Volleyball:Fehler zur falschen Zeit

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Die WWK Volleys Herrsching geben in Frankfurt den möglichen Sieg aus der Hand. Vor der Heimpremiere gegen Friedrichshafen ist der Ärger groß.

Von Katrin Freiburghaus, Frankfurt/München

Das Bundesliga-Spiel der WWK Volleys Herrsching am vergangenen Samstag in Frankfurt wäre ein klassisches Unentschieden gewesen - wenn das Team von Trainer Max Hauser nicht Volleyball spielen würde, wo es kein Unentschieden gibt. Zu einer Punkteteilung aber kann es sehr wohl kommen, weshalb immer ein Team zumindest ein bisschen verlieren muss. Nach 127 gespielten Minuten traf es beim 2:3 (20:25, 25:21, 25:23, 22:25, 12:15) aus Herrschinger Sicht die Gäste vom Ammersee. "Für mich sind das eher zwei verlorene Punkte", sagte Hauser kurz vor der nächtlichen Heimfahrt zerknirscht, "auch die Mannschaft ist gerade ziemlich verärgert".

Ursächlich für diesen Ärger war, dass Herrsching das Spiel in den Sätzen zwei und drei sehr gut im Griff gehabt hatte. Zu Beginn des vierten Durchgangs hatte Frankfurt dann aber den Diagonalangreifer gewechselt: Jochen Schöps spielte fortan für den ehemaligen Herrschinger Daniel Malescha. "Der Wechsel hatte seinen Anteil am Spielausgang", sagte Hauser, "trotzdem hatten wir es selbst in der Hand". Mit disziplinierterer Blockarbeit und mehr Aufmerksamkeit in der Abwehr, analysierte er, "hätten wir das Spiel schon im vierten Satz gewinnen können".

Alles muss raus: Hier freuen sich Mittelblocker Dorde Ilic und Libero Ferdinand Tille noch über einen Herrschinger Punktgewinn. Am Ende aber machten die Gäste vom Ammersee ihrem Frust über die 2:3-Niederlage in Frankfurt Luft. (Foto: Imago/Marcel Lorenz)

Der 318-malige Nationalspieler Schöps, den Hauser zum wertvollsten Spieler des Gegners wählte, nahm mit seinen neun direkten Punkten aber nicht nur Einfluss auf die Leistung der eigenen Mannschaft, sondern auch auf die des Gegners. Während Frankfurt deutlich stabiler wurde, häuften sich auf Herrschinger Seite vermeidbare Fehler. "Wir haben angefangen, uns zu ärgern, weil wir den nicht in den Griff bekommen haben", sagte Hauser über die Abwärtsspirale, in die Herrsching stimmungsmäßig geriet. "Der hat gar nicht besonders fest draufgehauen, aber eben sehr clever gespielt", sagte Kapitän Johannes Tille. Herrsching habe gleichzeitig "ein paar dumme Entscheidungen getroffen - auch ich im Zuspiel". Zudem ließen die Angreifer in einigen Situationen Cleverness, vor allem aber Geduld vermissen und legten sich wiederholt vergeblich mit dem Block an. Allein Diagonalangreifer Jalen Penrose - mit 22 Punkten Herrschings Topscorer - scheiterte fünf Mal an den Frankfurter Händen über dem Netz.

Tille sah in der knappen Niederlage durchaus keine Notwendigkeit: "Wir haben uns eigentlich immer einen schönen Vorsprung erarbeitet und den Gegner dann mit blöden Fehlern zurück ins Spiel gebracht." Im fünften Satz lag Herrsching 5:1 vorn, ehe ein paar fragliche Schiedsrichter-Entscheidungen die Stimmung aufheizten. Hauser räumte ein, "dass das auch Pech war", betonte aber: "Es lag trotzdem an uns, weil wir uns negativ anstecken lassen und dann viele Fehler gemacht haben."

Absolut weist die Statistik für Herrsching in den Bereichen Annahme, Aufschlag und Angriff nur unwesentlich mehr davon als für Frankfurt aus: im Durchschnitt knapp einen pro Satz und Bereich. Da die Punktedifferenz am Ende bei 104:109 aber eben auch nur ein Drittel davon betrug, reichte das. Es war aber nicht allein entscheidend, denn auch Schöps bemängelte an der Leistung seiner Mannschaft, "dass wir immer wieder in so Löcher gefallen sind", Frankfurt habe "Punkte-Serien kassiert und Serien gemacht". Frankfurts Schwächephasen waren strategisch jedoch günstiger verteilt. Im Aufschlag etwa landeten 16 Versuche im Netz, bei Herrsching 20. Für eine Fünf-Satz-Partie ist beides nicht wenig, aber auch nicht dramatisch viel. Problematisch war, dass sich die Fehler der Herrschinger bündelten: in der Schlussphase des fünften Satzes. Als sie maximalen Aufschlagdruck benötigt hätten, "kamen von uns nur noch Fehler oder Einwürfe", haderte Hauser.

Einen Punkt aus Frankfurt zu entführen, ist grundsätzlich in Ordnung. Allerdings hatten sich die Herrschinger nach Frankfurts beiden Niederlagen zum Auftakt mehr erhofft. "Die hatten den Druck, nicht wir. Deshalb ist es bitter, dass es nur einer ist", sagte Tille. Mit Blick auf das erste Heimspiel am kommenden Samstag gegen Friedrichshafen konnte er der Niederlage immerhin eine Erkenntnis für die Trainingswoche abgewinnen: "Um zu sehen, was unter Wettkampfbedingungen noch nicht klappt, hilft Testen nicht", sagte er, "da tut so ein Spiel, in dem man sieht, woran es lag, vielleicht sogar ganz gut". Sobald der Ärger darüber verraucht ist.

© SZ vom 02.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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