Volleyball:Berlin, Berlin...

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Was soll man dazu noch sagen? Trainer Max Hauser muss in Bühl nicht nur eine Entscheidung verkraften, die er "extrem bitter“ findet. (Foto: Oryk Haist/imago)

Einen Tag nach einer unglücklichen 2:3-Niederlage in Bühl haben Herrschings Volleyballer auch noch Lospech im Pokal.

Von Katrin Freiburghaus, Bühl/Herrsching

Nach fast zweieinhalb Stunden mobilisierte Max Hauser am vergangenen Samstagabend noch einmal die letzten Kraftreserven. Er stürmte haareraufend und am eigenen Hemd zerrend aufs Feld. Wie viele Knöpfe er dabei in der Bühler Großsporthalle verteilte, ist nicht bekannt. Kurz nachdem seine WWK Volleys Herrsching in Bühl einen Matchball abgewehrt hatten, hatte der Linienrichter einen Aufschlag der Bühler gut gegeben, den alle Herrschinger im Aus gesehen hatten, und die Bundesliga-Partie als Konsequenz daraus abgepfiffen - mit 3:2 (20:25, 25:22, 21:25, 25:21, 16:14) für Bühl. "Das war eine sehr schwierige Situation für uns", sagte der Coach von Herrschings Volleyballern später über die emotionalen Reaktionen ob dieser "extrem bitteren Entscheidung".

Libero Ferdinand Tille widersprach nicht. Der Frust sei "sehr groß" gewesen, auch Tille bemängelte "immer wieder unglückliche Entscheidungen" während der gesamten Partie. Allerdings konnte der 30-Jährige damit nach der nächtlichen Heimfahrt schon wieder leidlich leben, denn hinter den Herrschingern lag zu diesem Zeitpunkt ein Pensum von fünf Spielen in Liga und Pokal binnen 15 Tagen. Mit einem qualitativ starken, in der Quantität aber überschaubaren Kader, wie ihn Herrsching unterhält, geht das an die Substanz; zumal, wenn drei der Partien mit Fahrten nach Bühl und Düren verbunden sind. "Wenn mir vorher einer gesagt hätte, dass wir daraus sieben Punkte holen und ins Pokal-Halbfinale einziehen, hätte ich das sofort unterschrieben", sagte Tille deshalb.

Das Duell mit Bühl hatte exakt in derselben Konstellation am vergangenen Mittwoch schon einmal im Viertelfinale des DVV-Pokals stattgefunden - da mit dem besseren Ende (3:1) für Herrsching, das zuvor noch nie in Bühl gewonnen hatte. Danach befragt, welches der beiden Bühl-Spiele ihm wichtiger sei, hatte Hauser zu Wochenbeginn gesagt, sein Team möge bitte lieber das Viertelfinale gewinnen. "Deshalb haben wir es auch so gemacht, wir hören ja auf unseren Trainer", witzelte Tille.

Stark unterschieden hatten sich die Spiele in ihrem Verlauf zunächst nicht. Wieder hatte Herrsching den ersten Satz dominiert, den zweiten abgegeben und den dritten gewonnen. Dann allerdings kam in der Neuauflage am Samstag zum Tragen, dass Bühl mehr Druck im Aufschlag erzeugte als in der Pokal-Partie und Herrsching sowohl in der Annahme als auch im Angriff Probleme auf den beiden Außenpositionen bekam. Daraus resultierten die aus Herrschinger Sicht unerfreulichen Zwischenstände von 5:10 und 9:18, die im Profi-Bereich eher niemand mehr aufholt.

Das Positive an früh verlorenen Sätzen ist, dass Talente zu Einsatzzeiten kommen, die noch unter dem Label Backup firmieren. In diesem Fall war es Jonas Kaminski, der als Diagonalangreifer in der Mannschaftsliste steht. Wegen des lange vakanten Postens des dritten Außenangreifers hatte er im Laufe der Vorbereitung allerdings alles trainiert, was mit Angriff und Annahme zu tun hat. Weil der später verpflichtete Rekonvaleszent Tom Strohbach in Bühl zwar im Spielprotokoll stand, aber nicht eingesetzt wurde, durfte Kaminski im vierten Satz zeigen, dass auch er keine so üble Besetzung für die Außen-Annahme ist. "Er hat seine Sache da sehr gut gemacht", lobte Tille den 23-Jährigen.

Allerdings offenbarte sein Einsatz auch die Stelle, an der Herrsching derzeit am verwundbarsten ist: bei der eigenen Leistungsdichte. Die erste Garnitur spielt bislang eine beachtliche Saison und schob sich durch den immerhin einen Punkt in Bühl wieder auf den dritten Tabellenplatz hinter das enteilte Duo Berlin und Friedrichshafen. Die Mittelblocker greifen immer beherzter zu, und Diagonalangreifer Jalen Penrose scheint in seine Rolle gefunden zu haben; der US-Amerikaner war mit 28 Punkten mit Abstand erfolgreichster Punktesammler auf dem Feld - Bühls Spieler mit eingeschlossen.

Wenn es allerdings mal nicht läuft, wie an diesem Samstag in den Anfangsphasen von Satz vier und fünf (3:8), hat Trainer Hauser kaum Möglichkeiten, personell gegenzusteuern. "Ich hoffe, dass Tom bald fit wird, dann haben wir außen noch eine Alternative", sagte Tille. Ein guter Zeitpunkt wäre der 8. Dezember, dann nämlich steigt das Pokal-Halbfinale, für das die Herrschinger am Sonntagabend allerdings das denkbar schwerste verbliebene Los erwischten: Sie fahren zum Meister nach Berlin. Was im Fußball ein beliebter Schlachtruf ist, dürfte in Herrsching angesichts der Parallelpaarung Düren gegen Rottenburg ziemlich lange Gesichter hervorgerufen haben.

© SZ vom 25.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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