Volleyball:Entspannt hinauskomplimentiert

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Am Block vorbei: Herrschings Diagonalspieler Daniel Malescha (li.) gelang es noch am ehesten, Lücken in der hohen Berliner Mauer zu finden. (Foto: Sebastian Wells/Imago)

Bundesligist TSV Herrsching ist in Berlin wie erwartet chancenlos

Von Sebastian Winter, Berlin/Herrsching

Am Ende - Herrschings Volleyballer hatten die Bundesliga-Begegnung mit den Recycling Volleys in Berlin nach nur 71 Minuten 0:3 (21:25, 14:25, 22:25) verloren - ging Berlins Manager Kaweh Niroomand zu TSV-Trainer Max Hauser. Nicht um ihn zu trösten, sondern um ihm Komplimente zu machen. "Wir haben ein bisschen gequatscht", sagt Hauser, "er hat unsere Arbeit gelobt, und die Berliner haben mich dann noch zum Essen mit ihrer Mannschaft eingeladen. Das ist mir bei keinem anderen Auswärtsspiel bisher passiert." Hauser war ja nicht wie seine Spieler direkt zurück an den Ammersee gefahren, sondern hatte die Halloween-Nacht in der Hauptstadt verbracht. Die Einladung zum späten Abendessen wollte der 31-Jährige dann aber doch nicht annehmen. Er speiste lieber im Kreis der rund 20 mitgereisten Herrschinger Fans.

Berlin ist immer auch eine Art Wellness-Trip für den TSV, so seltsam sich das anhören mag nach so einem Ergebnis. Aber die Gäste hatten sich schon in ihrer Premierensaison außerordentlich wohl gefühlt in der riesigen Max-Schmeling-Halle, zumal sie damals noch einen Satz entführen konnten. "Auch diesmal hätten wir ihnen einen Satz klauen können, wenn Berlin nicht so konzentriert gespielt hätte", sagt Hauser, der sich in Berlin auch deshalb immer so wohlfühlt, weil er sich entspannt zurücklehnen und das Geschehen auf dem Feld verfolgen kann. Denn gegen den sechsmaligen deutschen Meister, der in diesem Frühjahr in eigener Halle Dritter im Finalturnier der Champions League wurde, sind Herrschinger Niederlagen quasi zementiert, zu groß ist der qualitative Unterschied zwischen beiden Klubs. Der Druck liegt bei einer solchen Konstellation auf der Seite des Favoriten, was die 3117 Zuschauer am Samstagabend vor allem im ersten und dritten Satz spürten, als die Herrschinger sehr passabel spielten.

Im ersten Satz ließen sie den klaren Favoriten nach einer kleinen Schwächephase, von der sie sich schnell wieder erholten, erst beim Stande von 20:22 ziehen. Nachdem Berlin mit seinen drei ehemaligen Hachingern Tsimafei Zhukouski, Tomas Kmet und Paul Carroll den zweiten Satz im Schnellverfahren gewonnen hatte, kamen die Herrschinger lustvoll aufs Feld zurück. Sie führten 5:2, später gar 9:5, bevor sie sich der Berliner Wucht beugen mussten - nicht ohne den Gastgebern noch einige spektakuläre Ballwechsel zu liefern, die sie aber meist verloren. "Sie haben auf fast all unsere Angriffe gute Antworten gehabt", sagte Hauser, "und bei uns habe ich sehr viel gesehen, das nicht perfekt ist: Im Angriff müssen wir variabler, über die Mitte druckvoller, in der Abwehr heller sein."

Helle Momente gab es eben aber auch einige: Roy Friedrich, neben Ferdinand Tille und Patrick Steuerwald einer von drei ehemaligen Hachingern beim TSV, gelangen beispielsweise fünf der acht Herrschinger Blockpunkte. Und Diagonalspieler Daniel Malescha hatte sich nach seinem eher schwachen Auftritt in Bühl so sehr erholt, dass er 17 Angriffspunkte machte, so viele wie kein anderer Spieler; der beste Berliner Robert Kromm kam auf 16 Zähler. Block und Aufschlag funktionierten aber auch bei Malescha nicht sonderlich gut. "Daran werden wir jetzt trainieren, wir haben ja zum Glück nicht wieder eine englische Woche", sagt Hauser.

Am nächsten Samstag gastiert Düren in der Nikolaushalle, ein Klub, der dem Leistungsvermögen Herrschings schon eher entspricht, auch wenn die Favoritenrolle erneut nicht auf Seiten des TSV zu suchen ist. Das Duell ist nur der Auftakt zu wichtigen Wochen, in denen Herrsching auf viele schlagbare Gegner trifft. Wellness ausgeschlossen.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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