Volleyball:Kopflos im Konfettiregen

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"Man kann nicht immer ein Held sein": Herrschings tief trauriger Diagonalspieler Christoph Marks versucht, an der Bühler Bande Halt zu finden. (Foto: imago/Oryk Haist)

Das Pokalhalbfinal-Aus in Bühl deprimiert Herrschings Volleyballer. Allmählich wird deutlich, dass sie zuletzt doch in ein größeres Loch gefallen sind.

Von Sebastian Winter, Herrsching

Weiße Konfettischnipsel schossen aus der Kanone in Bühl, die Badener sind ja ein feierfreudiges Völkchen, Wein- und Fasnachtshochburg sowieso. An diesem späten, stürmischen Dezembermittwochabend rannten die Bisons, wie sich Bühls Profivolleyballer nennen, jedenfalls durch den Papierregen, als würden sie gerade zum alljährlichen Narrensprung ansetzen. Auf der anderen Seite des Feldes: Ein Grüppchen im Kreis, die Körper gebeugt. Mittendrin Herrschings Marketingmanager André Bugl, der händeringend versuchte, mit einem flammenden Appell an den Mannschaftsgeist die Trauer zu relativieren, die sich gerade Bahn brach in den Gesichtern der Spieler. Sie hatten gerade ihr Pokalhalbfinale in Bühl mit 1:3 (26:24, 20:25, 17:25, 22:25) verloren.

Die Hoffnung auf den erstmaligen Einzug ins Pokalfinale, mit einem TV-Livespiel Anfang März gegen Friedrichshafen vor wohl 12 000 Zuschauern in Mannheims Arena verbunden, erstarb nach starkem Beginn mit zunehmender Spieldauer. Und damit auch die Chance, die eigene Vereinschronik mit dem nächsten Erfolgskapitel zu füllen - und dadurch nebenbei noch mehr Argumente für die neue Arena am Ammersee zu sammeln, die die TSV-Volleyballer ab Herbst 2020 brauchen.

Ihr Trainer Max Hauser traf die Spieler später noch in der Kabine, er gab den Motivator und Mahner, am Samstag wartet ja schon das nicht unbedingt dankbare letzte Ligaspiel vor Weihnachten gegen den punktlosen Tabellenletzten Solingen. Später verschickte Hauser eine Audiobotschaft: "Die Niederlage ist sehr bitter und tut auch weh. Bühl hat am Ende gut gespielt und verdient gewonnen. Es ist schade, wenn man so einen tollen Pokal spielt, zweimal auswärts in Haching und Berlin gewinnt und dann leider im Halbfinale nicht ganz die Leistung abrufen kann", sagte der 33-Jährige.

In Bühl zeigte sich jedenfalls einmal mehr, welch ein fragiles Gebilde Herrschings großteils unerfahrener Kader noch ist. An sehr guten Tagen kann er mit Ferdinand Tille und Tom Strohbach, die nach wie vor Spitzenniveau in Deutschland haben, selbst den deutschen Meister Berlin in dessen Halle schlagen, wie im Pokalviertelfinale geschehen. An schlechten Tagen passiert es den Herrschingern, gegen einen guten Mittelfeldklub wie Bühl ziemlich chancenlos zu sein - wie nun binnen 96 Stunden bei den beiden 1:3-Niederlagen in der Liga und im Pokal. Selbst Strohbach, bislang der Annahmepfeiler in dieser Saison, ließ sich von der fehlenden Stabilität anstecken. "Auch ich habe nicht meine beste Leistung gebracht", merkte der 25-Jährige, der auch im Angriff nicht so durchschlagskräftig war wie gewohnt, selbstkritisch an. Strohbach monierte, "dass der Glaube fehlt, das spürt man eher subtil und es zieht sich so durch in wichtigen Situationen". Er kritisierte, dass versucht werde, "Punkte mit der Brechstange zu machen". Und er umschrieb ein grundlegendes Problem: "Wir verlieren schnell den Kopf, wenn zwei, drei Bälle nicht so laufen." Wie im zweiten Satz, als Bühl von 11:10 auf 16:11 davonzog. Oder im dritten Satz, als aus der schnellen Herrschinger 3:0-Führung ein 3:4 und 8:16 wurde.

Nach drei Niederlagen wird das Heimspiel gegen Schlusslicht Solingen nun zum Charaktertest

Diese Bühler, mit ihrem hohen Block und den kernigen Angreifern, liegen Herrsching irgendwie auch nicht, auswärts schon gar nicht, nie hat der TSV bisher bei den Badenern gewonnen. "Das ist eine junge Mannschaft, die hat noch individuelle Ziele, will besser werden", nahm Hauser seine Spieler in Schutz, beispielsweise Tim Peter, der im Herbst so stark gespielt hatte, in Bühl aber enttäuschte. Oder Christoph Marks, der neben Tille und Herrschings Mittelblocker Andre Brown noch am ehesten überzeugte, aber auch in den entscheidenden Momenten nicht das zeigte, was er eigentlich kann.

In diesen für Herrsching so tristen Wochen fällt sicher auf, dass die Mannschaft in ein größeres Loch gefallen ist. Drei Niederlagen in Serie haben sie erlitten, in der Liga sind sie auf Platz acht zurückgefallen. Und der Einzug ins Pokalhalbfinale, mit herausragenden kämpferischen Leistungen in Unterhaching und Berlin, wird nun kräftig gedämpft durch das schmucklose Ende in Bühl. "Man kann halt nicht immer ein Held sein", sagte Hauser noch, "aber wenigstens ein Mann und jetzt wieder aus dem Dreck aufstehen." Das Spiel am Samstag wird nun auch zum Charaktertest für die Geschlagenen.

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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