Volleyball:Gefährlicher Strudel

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Zweitligist Dachau fürchtet den Abstieg - er wäre auch für die Jugend fatal

Von Sebastian Winter, Dachau

Am Montag gab es in Dachau eine dieser Zusammenkünfte, die Mannschaftssitzung heißen, im Grund aber nichts anderes sind als Motivationscoachings. Jeder soll seine Meinung zur (natürlich angespannten) Situation sagen, alle schauen bedröppelt auf den Boden, und am Ende steht meist die simple Parole: Wir schaffen das! Irgendwie.

Ob beim Volleyball-Zweitligisten ASV Dachau tatsächlich genau dieser Aufruf im Raum stand, ist nicht überliefert, aber es stellt sich entgegen aller hehren Absichten die Frage, wie der Traditionsverein die Wende noch schaffen will in dieser für ihn bisher so bitter verlaufenden Saison. "Die Situation ist schwierig", sagt auch ASV-Kapitän Sebastian Wenninger, eigentlich ein Antreiber und Motivator, der aber gerade auch nur mit seiner eigenen, eher unzureichenden Leistung beschäftigt ist. Wie die ganze Mannschaft.

Dachau ist momentan Drittletzter der Tabelle und schwebt in akuter Abstiegsgefahr. Der Vorletzte Stuttgart ist einen Punkt entfernt, das Schlusslicht Neumarkt immerhin noch vier Zähler, aber beide Klubs haben ein Spiel weniger absolviert; zwei Mannschaften steigen am Saisonende ab. Am Sonntag (16 Uhr) empfängt Dachau ausgerechnet Neumarkt zum Kellerduell, Stuttgart spielt zu Hause gegen Dachaus Lokalrivalen Grafing. Wenn es schlecht läuft für die Mannschaft von Adrian Zoppelt, steht sie nach dem kommenden Wochenende auf einem Abstiegsplatz.

Zurück zu den Grundlagen: Co-Trainer Torsten Schulz. (Foto: Christian Endt)

Die Statistik der vergangenen beiden Monate passt dazu: Sieben Spiele hat Dachau seit dem Erfolg Ende November in Leipzig nacheinander verloren, zuletzt in Grafing und Friedrichshafen jeweils 0:3. Zudem hat Trainer Zoppelt eine schwere Grippe heimgesucht, er ist seit Tagen nicht erreichbar und kann die Mannschaft nicht betreuen. Dachaus Co-Trainer Torsten Schulz, ein alter Zuspieler-Haudegen, der im Jahr 2000 mit dem SCC Berlin deutscher Pokalsieger und Meisterschaftszweiter wurde, bevor er nach Dachau wechselte und den in den Neunzigern so erfolgreichen Klub noch einmal zu einem kurzen Intermezzo in die erste Liga hievte, sagt: "So ein Jahr habe ich noch nicht erlebt. So macht das gerade auch keinen Spaß."

Erklären kann sich Schulz den Bruch, den es irgendwann zwischen Oktober und November gegeben hat, nicht. Auch Kapitän Wenninger hat keine erhellende Idee: "Das weiß niemand von uns, ist aber reine Kopfsache. Wenn wir jetzt aufgeben, dann haben wir keine Chance mehr." Schulz spricht von einem "Strudel", in den sein Team hineingeraten sei, die in diesem Jahr sehr ausgeglichene Liga stelle die mental angeschlagenen Dachauer zurzeit zusätzlich vor Probleme. Zumal sie eine solche Situation überhaupt nicht kennen: In den vergangenen Jahren galt Dachau immer als zwar etwas graumäusige, aber eben auch solide Mittelklasse-Mannschaft in der zweiten Liga. Augenscheinlich ist, dass die Annahme - ohnehin eine Schwäche des ASV - noch instabiler wirkt als sonst. Und die Stärken wie Aufschlag oder Angriff momentan überhaupt nicht zur Geltung kommen. "Wir müssen jetzt die Basics trainieren, uns Sicherheit holen", sagt Schulz. Mit taktischen Finessen belästigt er seine verunsicherten Spieler jedenfalls gerade nicht.

Ein Abstieg in die dritte Liga wäre für den ASV Dachau, der zwischen 1995 und 1997 unter Stelian Moculescu zweimal deutscher Meister war, den Pokal gewann und im Champions-League-Finale stand, eine mittlere Katastrophe. Denn der Klub hat mittlerweile eine hervorragende Jugendarbeit, die U14, die U16 und die U18 sind im vergangenen Jahr deutscher Meister geworden. Lukas Pfretzschner war einer der Eckpfeiler des Erfolgs, er steht seit dieser Saison im Kader des Zweitligisten und hatte auch schon Einsätze. Benjamin Sagstetter, Vincent Graven und Simon Pfretzschner sind weitere hoffnungsvolle Dachauer Talente. Bricht die Zweitliga-Mannschaft weg (im Übrigen ist Dachau II als Letzter der dritten Liga quasi abgestiegen), verlieren die Junioren ihre Perspektive beim ASV. "Es ist einfacher, sie zu halten, wenn man zweite Liga spielt", sagt Schulz, der Mentalcoach. Guter Kniff.

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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