Volleyball:Heiterer Abend

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Mission erfüllt - vorerst: TSV-Außenangreifer Benedikt Doranth klatscht mit der Tochter von Mittelblocker Roy Friedrich ab. Der Papa schaut zu. (Foto: Georgine Treybal)

Herrschings Volleyballer demontieren Mitteldeutschland im sportlich belanglosen, aber eindrücklichen letzten Hauptrunden-Spiel. In die Pre-Playoffs gegen Rottenburg geht der Klub vom Ammersee nun als Favorit

Von Sebastian Winter, Herrsching

Philipp Lahm direkt nach dem Spiel mit einem Feierabend-Bier in der Hand? Undenkbar. Arjen Robben, wie er das Fußball-Tor in der Münchner Arena eigenhändig in den Geräteschuppen trägt? Völlig undenkbar, zumal das Wort Geräteschuppen ähnlich gut zum Fröttmaninger Ufo passt wie Kaviar-Canapés in die Herrschinger Nikolaushalle.

Beim ansässigen Volleyball-Erstligisten ist vieles anders. Der kürzlich in die Nationalmannschaft berufene Diagonalmann Daniel Malescha beförderte am Samstagabend nach dem lockeren 3:0-Erfolg über den CV Mitteldeutschland die Pfosten in den Geräteschuppen, seine Kollegen halfen ihm und den Ehrenamtlichen beim Netzabbau. Danach genehmigten sich viele TSV-Spieler ihr Feierabend-Bierchen. Ungeduscht. Beim FC Bayern? Genau.

Sportlich war es an diesem letzten Hauptrunden-Abend um rein gar nichts mehr gegangen. Herrsching hatte Platz sieben schon vor dem Anpfiff sicher. Und als die Volleyball-Bundesliga am Samstagmorgen bekannt gab, dass dem von der Insolvenz bedrohten Erstligisten VSG Coburg/Grub wegen Lizenzverstößen weitere sechs Punkte abgezogen werden und die Oberfranken damit als einziger Absteiger feststehen, war auch der bis dato gefährdete CV Mitteldeutschland endgültig gerettet. Die im Leunaer Stadtteil Spergau beheimateten Sachsen-Anhaltiner grämten sich nach ihrem schwachen Spiel daher nicht, die Herrschinger hüpften auf der anderen Feldseite auch nicht so enthusiastisch im Kreis, wie sie es gewöhnlich nach Heimsiegen tun. Allen war klar, dass diese Partie ein besseres Trainingsduell war - direkt vor der entscheidenden Phase der Saison.

Denn in dieser Woche beginnen die Pre-Playoffs, jenes Hors d'œuvre, in dem der Tabellensiebte und -zehnte sowie der Acht- und Neuntplatzierte die beiden Teilnehmer des Playoff-Viertelfinales ausspielen. Herrsching trifft an diesem Donnerstag (20 Uhr) zum Auftakt der Best-of-three-Serie auf den TV Rottenburg, Mitteldeutschland bereits am Mittwoch auf KW-Bestensee. "Besser konnte es nicht laufen", sagte Herrschings Trainer Max Hauser über den Gegner aus dem Landkreis Tübingen, "das ist ein sympathischer Verein, gegen den es Spaß macht, zu spielen." Hauser meinte das natürlich auch im sportlichen Sinne, immerhin ist Rottenburg der einzige Klub, gegen den Herrsching in dieser Saison auswärts gewinnen konnte. Zuhause fegte Herrsching die Mannschaft um den Trainer-Vulkan Hans-Peter Müller-Angstenberger locker mit 3:0 vom Feld, der Pre-Playoff-Heimvorteil dürfte Hauser daher trotz des Sieges in der Fremde ganz recht sein. Er klang jedenfalls ziemlich optimistisch: "Ich habe mir schon eine ganz gute Taktik zurechtgelegt."

Herrschings Erfolgstaktik gegen Mitteldeutschland drehte sich wieder um risikoreiche Aufschläge. Neun direkte Punkte gelangen dem TSV in diesem Element, dem Gegner nur einer. Vor 1000 Zuschauern in ihrer erneut ausverkauften Halle hatte Hausers Mannschaft nur zu Beginn des zweiten und dritten Satzes Probleme und spielte ansonsten ganz stark in der Annahme und extrem druckvoll, was neben den 19 Zählern von Daniel Malescha die jeweils neun Punkte der wieder überzeugenden Mittelblocker Roy Friedrich und Peter Ondrovic beweisen. Hauser konnte durchwechseln, und so wurde es auch zu einem Abend der Rückkehrer.

Außenangreifer Florian Malescha hatte nach zwei Operationen wegen seines Knorpelschadens und neun Monaten Pause den ersten langen Einsatz, und war stark. "Dass er so zündet und ein so geiles Spiel macht, gönne ich ihm von Herzen", sagte Hauser. Auch der langzeitverletzte Mittelblocker Jan Wenke präsentierte sich noch einmal dem Publikum. Wenke und Michael Wehl werden kommende Saison wohl nicht mehr im Kader stehen, auch Florian Maleschas Zukunft ist ungewiss.

Die Zukunft ist ein gutes Stichwort, wegen der bislang fehlenden erstligatauglichen Halle ist sie mittelfristig auch für Herrsching in Gefahr. Trainer Hauser stellte sich daher nach Schlusspfiff vors Publikum und rief: "Die Frage ist immer: Will dieser Ort Volleyball?" Großer Applaus.

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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