eigenen Spielstätte in diesem Fall relativ ist. Denn wegen ihrer zu kleinen Nikolaus-Halle müssen die Herrschinger für das Pokal-Halbfinale wie üblich in eine andere Spielstätte umziehen. "Wir spielen dann wieder in Vilsbiburg", sagt Hauser. In der Halle des Frauen-Erstligisten Rote Raben hat Herrsching schon in früheren Playoffs gute Erfahrungen gemacht.

Die guten Erfahrungen in Bühl hielten sich bis zum K.-o.-Spiel am Mittwoch in Grenzen. Nie hatte Herrsching in der badischen Kleinstadt bisher gewinnen können. Von merkwürdigem Licht und seltsam fliegenden Bällen berichtete manch Profi vom Ammersee immer dann, wenn die Reise an den Rand des Schwarzwalds ging. Doch diesmal wollte Hauser schon von vornherein "solche Ausreden nicht gelten lassen". Und die Gäste, die in Bühl auf den ehemaligen Herrschinger Mittelblocker Alpar Szabo trafen (der allerdings nicht zum Einsatz kam), wirkten gleich im ersten Satz sehr konzentriert.

Die Aufschläge der Oberbayern flogen derart wuchtig übers Netz, dass die Bühler Annahme wackelte, entsprechend leicht hatte es die Block-Abwehr-Formation, die ausrechenbaren Zuspiele und Angriffe der Bisons zu lesen. Ein brachialer Aufschlag von Jalen Penrose, mit 28 Punkten Topscorer, bedeutete die 18:9-Führung für Herrsching, ein Spielstand, der in der ersten Liga vielleicht in einem von 1000 Fällen noch gedreht werden kann. Außenangreifer Tim Peter schlug sein Team nach nur 21 Minuten dann zum Satzgewinn. "Im zweiten Satz hat sich Bühl aufgebäumt und sehr stark abgewehrt", sagte Hauser: "Sie kamen dann immer besser ins Spiel."

Den Herrschingern entglitt die Partie zusehends - 21:25. Auch danach hatten die Gäste einige Probleme, in der Annahme, in der Abwehr. Doch in der zweiten Hälfte des dritten Satzes wurden sie wieder stärker. "Es war kein einfaches Spiel, aber im Großen und Ganzen sind wir in den entscheidenden Phasen stabil geblieben", bilanzierte Herrschings Coach. Am Ende wurde es noch einmal ziemlich dramatisch, als Bühl im vierten Satz beim 22:24 beide Matchbälle abwehrte und ausglich. Herrsching drohte der Tiebreak, doch sie holten sich direkt danach den dritten Matchball, den Johannes Tille mit einem Ass verwandelte. "Wir haben es uns verdient, dass wir im Halbfinale eine Chance haben aufs Weiterkommen", sagte Hauser noch (Spieltermine 7./8. Dezember). Dann fuhren sie heim, zum Regenerieren. Denn am Freitag reisen sie ja schon wieder nach Bühl, um die Bisons ein zweites Mal zu zähmen, am Samstag in der Liga.

© SZ vom 22.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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