Volleyball:Maleschas Hintermann

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Befreit es Lachen: Mittelblocker Peter Ondrovic (li.) freut sich über viel Lob nach dem Sieg gegen Frankfurt - auch von Fritz Frömming. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Herrschings Volleyballer zeigen beim 3:0 gegen Tabellenführer Frankfurt ihr bestes Saisonspiel - auch weil Peter Ondrovic aufblüht

Von Sebastian Winter, Herrsching

Am Ende mussten die Herrschinger auf die Knie gehen, "gib mir ein H, gib mir ein U", das Humba-Humba-Lied wurde angestimmt, und die knapp 1000 Zuschauer, die in die Nikolaushalle gekommen waren, feierten ihre Volleyballer. Daniel Malescha wollte später dann nur noch sitzen, "am besten mit Rückenlehne", sagte der Diagonalspieler des TSV. Über den 21-Jährigen waren am Samstagabend im Heimspiel gegen die United Volleys aus Frankfurt die meisten Angriffe gelaufen, Malescha hatte fast alle verwandelt. Seine Quote von fast 80 Prozent war außergewöhnlich, insgesamt gelangen ihm 26 Zähler, mit großem Abstand die meisten aller Akteure auf dem Feld.

Herrschings Hauptangreifer hatte seinen Frankfurter Konkurrenten und früheren Nationalspieler Christian Dünnes im Duell der Topscorer der Liga um Längen distanziert, Dünnes hatte schwach gespielt, wie die meisten Frankfurter. So düpierten die Herrschinger den Aufsteiger, der nach vier Siegen in Serie als Tabellenführer an den Ammersee gereist war, mit einem sehr deutlichen 3:0 (25:18, 25:23, 25:17)-Sieg. Und Malescha, dem zurzeit fast alles gelingt, war der Mann des Spiels. Er sagte dann, sitzend, den Rücken an die Hallenwand gelehnt: "Der Peter hat's verdient heute." Welcher Peter?

Tatsächlich wählte Michael Warm, der Trainer der United Volleys und einer der profiliertesten deutschen Coaches überhaupt, Herrschings Mittelblocker Peter Ondrovic zum wertvollsten Spieler des Gegners. Ondrovic waren zehn Punkte gelungen, darunter drei Aufschlagwinner. Als Mittelblocker fällt der Slowake nicht so auf wie ein Außenangreifer oder Diagonalspieler, die oft die meisten Punkte machen. Doch der 20-Jährige war an diesem Abend genauso wichtig für Herrsching wie Malescha. Mindestens. "Im Grunde entscheidet er mit seinen vier starken Aufschlägen zu Beginn gleich das Spiel", sagte Warm. Denn Frankfurts eigentlich so starker Moritz Reichert hatte daraufhin Fehler in der Annahme gemacht, er wirkte in der Folge auch im Angriff verunsichert. Die Verunsicherung griff im Spielverlauf um sich bei den Gästen und kulminierte am Ende des zweiten Satzes im Aufschlag des Kanadiers Bryan Fraser: Als die United Volleys gerade auf 23:24 an Herrsching herangekommen waren, warf Fraser den Ball zum Service an - und gegen das an der Decke hängende Basketballkorb-Brett. Fehler, Satzgewinn Herrsching, Fraser schlich vom Feld.

Ondrovic und Malescha punkteten weiter, "ich gönne es dem Peter heute", sagte TSV-Trainer Max Hauser, der vom "besten Spiel dieser Saison" sprach und damit das gesamte Team meinte. Aber er freute sich eben besonders für Herrschings Zugang, der in Trencin aufgewachsen ist, einem heimeligen Städtchen mit Burg - und der zum ersten Mal im TSV-Trikot richtig gut spielte. Ondrovic, ein stiller Typ, hatte es bislang schwer am Ammersee. Er wohnt alleine in Herrsching, ist zum ersten Mal weit weg von seiner Heimat, der Jüngste im Kader, spricht kein Deutsch und kaum Englisch. Kommunikation war also fast unmöglich mit ihm, er wirkte bekümmert, im Training spürte er auch Gegenwind, weil seine Kollegen nicht so recht wussten, wie sie mit seinem Phlegma umgehen sollten. Hauser stellte sich hinter ihn, "ich habe im Training dann auch mal auf den Putz gehauen". Seither öffnet sich der Spieler immer mehr. Für den Trainer ist Ondrovic, der mit der Slowakei immerhin bei der Weltmeisterschaft im vergangenen September mitspielte, ein Rohdiamant, der Zeit braucht, bis er richtig funkelt.

Genauso war das mit Malescha, der vergangene Saison noch viele Schwankungen hatte - und ein schwieriges Verhältnis zu Krafttraining. "Er war technisch und koordinativ stark, aber mental nicht der Hit. Und er hatte keinen austrainierten Körper", sagt Hauser, der trotz des Sieges skeptisch bleibt bezüglich seines Vereins: "Diese Pflanze ist sehr labil und angreifbar. Es muss finanziell und mit der Halle vorangehen, alles steht auf kleinen Stelzen."

Zugleich haben sie sich nun auf Platz sechs katapultiert. Herrsching kommt in Form, was auch Berlin vor dem Heimspiel im Pokal-Viertelfinale gegen den TSV am Mittwoch beobachtet. "Wenn wir so spielen wie heute, kann das für sie richtig eklig werden", sagt Malescha. Seine Spitzenposition im Angriff hat er auch ausgebaut, womit er womöglich für die Olympia-Qualifikation der Nationalmannschaft Anfang Januar zum Thema werden kann, da Kapitän und Diagonalspieler Jochen Schöps verletzt ausfällt. Über einen Anruf von Bundestrainer Vital Heynen würde sich Malescha "megafreuen".

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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