Volleyball:Oberbayern gegen den Rest der Welt

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Der Vergleich mit dem internationalen Ensemble des TV Bühl stellt für Herrschings Erstliga-Volleyballer einmal mehr eine unlösbare Aufgabe dar

Von Julian Ignatowitsch, Herrsching

Es gibt solche und solche Gegner. Für den TSV Herrsching gilt diese Devise als Aufsteiger in der Volleyball-Bundesliga wie für kaum einen anderen Verein. Am Samstag war wieder ein Gegner dran, der im Kampf um den Klassenerhalt vom Papier her quasi nicht zu schlagen ist.

Nach so einem Spiel sagt Trainer Max Hauser Sätze wie: "Wir sind in die Bundesliga gegangen in dem Wissen, dass eine fast reine bayerische Mannschaft gegen eine international besetzte Topmannschaft wahrscheinlich 0:3 verliert." So hört sich Volleyball-Realismus an. Beim TV Ingersoll Bühl, einer dieser international besetzten Topmannschaften, die gerade erfolgreich im CEV-Cup in Estland unterwegs war, war Herrsching chancenlos. Mit 14:25, 16:25 und 21:25 ging es in gerade mal einer guten Stunde klar und deutlich als Verlierer vom Platz. Hin- und Rückreise dauerten zusammen fast achtmal so lange wie der sportliche Höhepunkt.

"Bei Bühl stand gerade mal ein Deutscher auf dem Feld. So ist das eben", hakte Hauser die Pleite ab. Nicht dass er eine Ausländerbegrenzung in der Bundesliga fordern würde, aber zur Einordnung der Niederlage und der Beschreibung der sportlichen Möglichkeiten taugte dieser Vergleich in der Tat. Für Bühl standen ein spanischer, ein britischer, ein slowakischer, ein tschechischer und ein australischer Nationalspieler in der Startaufstellung, Herrsching setzte lediglich seinen Australier Luke Smith entgegen - und dazu viele Spieler, die ihre Erfahrung bisher hauptsächlich in den unteren deutschen Spielklassen gesammelt haben, wie Jan Wenke, Julius Höfer oder Michael Wehl. "Enttäuscht sind wir deshalb aber nicht wirklich. Die Mannschaft hat sich positiv präsentiert", resümierte Hauser.

Der größte Unterschied machte sich an diesem Tag im Angriff bemerkbar. Während die Gastgeber 53 Prozent ihrer Attacken erfolgreich abschlossen, waren es bei den Gästen vom Ammersee nur 41 Prozent. Gerade in den ersten beiden Sätzen war die Differenz in diesem Bereich eklatant. Bühl führte fast drei von vier Offensivaktionen positiv zu Ende, Herrsching gerade mal jede dritte Aktion. So lagen die Badener zum zweiten technischen Timeout jeweils schon fast uneinholbar vorne. "Uns hat die Durchschlagskraft gefehlt", erkannte Hauser, dessen Team eigentlich in allen statistischen Bereichen bis auf die Blocks unterlegen war. Im dritten Satz sah man dennoch, was bei Herrsching möglich ist, wenn die Mannschaft ihre Angriffe konsequent und präzise zu Ende spielt. Angeführt von Außenangreifer Smith und Diagonalspieler Daniel Malescha eilte der TSV zwischenzeitlich auf vier Punkte davon, ehe doch wieder einige Unkonzentriertheiten den Satz- und damit den Match-Verlust für die Gäste besiegelten.

"Beeindruckt sind wir aber nicht", sagte Hauser. Die Niederlage war einkalkuliert. "Es ist alles erreichbar. Auch wenn nicht von heute auf morgen", gab er sich optimistisch. Optimismus gehört beim selbsternannten "Geilsten Club der Welt" zum Tagesgeschäft. So sind sie schließlich innerhalb von vier Jahren von der Bayern- in die Bundesliga durchmarschiert. Auf eine Sache war Hauser dann aber doch ein wenig neidisch. "Den Bühlern steht ihre Halle nach dem Schulsport bis nachts exklusiv zur Verfügung. Das erleichtert die Arbeit erheblich", sagte er. Aufgrund der zu geringen Hallenkapazität und komplizierten Zeitplänen gestaltet sich das Training in Herrsching weiterhin kompliziert - und findet mal hier, mal dort statt.

Auch das unterscheidet die einen von den anderen Gegnern. Das Marathonprogramm für die Oberbayern bleibt schwierig. Nach Meister Berlin und Bühl wartet am Donnerstag mit Friedrichshafen der nächste Spitzenklub. Herrsching dürfte in der Welt des Volleyball-Realismus keine Chance haben.

© SZ vom 24.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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