Volleyball:Hessen statt Herrsching

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"Der überragende Mann in der Bundesliga": Das sagt Patrick Steuerwalds künftiger Trainer Michael Warm über den 31-jährigen Zuspieler. (Foto: Marcel Lorenz/imago)

In Zuspieler Patrick Steuerwald verlieren die TSV-Volleyballer ihren wichtigsten Akteur an die United Volleys - auch, weil er sich nach mehr Professionalität sehnt.

Von Sebastian Winter, Herrsching

Die Metropol-Region Frankfurt also, United Volleys Rhein-Main. Dieser aufstrebende Volleyball-Erstligist - nur hauchdünn im Playoff-Halbfinale an den Berlin Volleys gescheitert - ist von Herbst an der neue Arbeitgeber von Patrick Steuerwald. Herrschings Zuspieler, Leitfigur und emotionaler Antreiber bricht seine Zelte nach zwei erfolgreichen Jahren am Ammersee ab und zieht mit seiner Frau Linda, der kleinen Tochter Ilaria und einem fixen Zweijahresvertrag nach Hessen um, wie Herrsching und die United Volleys am Dienstagmittag verkündeten.

Einen Nachfolger für Steuerwald haben sie schon - offenbar kommt ihr neuer Steller aus Polen

Für die Herrschinger ist der Weggang des 125-maligen Nationalspielers ein enormer Verlust, der 31-Jährige war die Schaltzentrale in ihrem Spiel, ein Stratege, der seine Mitspieler wachrütteln konnte und kein Blatt vor den Mund nahm. "Patrick ist ein Original und mit Sicherheit schwer zu ersetzen", sagt Herrschings Trainer Max Hauser. Ersatz haben sie aber offenbar schon gefunden: "Der ist ebenso außergewöhnlich - von daher kann ich versichern, dass wir diese Lücke sehr gut füllen können", sagte Hauser. Da noch Details zu klären sind, wollen die Herrschinger den Namen erst nächste Woche verkünden, offenbar handelt es sich aber um einen Polen, der nicht in der Bundesliga spielt. Überhaupt zeigt sich Hauser "grundsätzlich sehr zufrieden", was die Kaderplanung betrifft. Der TSV steht kurz vor der Vertragsverlängerung mit seinen anderen beiden Schlüsselspielern, Libero Ferdinand Tille und Außenangreifer Tom Strohbach. Zudem hat der zuletzt bis ins Playoff-Viertelfinale und Pokal-Halbfinale vorgestoßene Klub den vielversprechenden kanadischen Mittelblocker Andre Brown verpflichtet.

Diese positiven Nachrichten können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass den Herrschingern im Schwarzwälder Steuerwald ihr wichtigster Spieler verloren geht. Alleine in dieser Saison, in der sich Berlin und Friedrichshafen am Mittwoch zum zweiten Playoff-Finalspiel treffen, ist er in 13 der 20 Herrschinger Ligaspiele zum wichtigsten Spieler des TSV gekürt worden. Das ist auch Michael Warm nicht entgangen, dem Trainer der United Volleys und der österreichischen Nationalmannschaft. Zunächst hatte Warm, der Steuerwald schon als Junioren-Nationalspieler trainierte, diesen vor ein paar Wochen als Assistenten zu Österreichs Männern gelockt, und nun auch als Nachfolger des nach Frankreich gewechselten Nationalspielers Jan Zimmermann verpflichtet. "Ich kenne seine riesigen Qualitäten als Zuspieler und als Teamleader. In der vergangenen Saison war er auf seiner Position für mich erneut der überragende Mann in der Bundesliga", sagte Warm.

Ursprünglich wollte Steuerwald in München bleiben, wo er sich mit seiner Familie durchaus wohlfühlt. Aber die Aussicht, beim zurzeit größten Herausforderer Berlins und Friedrichshafens, der bis ins Halbfinale des europäischen CEV-Cups vorgedrungen ist, eine Schlüsselrolle zu spielen, war dann doch zu verlockend für den Mann, der für Herrsching eigentlich schon immer eine Nummer zu groß war. Immerhin war Steuerwald mit Unterhaching dreimal deutscher Pokalsieger, spielte mit den deutschen Männern Europa- und Weltmeisterschaften und gewann mit ihnen 2009 die Europa League.

Dass der ehrgeizige Profi, der zurzeit bei Österreichs Nationalteam weilt und am Freitag schnell nach Köln zur A-Trainer-Prüfung fliegt, Herrsching verlässt, hatte sich angedeutet. Steuerwald sehnte sich zuletzt nach mehr Professionalität und geregelteren Abläufen, und er möchte im Herbst seiner Karriere doch noch einmal in der deutschen Spitze mitmischen. Finanziell war im Wettlauf um den 1,80 Meter kleinen Steller ohnehin "unsere Schmerzgrenze überschritten", wie Coach Hauser sagt. Ein Angebot von Unterhaching, das per Wildcard zurück in die erste Liga will, schlug er aus. Er wollte lieber Warms rechte Hand werden - auf und neben dem Feld.

© SZ vom 03.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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