Volleyball:Keine Zukunft für Hugo

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Im Kader der Alpenvolleys beginnt der große Umbau, um es demnächst über die Bronzemedaille hinaus zu schaffen: Die drei Hauptangreifer verlassen den Verein - aber nur einer, weil er nicht überzeugte.

Von Katrin Freiburghaus, Berlin/München

Der Ostersamstag war ein kurzer Arbeitstag für Hugo de Leon Guimaraes da Silva und womöglich sein letzter bei den Hypo Tirol Alpenvolleys Haching - nicht nur für die aus Tiroler Sicht beendete Saison. Bei der 0:3 (24:26, 19:25, 23:25)-Niederlage in Berlin, die das Halbfinal-Aus der Alpenvolleys in der Meisterschaft mit 1:3 in der Best-of-five-Serie besiegelte, verlor Trainer Stefan Chrtiansky bereits nach einem Satz die Geduld mit dem 28-jährigen Brasilianer. Dass die Alpenvolleys den ersten Durchgang trotz einer 24:22-Führung noch abgaben, lag natürlich nicht allein an Hugo. Doch der steuerte zwei Szenen bei, die symptomatisch waren - für ihn selbst und seine Mannschaft, die laut Libero Florian Ringseis kollektiv "zu früh die Nerven geschmissen" hatte: Den Angriff zum 24:25 drosch Hugo in den Berliner Block, seine Annahme des darauf folgenden Aufschlags flog direkt zum Gegner.

Nun besteht der Kader einer Volleyballmannschaft nicht nur aus einer ersten Stammformation. Das Problem der Alpenvolleys in dieser Saison war jedoch, dass sie trotz zahlenmäßig gut gefüllter Bank keine gleichwertige Alternative zu Hugo hatten. Im direkten Vergleich mit dem aktuellen Meister war deutlich zu sehen, was das letztlich ausmachte. Während die Hauptstädter nach dem klar verlorenen ersten Duell mit Erfolg durchwechseln konnten und die beiden folgenden Partien in der Halbfinalserie dominierten, blieb dem transalpinen Bündnis aus Unterhaching und Innsbruck nichts weiter übrig, als auf eine Leistungsexplosion von Hugo zu hoffen. Vergeblich. "Wir haben die Playoffs im Prinzip fast ohne ihn gespielt", konstatierte Alpenvolleys-Manager Hannes Kronthaler ernüchtert. Das erste Viertelfinalduell mit Herrsching, in dem Hugo noch zum wertvollsten Spieler gewählt worden war, nahm er dabei aus.

Auch das gehört zur Geschichte der Beziehung von Hugo und den Alpenvolleys: Glänzte Hugo, dann glänzte er richtig, dann glänzte das komplette Team. Bis wenige Spiele vor dem Ende der Hauptrunde war das häufiger der Fall gewesen. Der Verein hatte an der Tabellenspitze gestanden und Hugo in Aufschlag und Angriff brilliert. Einzig Hugos Kollege im Außenangriff, der Pole Pawel Halaba, heimste mehr Ehrungen als wertvollster Akteur seiner Mannschaft ein. Während Hugos Formkurve aber einer Pendelbewegung mit großer Amplitude folgte, leistete sich Halaba kaum Ausreißer nach unten. Kronthaler bezog all das mit ein, als er sagte, dass es für eine Vertragsverlängerung mit Hugo "eher nicht" reichen werde. Denn der sei im vergangenen Sommer "als Leader-Figur von den drei Angreifern" verpflichtet worden. Halaba ist 23, Diagonalangreifer Kirill Klets erst 21.

Im letzten Saisonspiel hatte Coach Chrtiansky die Probleme in der Annahme durch die Hereinnahme von Niklas Kronthaler auszugleichen versucht; der Sohn des Managers mit der imposanten Krankenakte ist in der Defensive unumstritten. "Aber natürlich haben die Berliner auch gemerkt, dass er hauptsächlich für die Annahme drin ist, dann wird es für die anderen Angreifer schwieriger", sagte sein Vater. Dass das Konzept nicht aufging, lag daran, dass die Spielweise der Alpenvolleys von wuchtigen Angriffen und Aufschlägen lebt, mit denen sie ihre Gegner lähmen. Die Logik ist so simpel wie effektiv: Wer starke Attacken unterbindet, muss diese auch nicht abwehren. Der Defensiv-Schwachpunkt Hugo war dabei einkalkuliert worden und verschmerzbar gewesen, solange der Brasilianer brachial aufgeschlagen und deutlich zweistellig gepunktet hatte. "Wir haben nicht in die Richtung gearbeitet, dass wir aus einer stabilen Annahme spielen, sondern wir haben gesagt: Wir halten den Druck hoch und sind mit schnellen Bällen trotzdem stark", sagte Ringseis. Der entscheidende Faktor in Berlin sei deshalb gewesen, "dass wir unser Offensivspiel nicht aufgezogen haben". Hugo gelang im ersten Satz ein einziger Punkt.

In allen Elementen komplette Angreifer sind selten und teuer. Igor Grobelny, der im vergangenen Jahr für die Alpenvolleys spielte, war so einer. Doch er spielt mittlerweile in Polen. Auch Pawel Halaba zeigte in allen Elementen eine stabile Saison und ragte bisweilen heraus - er wird nach Polen wechseln. Klets geht zurück nach Russland, um entweder dort zu spielen oder an einen neuen Verein verliehen zu werden. Wohin Hugo wechselt, ist dagegen offen. Dass er wechselt, ließ Kronthaler dagegen deutlich durchblicken. Je einen neuen Mann für den Außen- und Diagonalangriff habe er bereits verpflichtet, sagte der Alpenvolleys-Manager, "aber wir werden sicher noch zwei andere brauchen". Um in der kommenden Saison nicht zum dritten Mal die Bronzemedaille umgehängt zu bekommen, sondern um den Titel zu spielen. Dafür soll der Kader erneut verbessert werden. "Dazu brauchen wir drei, vier gleichwertige Angreifer, die wir jederzeit einwechseln können", erklärte Kronthaler. Denn Hoffnung ist schön, aber Kontrolle ist schöner.

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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