Volleyball:Freie Stellen im Idyll

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Will er bleiben? Soll er bleiben? Matt Tarantino. (Foto: Haist/Imago)

Bundesligist Herrsching hat die erfolgreichste Saison seiner Vereinsgeschichte hinter sich. Für die nächste plant der TSV mit 20 Prozent höherem Etat. Die Gespräche laufen gut, trotzdem gibt es noch einige Fragezeichen.

Von Julian Ignatowitsch, Herrsching

Von seinem Büro aus kann Fritz Frömming, Manager des TSV Herrsching, das Kloster Andechs am anderen Ufer sehen. Will er in diesen sonnigen Tagen an den Ammersee, ist er zu Fuß in fünf Minuten dort. Spieler sind im Winter schon in den See gesprungen. Momentan hat Frömming aber nichts Spaßiges im Kopf, wenn er vom Schwimmen redet. Er sitzt am Schreibtisch mit einem Stapel von Zetteln und Ordnern. "Ich kümmere mich um den Haushaltsplan", sagt er. "Da schwimmt man anfangs brutal."

Herrschings Volleyballer haben gerade mit einer Playoff-Niederlage gegen Frankfurt die Saison beendet. Es war eine erfolgreiche Saison, die erfolgreichste der Vereinsgeschichte: Platz sechs, direkte Playoff-Qualifikation, dazu das Halbfinale im Pokal. Aber "das Geschäft kennt keine Pause", sagt Frömming. Der Etat von 450 000 Euro soll um 20 Prozent wachsen. "Wir führen gute Gespräche", berichtet der Manager. Am Samstag trifft er sich mit Trainer Max Hauser und PR-Chef André Bugl, um die Saisonziele abzugleichen. "Dann beginnt die konkrete Kaderplanung", sagt Frömming.

So viel steht schon fest: Die Leistungsträger auf den Schlüsselpositionen - Patrick Steuerwald (Zuspieler), Ferdinand Tille (Libero) und Tom Strohbach (Außen/Annahme) - sollen bleiben. Die Chancen dafür stehen gut. Steuerwald, 31, und Tille, 28, haben sich im fortgeschrittenen Volleyball-Alter mit ihren Familien in München niedergelassen und dürften kaum mehr eine neue sportliche Herausforderung suchen. Strohbach, 24, hat in Herrsching wiederum auf Anhieb Fuß gefasst und als Topscorer zu seiner Form zurückgefunden. "Wir fühlen uns wohl", ließ das Führungstrio immer wieder verlauten. Das idyllische Umfeld ist ein Argument für Herrsching.

Allerdings gibt es auch zahlreiche Baustellen: Mittelblocker Roy Friedrich beendet seine Karriere, Angreifer Julius Höfer will tatsächlich nur noch aushelfen und meint es diesmal wohl ernst, nachdem er sich bislang doch immer zu mehr Einsatzzeit überreden ließ. Beide waren zuletzt Stammspieler - und das zu kostengünstigen Konditionen. Friedrich und Höfer gehörten zu dem Teil des Kaders, den Hauser alternativ als "arbeitende Bevölkerung" oder "semiprofessionell" bezeichnete. Sie spielten regelmäßig auf Bundesliganiveau, trainierten aber weniger und entlasteten zudem den Etat. Diese Positionen muss Herrsching nun wahrscheinlich fest besetzen oder mit Ersatzspielern wie Florian Malescha und Benedikt Doranth auffüllen, die ebenfalls nicht zu den Profis gehören und deren Verbleib ebenfalls vage ist. Finanziell aufstocken oder qualitativ abbauen - ein Dilemma.

Zudem ist die Zukunft des amerikanischen Diagonalspielers Matt Tarantino ungewiss. Er selbst will vielleicht in die USA zurück, die Herrschinger sind noch unschlüssig, ob sie ihn überhaupt behalten wollen. Seine Leistungskurve zeigte zuletzt nach oben, aber die lange Verletzungspause zu Beginn der Saison bleibt ebenfalls in Erinnerung. Herrsching sondiert den Markt. "Wir kriegen täglich mehrere Spieler von Agenten angeboten", erklärt Frömming, der bei solchen Offerten aber vorsichtig ist. "Letztlich muss alles passen. Wir entscheiden sehr sorgfältig." Im Mittelblock habe der Verein immerhin schon "einen echten Kracher an der Angel", einen international erfahrenen Spieler.

Natürlich steht auch das Thema Halle weiterhin oben auf der Agenda. Die Ausnahmegenehmigung für die kleine Nikolaushalle wurde zwar bis 2020 verlängert. Trotzdem liegt in einem Neubau der Schlüssel zu mehr Einnahmen und einer soliden Zukunft in der Bundesliga. Der Gemeinderat war von den ersten Vorschlägen angetan. "Auch die Finanzierung steht größtenteils", sagt Marketing-Manager Bugl, "das große Fragezeichen ist die Grundstücksfindung." Viel Arbeit also. Nach drei Jahren Bundesliga muss da auch mal Zeit für diesen Satz sein: "Ich bin stolz auf das, was wir hier aufgebaut haben", sagt Frömming. Routine ist mittlerweile auch am Ammersee ein geschätztes Wort.

© SZ vom 01.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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