Volleyball:Platz da

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Bodennebel der Geschichte: Das waren noch Zeiten, als Hachings Volleyballer (v. li. Zhukouski, Tille, Gommans, Böhme) im CEV-Cup gegen den spanischen Klub CAI Teruel einen Punktgewinn bejubelten. Bald könnten sie zumindest national wieder erstklassig feiern. (Foto: Johannes Simon)

Bereits im Herbst will der viermalige Volleyball-Pokalsieger Unterhaching wieder im Oberhaus aufschlagen - per Wildcard. Offenbar hat der Drittliga-Spitzenreiter einen neuen Namenssponsor gefunden.

Von Sebastian Winter, Unterhaching

"Das ist ein Paukenschlag!" Dickes Ausrufezeichen. So betitelte die Volleyball-Bundesliga (VBL) am Montagmorgen ihre neueste Nachricht. Es geht um Unterhachings Volleyballer, die sich Ende Juli 2014 aus der ersten Liga zurückgezogen hatten, weil sie keinen Ersatz für den abgesprungenen Hauptsponsor Generali fanden. Ihre erste Mannschaft kann kommenden Sonntag am letzten Spieltag bei einem Erfolg gegen Zschopau in die zweite Liga aufsteigen. Doch die Unterhachinger haben offenbar weit Größeres vor. Denn wie die VBL freudig verkündete, hat der viermalige Pokalsieger und Champions-League-Teilnehmer eine Wildcard für die kommende Erstligasaison beantragt.

Den entsprechenden Lizenzantrag haben die Hachinger fristgerecht zum 3. April eingereicht, samt der Wildcard-Gebühr von 2500 Euro (für die tatsächliche Vergabe wären dann immerhin 50 000 Euro fällig). "Wir freuen uns über den Antrag aus Unterhaching. Die Verantwortlichen bringen eine Menge Erfahrung mit. Unterhaching ist ein Standort mit großer Volleyballtradition", sagte VBL-Geschäftsführer Klaus-Peter Jung. Der Antrag wird nun geprüft. Am 28. April ist die nächste Vorstandssitzung der Liga, dort fällt dann eine Entscheidung.

Falls dem Begehr stattgegeben wird - und davon kann man dem Vernehmen nach durchaus ausgehen -, kehrt der einstige Spitzenklub, den Unterhachings Geschäftsführer Mihai Paduretu von 1997 an als Trainer zum Hauptkonkurrenten Friedrichshafens und Berlins formte, schon im Oktober zurück. Dann beginnt die neue Spielzeit. "Wir sind jetzt wieder in der Lage, in einem gesunden Rahmen Erstliga-Volleyball zu präsentieren. Details werden wir Ende April nach Rücksprache mit dem VBL-Vorstand bekanntgeben ", sagte der langjährige TSV-Manager Josef Köck: "Das Leben spielt manchmal mit, und wenn man die Chance hat, dann nutzt man sie." Dass sie sie so schnell nutzen, überrascht aber doch, da bislang der kontinuierliche Neuaufbau im Vordergrund stand.

Falls Haching zugelassen wird, erwächst dem TSV Herrsching ein Konkurrent um seine Spieler

Die Chance hat Unterhaching durch die von der Liga im Herbst neu eingeführte Wildcard-Regelung bekommen. Demnach konnten Klubs jedwelcher Liga bis zum späten Montagabend einen Antrag stellen. Der Hintergrund ist, dass die nie ganz ausgelastete erste Liga bei Männern wie Frauen aufgefüllt und dadurch attraktiver werden soll. Bis zum Nachmittag waren die Hachinger allerdings einziger Bewerber, Männer-Landesligist Husum, der sich ebenfalls für eine Wildcard interessiert hatte, war da aus finanziellen Gründen wieder abgesprungen. Auch wegen dieser Alleinstellung dürfte die Liga grünes Licht geben, vorausgesetzt, die Prüfung verläuft positiv. Kriterien wie die adäquate Arena, ein abgesetztes Volleyballfeld und ein Roll-banden- bzw. LED-Bandensystem sind kein Problem für Unterhaching. Und auch mit dem Mindestetat von 200 000 Euro können sie offenbar rechnen. Denn mit der Sache Vertraute berichten von einem Namenssponsor, der bei den Hachinger Volleyballern groß einsteigt, die Finanzierung sichert und nach jahrelanger Suche Nachfolger der Generali Versicherungen wäre.

Schon Anfang Februar hatte sich angedeutet, dass sich die TSV-Volleyballer weiter professionalisieren wollen. Vor zwei Monaten hatten der Klub und die Gemeinde im Strom- und Gasnetzbetreiber Bayernwerk einen neuen Namenssponsor für die städtische Sporthalle am Utzweg vorgestellt. Allerdings betonte dieser, sich vor allem dem Nachwuchs- und Breitensport widmen zu wollen. "Bayernwerk hat klar gesagt, dass sie kein Mannschaftssponsoring machen", bestätigt nochmals Köck.

Auch wenn sie Details erst in ein paar Wochen preisgeben wollen, deutet sich schon eines an: Erstmals würde es im Münchner Raum zwei Männer-Erstligisten geben. Und dem vor drei Jahren aufgestiegenen TSV Herrsching dürfte 50 Kilometer östlich ein großer Konkurrent mit wohl noch größeren Ambitionen erwachsen. "Ich freue mich über den Antrag und ein mögliches Derby. Unterhaching stellt aber sicher keine Mannschaft zusammen, die nur um Platz acht spielt", sagte Herrschings Teammanager Fritz Frömming. Die Herrschinger müssen von nun an auch um Spieler wie Angreifer Tom Strohbach, Steller Patrick Steuerwald oder Libero Ferdinand Tille fürchten, ihre zentralen Figuren, die sie unbedingt halten wollen. Spielt Unterhaching in sechs Monaten tatsächlich in der ersten Liga, darf man auch in anderer Hinsicht gespannt sein. In Herrsching und Haching prallen ja zwei völlig unterschiedliche Philosophien aufeinander. Auf der einen Seite die jungen, frechen Herrschinger, die fehlende Professionalität mit ideenreichem Marketing übertünchen und bislang zumeist auf starke Spieler aus der Region setzten. Auf der anderen Seite Paduretus Hachinger, die zu Erstligazeiten immer sehr professionell wirkten, aber auch aus aller Herren Länder zusammengekauft waren - und damit Erfolg, aber keine Basis hatten. In dieser Hinsicht hat sich jedoch etwas getan in Unterhaching. Die Jugend richtet Anfang Juni die U-20-DM aus und zählt zu den Favoriten; Paduretus eigener Sohn Eric gilt dort als großes Zuspieltalent. Die erste Mannschaft, die im Begriff ist, in die zweite Liga aufzusteigen, soll kommende Saison den Profis als Unterbau dienen. Es sieht so aus, als hätten sie in Unterhaching aus manchem Fehler der Vergangenheit gelernt.

© SZ vom 04.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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