Volleyball:Im Sog des Erfolgs

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Nach drei Titeln in Serie steht die DJK München-Ost in der zweiten Bundesliga. Und die Entwicklung geht rasant weiter - nicht zuletzt dank der Kooperation mit Herrschings Männern

Von Sebastian Winter, München

Bastian Henning muss bangen, noch zwei Wettkämpfe hat er vor sich, der Klassenerhalt in der ersten Segel-Bundesliga ist in Sichtweite. Ob es reicht, weiß der Taktiker des Münchner Yacht-Clubs (MYC) nicht, nur eines: "Es sieht ganz gut aus." Zwölfter sind die Münchner derzeit, knapp vor den Relegationsrängen. Sollte Henning mit den Volleyballerinnen der DJK Sportbund München-Ost am Saisonende ähnlich dastehen, womöglich gar etwas weiter oben im Mittelfeld - er wäre wohl sehr zufrieden.

Der 26-jährige Sportstudent, der nebenbei in einem Rehazentrum arbeitet, ist nicht nur passionierter Segler, sondern auch Trainer des Volleyball-Zweitligisten DJK München-Ost. Und Teil einer Geschichte, die dem Aufstieg des Männer-Erstligisten TSV Herrsching ähnelt, in einem etwas kleineren Ausmaß. 2013 Bayernliga-Meister. 2014 Regionalliga-Meister. 2015 Drittliga-Meister. "Das fasziniert mich immer noch", sagt Henning. Nicht nur die drei Aufstiege in Serie, sondern vor allem, dass die DJK dabei dreimal den Titel gewann. Und dass die Frauen währenddessen gerade einmal vier Partien verloren; Bayernliga-Meister wurden sie ohne eine einzige Niederlage.

An diesem Samstag starten sie also in die zweithöchste deutsche Spielklasse, mit einem Duell, das wie gemalt wirkt für diese außergewöhnliche Premiere. Die DJK erwartet den Lokalrivalen SV Lohhof (19 Uhr, Gymnasium Trudering), den Platzhirsch im Frauenvolleyball in der Region München. "Ich freue mich drauf, das wird geil. Einmal in der zweiten Liga zu spielen, war schon immer mein Traum. Jetzt haben wir das alles selbst geschafft." Henning, der die DJK-Frauen schon in der Bezirksklasse betreute, hatte Angebote anderer Zweitligisten, doch er blieb, wohl auch, weil ihn der Erfolg süchtig gemacht hat - und wegen des Kaders, der sich rasant entwickelt hat in den vergangenen Monaten.

Neun neue Spielerinnen sind nach München gewechselt, unter ihnen erst vor zwei Tagen Mittelblockerin Loraine Henkel, die zuletzt in Nancy und Calais in der ersten französischen Liga spielte, 2008 im Kader der deutschen Nationalmannschaft stand, 2010 mit den Roten Raben Vilsbiburg deutscher Meister wurde und 2009 mit den Raben auch noch den deutschen Pokal gewann. Ebenfalls kurzfristig zugesagt hat Zuspielerin Antonia Kaiser, die in Luxemburg unter Vertrag stand. Sie soll mit Anne Paß (Allgäu Team Sonthofen) die Türkin Göksu Bulut ersetzen, die aus privaten Gründen nur noch dem erweiterten Kader angehört. Weitere Spielerinnen mit Bundesligaerfahrung haben sich der DJK angeschlossen, wie die erfolgreiche Beachvolleyballerin Sabrina Karnbaum (SV Lohhof), Mittelblockerin Ekaterina Soloninkina (Erfurt), Libera Sandra Baier (Allgäu Team Sonthofen) oder Außenangreiferin Jennifer Schräder, die beim Erstligisten Aachen spielte und zuletzt in der Schweiz bei Pallavolo Kreuzlingen. Die Metropole mit ihren großen Berufs- und Studienmöglichkeiten hat sie angelockt, und ein Klub, der ehrgeizige Pläne hat, aber auch genügend eigene Spielerinnen wie Libera Nadine Raß - der erweiterte Kader umfasst fast 20 Spielerinnen.

"Wir investieren viel, um Volleyball in München publik zu machen": Die DJK-Frauen sind in Jubelstimmung, hier nach dem Zweitliga-Aufstieg. (Foto: Lukas Barth)

Die Verantwortlichen haben das Umfeld in kurzer Zeit professionalisiert. Die Mannschaft trainiert vier bis fünf Mal pro Woche, zwei Ärzte, Physiotherapeuten, Ernährungsberater und Athletiktrainer kümmern sich um die Zweitliga-Mannschaft, deren Etat sich nach DJK-Angaben mehr als verdreifacht hat, auf 50 000 Euro. Und doch kaum zu vergleichen ist mit jenem des SV Lohhof, der 150 000 Euro in seine Zweitliga-Mannschaft investiert. Die DJK-Frauen wurden erst vor vier Tagen in die Volley Visions München Unternehmergesellschaft (UG) ausgelagert. "Das Risiko ist dann nicht mehr beim Verein, und wir haben einen Tick mehr Handlungsspielraum", sagt Henning. Geschäftsführerin der UG - und Teammanagerin - ist Rebecca Seifert, die vor vier Monaten Mutter geworden ist, gerade in Elternzeit ist, aber zugleich noch im erweiterten Kader der DJK steht. "Wir investieren viel, um Volleyball in München publik zu machen", sagt Seifert.

Frauenvolleyball war in München bislang kaum existent, die DJK ist der erste Klub im Stadtgebiet überhaupt, der den Sprung in die zweite Liga geschafft hat. Zugleich haben sie große Pläne in Ramersdorf-Perlach. Der Aufsteiger möchte nicht nur die Klasse halten, das obere Tabellendrittel ist das Ziel. Und mittelfristig träumt Henning schon von der ersten Liga, auch wenn er selbst weiß: "Das ist noch ein langer Weg." Aber die Geschichte der DJK erinnert schon sehr an jene der Herrschinger Männer, die mit frechen Slogans nun schon im zweiten Jahr Erstliga-Volleyball spielen. Zufall ist das nicht, denn die DJK und Herrsching kooperieren seit dem vergangenen Jahr, die Jugendlichen und die Bayernliga-Männer spielen zusammen, die Außendarstellung geht Hand in Hand, es gibt eine gemeinsame Homepage und Videodrehs. Auch personell sind die Klubs eng verwoben: Henning war Jugendspieler unter Herrschings Trainer Max Hauser, er spielte dort auch Bayernliga, bis er sich vor drei Jahren bei einem Skiunfall das Becken zertrümmerte. Die DJK-Spielerin Juliane Doranth ist die Schwester von Herrschings Außenangreifer Benedikt Doranth.

Die Münchnerinnen dürfen sich also über reichlich Zuspruch freuen am Samstag in ihrer Turnhalle in Trudering, die 750 Steh- und 300 Sitzplätze fasst und in der sie mit Ausnahmegenehmigung spielen, weil das Feld nicht farblich abgegrenzt ist - und in der sie keine einzige Trainingszeit haben. Großstadt-Probleme sind das, die sich lösen lassen: Am allerbesten mit sportlichem Erfolg.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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