Volleyball:Nachgereift

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"In den ersten zwei Sätzen hat er alles genau richtig gemacht": Herrschings Mittelblocker Luuc van der Ent ist die einzige Veränderung im Vergleich zur Startformation des Vorjahres. (Foto: Oryk Haist/Imago)

Bundesligist Herrsching gewinnt zum Auftakt in Giesen und überzeugt trotz der schwierigen Vorbereitung mit guter Frühform.

Von Katrin Freiburghaus, Herrsching

Wenn ein Volleyballtrainer seiner Mannschaft nach einem Erfolg wie dem der WWK Volleys Herrsching zum Erstliga-Auftakt gegen Giesen eine "gute Team-Leistung" attestiert, ist das zunächst mal nicht das überraschendste Lob. Schließlich darf beim Volleyball der Ball nicht herunterfallen, was bei sechs Spielern auf dem Feld ohne gutes Zusammenspiel erwiesenermaßen schwierig ist. Nach dem 3:1 (25:21, 25:18, 17:25, 25:21) in Giesens Hildesheimer Halle war die Analyse von Trainer Max Hauser dennoch alles andere als redundant. Denn in Herrsching war die personelle Fluktuation in den vergangenen Jahren hoch gewesen und die Abstimmung der Einzelspieler aufeinander in der ersten Saisonphase oft die höchste Hürde.

Dass das nach über 200 Tagen ohne Pflichtspiel und einer pandemiebedingt zerfaserten Vorbereitung ausgerechnet in dieser Saison anders ist, könnte zum entscheidenden Vorteil für den ambitionierten Fünften der abgebrochenen Vorsaison werden. Bereits am ersten Bundesliga-Spieltag fielen drei von sieben Partien aus; in Verbindung mit den künftig zu erwartenden Trainings- und Quarantäne-Pausen erschwert das eine kontinuierliche Entwicklung und begünstigt jene Teams, die bereits eingespielt aus der Vorsaison kommen. Herrschings Start-Sechs unterschied sich am Samstag nur auf einer Position von der aus dem Vorjahr: Der niederländische Mittelblocker Luuc van der Ent spielte für seinen Landsmann Mark van Werkhoven, den er im Sommer abgelöst hat.

Verglichen mit dem gleichen Zeitpunkt der Vorsaison machte das Herrschinger Team gegen Giesen einen stärkeren Eindruck als seine Vorjahresversion. Das lag zum einen am individuellen Reifeprozess der jungen Führungsspieler wie Zuspieler Johannes Tille und Nationalspieler Tim Peter im Außenangriff, zum anderen an van der Ent und Diagonalangreifer Jalen Penrose. Auf beiden Positionen hatte Herrsching vor einem Jahr gewackelt. Der neue Mann in der Mitte wirkte besser eingebunden als sein Vorgänger zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison. Van der Ent lieferte in der ersten Spielhälfte eine konsequente Vorstellung ab und bremste Giesens wuchtige Angreifer immer wieder aus. Mit 14 Punkten - drei davon direkte Blockpunkte - war er Herrschings bester Scorer. "In den ersten zwei Sätzen hat er alles genau richtig gemacht", sagte Hauser über den 22-Jährigen. Im dritten Durchgang, in dem Herrsching von Anfang an hoffnungslos zurücklag (3:10, 6:15), ließ auch er nach. "Da haben wir insgesamt zu viele Fehler gemacht", sagte Hauser, "aber es ist mir viel lieber, wenn wir das so bündeln, als wenn es sich über das ganze Spiel verteilt." Die zwischenzeitlich hohe Fehlerquote im Angriff ging auch auf die Rechnung von Hauptangreifer Penrose, der zu Beginn des dritten Satzes den Faden und dann auch die Geduld verlor. Der US-Amerikaner spielte noch nicht auf dem Niveau, auf dem er sich zum Ende der vergangenen Spielzeit präsentiert hatte, allerdings deutlich stärker als zum Saisonbeginn vor einem Jahr. Damals hatte Hauser die überragende physische Qualität des 25-Jährigen gelobt, die es in sinnvolle Bahnen zu lenken gelte. Im Saisonverlauf hatte sich Penrose gesteigert, er war am Ende zweitbester Scorer der Liga. "Er ist einen Schritt weiter, vor allem im Kopf", sagte Hauser. Physisch bestehe allerdings Nachholbedarf, weil die Vorbereitung von Reisebeschränkungen zerrissen wurde.

Obwohl es gegen Giesen nicht überprüfbar war, dürfte sich Herrsching auch auf der Außenposition verbessert haben. Zugang David Wieczorek spielte wegen eines Hämatoms im Bauchmuskel zwar aus Sicherheitsgründen nicht gegen seinen ehemaligen Klub, wird auf Sicht aber deutlich wahrscheinlicher zum Einsatz kommen als sein Vorgänger Tom Strohbach, den die Herrschinger als Rekonvaleszenten verpflichtet, auf dessen Genesung sie jedoch vergeblich gehofft hatten. Hauser erwartet aufgrund der hohen Leistungsdichte eine "wilde Saison": "Man ist schnell oben und auch schnell wieder unten." Neben der guten Team-Leistung machte ihn am Samstag deshalb auch der Umstand, dass sich Herrsching mit drei Punkten zunächst oben einsortierte, "ziemlich froh".

© SZ vom 19.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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