Volleyball:Champions League oder Abstieg

Lesezeit: 2 min

Die Erstliga-Zukunft der Volleys aus Herrsching steht und fällt mit dem Bau einer neuen, größeren Spielhalle.

Von Katrin Freiburghaus, Herrsching

Zunächst begann alles, wie man es bei einer Team-Präsentation von Herrschings Volleyballern erwarten durfte. Der neue Mittelblocker Mart van Werkhoven musste ans Mikro, weil er den lustigsten Akzent hat, und die Fans mischten sich im Biergarten mit Sponsoren und Vereinsverantwortlichen. Doch dann gab es einen Moment, in dem man zur Sicherheit noch einmal kontrollierte, ob man nicht versehentlich bei der stets hochambitionierten Konkurrenz der Alpenvolleys Haching gelandet war: Trainer Max Hauser begründete eine Kooperation mit den Volleyballern aus Mühldorf damit, "dass wir ja mal Champions League spielen wollen".

So vermeintlich beiläufig er die Aussage verpackte, so bemerkenswert war sie. Zwar verstehen es die Herrschinger seit ihrem Bundesliga-Aufstieg 2014, mit clever platzierten Statements und Aktionen Aufmerksamkeit zu erzeugen. Allerdings pflegten sie dabei immer eher das Image des überzeugten Underdogs; man erinnere sich etwa an das Trampen zum Auswärtsspiel in Friedrichshafen. Hinter den Kulissen passten sich die Strukturen dessen ungeachtet stetig den Anforderungen der Liga an; auch weil sie langjährigen Mitgliedern immer weniger Versäumnisse durchgehen lässt. "Nach sechs Jahren in der Liga müssen wir intern Strukturen darstellen, die diesem lockeren Verein vielleicht etwas widerstreben, aber ich glaube, dass es heutzutage nicht mehr anders möglich ist, zu überleben", sagte Teammanager Fritz Frömming.

Am Freitag präsentierte Herrsching neben seinem Kader, in dem unverändert die Stelle eines dritten Außenangreifers vakant ist, aber auch nach außen eine andere Attitüde. Das lag nicht allein an Hausers Champions-League-Plänen. Der Klub hat seinen Etat erhöht und mit dem Hauptsponsor einen Vertrag für drei Jahre geschlossen und damit eine neue Stufe der Planungssicherheit erreicht. Zudem haben Gespräche zu Kooperationen mit dem traditionell starken Nachwuchs des ASV Dachau und TSV Mühldorf begonnen, um, so Hauser, "Talenten die Möglichkeit zu geben, in der Region zu bleiben statt aufs Internat zu wechseln". Kein Verein in Bayern habe allein genügend Ressourcen, um im Jugend- wie Erwachsenenbereich gleichermaßen Hochleistungssport anzubieten.

Wie viel Zukunft all diese Überlegungen haben, liegt indes nicht in der Hand der Herrschinger. Es hängt schlicht davon ab, ob der Klub eine neue Heimspielstätte bekommt oder nicht. "Wir haben ein sehr konstruktives Gespräch mit Fürstenfeldbruck gehabt", sagte Frömming. Nach der Hängepartie mit Herrsching, wo der Verein lange vergeblich um einen Hallenneubau gekämpft hatte, sei er in dieser Frage ein "gebranntes Kind", aber dennoch "zuversichtlich, dass das klappt". Einen Plan B gebe es nicht, "wenn es nicht klappt, spielen wir in zwei, drei Jahren nicht mehr in der ersten Bundesliga". Dass ein Umzug bei der Basis nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen könnte, sieht Frömming durchaus: "Aber die Fan-Basis sieht auch, dass wir keine Alternative haben, wir haben hier genügend Vorschläge gemacht."

Hauser äußerte sich deutlich verhaltener. "Ich habe mich davon verabschiedet, Prognosen abzugeben. Wir haben in Herrsching gemerkt, dass wir das so gut verkaufen können, wie wir wollen - am Ende entscheidet es jemand anders", sagte er. Nach Ablauf der Ausnahmegenehmigung für die zu niedrige Nikolaushalle gebe es zwei mögliche Richtungen: "Wir spielen Champions League oder gehen in die zweite Liga." Auch aus Frömmings Sicht ist das Ziel, auf der ganz großen europäischen Bühne mitzuspielen, ähnlich eng an die Spielstätte gekoppelt wie die Frage nach Erst- oder Zweitklassigkeit. "Jede Mannschaft wächst mit ihrer Spielstätte, die Nikolaushalle limitiert uns natürlich auch international", sagte er. Meister Berlin sei "deshalb so groß, weil sie in der Max-Schmeling-Halle spielen".

Als sportliches Nahziel für die kommende Saison wünschte sich Frömming zunächst aber, "dass wir ein Halbfinale spielen". Ein paar Polizisten-Witze später, die Mittelblocker und Polizei-Anwärter Norbert Engemann mit gequältem Lächeln ertrug, und der Vorstellung von Zugang Jonas Kaminski, der berufsbedingt fehlte, war man sich dann doch wieder sicher, dass es der Ammersee war, über dem im Hintergrund die Sonne unterging.

© SZ vom 16.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: