Volleyball:Bube im Ärmel

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„Unerschöpflich“: Trotz geringer Spielzeiten genießt Benedikt Sagstetter beim Trainer großes Vertrauen. (Foto: Oryk Haist/imago)

Erstligist Herrsching setzt sich trotz dünner Personaldecke in Eltmann durch - mit seinem zweiten Zuspieler als Außenangreifer. Das Vertrauen in den 19-jährigen Benedikt Sagstetter sei grenzenlos, sagt der Trainer.

Von Katrin Freiburghaus, Herrsching

Kurz vor der Abreise nach Eltmann hatte Max Hauser noch erklärt, alle bis auf den Trainer seien fit für die Partie gegen den Tabellenletzten, der seit seiner Rückkehr in die eigene, kleinere Halle erstarkt ist. Hauser hatte während der Woche bei seinen WWK Volleys mittrainiert und sich dabei die Kapsel gerissen, aber für ein Auswärtsspiel werde es schon reichen, witzelte er. Das war, bevor sich Außenannahme-Spieler Jori Mantha mit einem schweren Infekt abmeldete. "Ab da habe ich nicht mehr so positiv an das Spiel gedacht", sagt Hauser. Denn er weiß ja, wen er im Kader hat; und dass ihm aufgrund der hartnäckigen Ellbogen-Verletzung von Tom Strohbach schon planmäßig nur zwei Außenangreifer zur Verfügung stehen.

Diese Personalpolitik ist dem Team vom Ammersee nicht zugestoßen, sondern hat System: Einen Spieler wie Strohbach kann sich Herrsching ohne Haken nicht leisten. Wenn die übrigen zwei Angreifer eine starke Rolle in der Liga spielen sollen, ist zudem kein Geld für noch einen weiteren da. Doch so hoch pokert besser nur, wer noch ein Ass im Ärmel hat - oder zumindest einen zweiten Buben. Einen wie Benedikt Sagstetter, der beim letztlich souveränen 3:1 in Eltmann auf Außen einsprang, obwohl er eigentlich zweiter Zuspieler und obendrein noch nicht lange 19 Jahre alt ist.

Der jüngere der beiden Sagstetter-Brüder, die sich in Eltmann auf unterschiedlichen Netzseiten gegenüberstanden, besitzt in Herrsching einen Dreijahresvertrag und soll laut Hauser in seinem ersten Jahr "in erster Linie Zuspielen lernen". Weil ihm der erste Zuspieler Johannes Tille in diesem Bereich noch weit voraus ist, spielt er sehr wenig. Das sei aber "so besprochen", versichert Hauser. Allerdings trainiert Sagstetter wie der zweite Diagonalangreifer Jonas Kaminski zusätzlich gelegentlich auf der Außenposition. Beide Spieler seien auch wegen ihrer Flexibilität verpflichtet worden, sagt Hauser, "wir wussten, dass wir mit unserem kleinen Kader ein paar solche Typen brauchen".

Dass diese Strategie aufgehen kann, sofern man für die Saisonziele nicht in jedem Spiel das Leistungsoptimum abrufen muss, zeigte die Partie in Eltmann. Sagstetter vollbrachte keine Zauberkunststücke auf dem Feld, "aber das, was nötig war", sagt Hauser und präzisiert: "Er hat sich auf eine gute Annahme konzentriert, hin und wieder einen Punkt gemacht und gut aufgeschlagen." Diagonalangreifer Jalen Penrose war mit 28 Punkten mannschaftsübergreifend der dominierende Akteur auf dem Feld. Weil es beim Volleyball aber nicht nur darum geht, den Ball ins gegnerische Feld zu schmettern, sondern er vorher eben nicht herunterfallen darf, hatte auch der Aushilfsaußen Sagstetter großen Anteil am Ergebnis. Denn wenn ein Spieler signifikant abfällt, merkt das der Gegner spätestens nach drei Bällen und guckt die Schwachstelle aus.

Dass Sagstetter diese Angriffsfläche nicht bot, obwohl er als Zuspieler normalerweise etwas komplett anderes spielt, sei "auf diesem Niveau wirklich sehr selten", lobt Hauser. Es habe damit zu tun, dass Sagstetter als Beach-Volleyballer an das komplette Repertoire gewöhnt ist, aber nicht nur. Die Diskrepanz zwischen Hausers Aussage, sein Vertrauen in die volleyballerischen Fähigkeiten des Jüngsten im Kader sei "unerschöpflich", und dessen geringen Spielanteilen ist nur auf den ersten Blick paradox. Es gibt einen Plan für Sagstetter. Er sieht in der kommenden Saison mehr Spielzeit auf seiner eigentlichen Position vor. "Und im dritten Jahr", sagt Hauser, "ist er mein erster Zuspieler".

Für die Tabelle war das Ergebnis in Eltmann ein großer Schritt in Richtung Viertelfinale, das den Herrschingern bei zehn Punkten Vorsprung auf Platz neun und noch vier ausstehenden Spieltagen kaum noch zu nehmen ist. Im Hinblick auf eine optimale Platzierung vor den Playoffs haben sie sich auf dem fünften Platz wie auf einer Art Insel eingerichtet: Ober- wie unterhalb ist es momentan so eng, dass Einzelsätze über die Platzierung entscheiden. Von Herrsching ist der Sechste Lüneburg jedoch sechs Punkte entfernt, der Vierte Friedrichshafen um acht Zähler enteilt.

Hauser kommt das gelegen, er hat keine Lust zu rechnen. "Wir wollen Spiele gewinnen", sagt er, "damit haben wir schon 30 Punkte geholt." Einzig in der Abschlusstabelle 2018 waren es mit 33 mehr. Dieser Vereinsrekord ist durchaus noch drin. Zumal Hauser auf eine rasche Genesung von Mantha hofft - damit die Buben in einer Woche gegen Bühl im Ärmel bleiben können.

© SZ vom 25.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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