Volleyball:Meister ohne Wert

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Aus wirtschaftlichen Gründen verzichtet Tabellenführer SV Lohhof auf den Aufstieg in die Frauen-Bundesliga.

Sebastian Winter

Die Entscheidung hatte sich angedeutet, und am Ende war sie fast so vorhersehbar wie der Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg. Doch als sie dann am vergangenen Freitagabend die Mannschaft erreichte, wurde den Spielerinnen von Lohhofs Zweitliga-Volleyballerinnen doch etwas mulmig: "Der letzte Hoffnungsschimmer ist zerrissen", sagte Kapitänin Stephanie Utz.

Abteilungsleiter Matthias Kock und Manager Tom Gailer hatten Team und Trainer Benedikt Frank mitgeteilt, dass es nichts werden wird mit dem Aufstieg in die Erste Bundesliga. Am Montag beschlossen die Verantwortlichen dann bei der SVL-Abteilungsversammlung den Verbleib in der Zweiten Liga offiziell - und einstimmig.

"Es war kein leichter Weg. Wir haben uns einen Etat vorgegeben, um in der Ersten Liga sowohl sportlich als auch organisatorisch sinnvoll zu spielen. Wir haben seit Saisonbeginn auf der Suche nach neuen Sponsoren alte wie auch neue Wege probiert, aber die notwendigen Gelder nicht zusammenbekommen. Das Risiko wäre einfach zu groß gewesen", sagte Kock, der zudem beschloss, sein Amt aus Zeitgründen nur noch für zwei weitere Jahre auszuüben: "Danach muss ein anderer ran."

Die Nachricht vom Aufstiegsverzicht ist durchaus frustrierend für den aktuellen Tabellenführer, denn nach jetzigem Stand hätte Lohhof die sportliche Qualifikation geschafft. Und es ist auch nicht so, dass sich der Verein nicht bemüht hätte, den Aufstieg finanziell möglich zu machen. Lohhofs Verantwortliche holten sich bei der Sponsorensuche professionelle Hilfe und schrieben mehr als 140 Firmen an, mit einem niederschmetternden Ergebnis: "Wir haben kein einziges positives Feedback bekommen", sagt Kock. Es seien im Laufe dieser Saison zudem Sponsoren abgesprungen, so dass der SVL momentan sogar weniger Geld zur Verfügung habe als zu Beginn der Spielzeit. Unter diesen Voraussetzungen lässt sich kein erstligareifes Umfeld schaffen.

Auf ein Abenteuer wie vor zwei Jahren, als Lohhofs Frauen mit einem Etat von 200000 Euro in die Erste Liga aufgestiegen waren, wollten sie sich in Unterschleißheim nicht noch einmal einlassen. Damals hatten Utz und Co. nur eine einzige Partie gewonnen - am allerletzten Spieltag. Um reelle Chancen auf den Klassenerhalt zu haben, schwebte Kock ein mindestens doppelt so hoher Etat vor. Dass es nicht gelingen wird, dieses Geld aufzutreiben, "haben auch die Mannschaft und ich ein bisschen geahnt", sagt Trainer Frank: "Der Schock hält sich daher in Grenzen, so dass wir motiviert um unser Saisonziel, die Meisterschaft, kämpfen werden."

Danach steht die Mannschaft zwangsläufig vor einem Umbruch. "Sie wird sich verändern, das ist klar. Auch wenn wir viele Spielerinnen halten wollen", sagt Frank, dessen Zukunft ebenfalls noch nicht entschieden ist. Spielerinnen wie Trainer werden sich Gedanken machen müssen, ob sie den Weg des Vereins mitgehen und sich damit abfinden wollen, dass die Erste Liga auch mittelfristig utopisch ist. Denn stattdessen hat der SVL ein Konzept angestoßen, mit dem er sein wichtigstes - und größtes - Kapital in größerem Umfang fördern will: die Jugend. Bald wird ein neuer hauptamtlicher Nachwuchstrainer eingestellt, der noch mehr Talente in die erste Mannschaft führen soll. Zudem werden die Kooperationen mit Schulen ausgebaut. "Wir sind da auf einem sehr guten Weg", sagt Kock. Dies zeigte sich bereits am vergangenen Wochenende, als Lohhofs U16- und U20-Mädchen sowie die U20-Junioren bei den Südbayerischen Meisterschaften jeweils ohne Niederlage den Titel gewannen.

Platz eins ist auch das verbleibende Ziel für Lohhofs Zweitliga-Volleyballerinnen. "Als Meister feiert es sich schöner, auch wenn es danach wohl Tränen geben wird", sagt Kapitänin Utz. Mit ihren Kolleginnen geht sie nun auf die Jagd nach einem Titel, der seinen eigentlichen Wert verloren hat.

© SZ vom 02.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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