Volleyball:Berauscht an der Niederlage

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Die Alpenvolleys Haching bestätigen beim knappen 2:3 gegen den Meister aus Berlin ihre Ambitionen.

Von Sebastian Winter, Innsbruck

Die Spieler wollten eigentlich gerade das Büfett stürmen, im Angebot waren Kalbsgeschnetzeltes und Rindsgulasch mit Kartoffelrösti; Salat gab es keinen, dafür ein Sahnedessert im Glas. Es war ein angemessen üppiges Abendmahl für die Profis der Hypo Tirol Alpenvolleys Haching nach der so knappen 2:3 (22:25, 25:20, 20:25, 25:22, 12:15)-Niederlage gegen den deutschen Meister Berlin Recycling Volleys in der Innsbrucker Olympiahalle. Doch einen Auftrag mussten sie noch erfüllen vor der verdienten Nahrungsaufnahme. "We need the five highest players, just for a photo", rief jemand vom Organisationsteam in leicht holprigem Englisch durch den Speisesaal, benötigt wurden freilich die körperlich längsten Spieler, und nicht die berauschtesten. Wobei, berauscht hatten sie sich in den mehr als zwei Stunden Spielzeit davor gewissermaßen auch an diesem hochklassigen Duell.

Also kamen Saso Stalekar (2,14 Meter), Douglas da Silva (2,08) und andere Hünen schnell noch für das von ein paar Zuschauern gewünschte Foto zurück. Ein schwarz-roter Vereinsschal wies die Fans als Anhänger des Ringer-Erstligisten Inzing aus. Dieses Bild passte vorzüglich, denn ein Ringen war das Fünfsatz-Match ja auch gewesen gegen Berlin.

Hin und her wogte es, Berlin gewann den ersten Satz, die Alpenvolleys den zweiten, Berlin den dritten, die Alpenvolleys den vierten. Und im fünften Satz waren es wie so oft Nuancen, die diese enge Partie in Richtung des späteren Siegers lenkten: Starke Aufschläge von Berlins Samuel Tuia, einem kräftigen Kerl aus dem französischen Überseegebiet Wallis und Futuna, brachten die Annahme der Alpenvolleys in Bedrängnis. Ein Aufschlag ihres neuen Angreifers Jérôme Clère landete später im Netz. Und dann tat den Berlinern ausgerechnet Innsbrucks so starker Diagonalspieler Paulo da Silva den Gefallen, seinen Angriff zum Matchgewinn der Gäste ins Seitenaus zu schmettern. Dennoch zog Alpenvolleys-Manager Hannes Kronthaler hinter einem Gläschen Weißwein sehr zufrieden Bilanz: "Ich hätte nicht gedacht, dass es so knapp wird, wir einen Punkt holen und schon so weit sind. Einen Satzgewinn habe ich erwartet."

Auch Berlins grippekrank in der Hauptstadt gebliebener Manager Kaweh Niroomand lobte den Gegner, der dem unumstrittenen König der Liga (Berlin war seit 2012 bis auf einmal immer deutscher Meister) alles abverlangt hatte: "Respekt an die Alpenvolleys, die ein wirklich starkes Spiel gemacht haben. Mit dieser Mannschaft ist in diesem Jahr definitiv zu rechnen. Sie haben schon heute gezeigt, dass sie in dieser Saison noch stärker sein werden als im Vorjahr." Niroomand gilt ohnehin als Fürsprecher der Alpenvolleys, er hat schon mehrfach betont, dass er es sehr bedauern würde, wenn die Spielgemeinschaft aus Innsbruck und Lizenznehmer Unterhaching sich nach dem Saisonende und dem Auslaufen ihres Dreijahres-Projekts zurückziehen würden. Der SZ hatte Niroomand vor dem Spiel in Innsbruck gesagt: "Es braucht eine rechtliche Grundlage, dass Innsbruck sich komplett auf sein Umfeld konzentrieren kann. Und damit muss man sich frühzeitig auseinandersetzen, um Innsbruck eine Perspektive zu geben." Statistisch waren die Alpenvolleys in vielen Bereichen sogar besser als Berlin vor 1300 Zuschauern an diesem föhnigen Abend in Tirol: 13:10 direkte Blocks, 7:4 Asse, die bessere Annahme - außerdem spielte Zugang Paulo da Silva in einer eigenen Liga. 28 Punkte gelangen dem schnauzbärtigen Brasilianer aus Corumba, neun mehr als Berlins bestem Mann Benjamin Patch.

Da Silva spielte schon zwischen 2008 und 2011 für den damaligen österreichischen Dauermeister Innsbruck, bevor er für die Olympiavorbereitung in die Seleção berufen wurde. In diesem Sommer kehrte da Silva nach fast einem Jahrzehnt in Brasiliens Profiliga als 33-Jähriger zurück, mit seiner Frau und den beiden Kindern. "Er ist ein vollkommener Volleyballer" begrüßte ihn Alpenvolleys-Coach Stefan Chrtiansky. Nach der Partie gegen Berlin folgte das nächste Trainerlob: "Paulo ist überragend, unglaublich erfahren und effizient, er kann in alle Richtungen schlagen."

Der ebenso starke Danilo Gelinski, der sich ein großes Zuspiel-Duell mit Berlins Olympiasieger Sergej Grankin lieferte, versteht sich schon jetzt blendend mit da Silva, vielleicht auch deshalb, weil dieser einst mit Gelinskis Bruder in Brasilien in einer Mannschaft spielte. Diese Achse dürfte jedenfalls auch künftig ein Schlüssel sein fürs Team. "Ich vertraue ihm", sagte Gelinski, bevor er die gesamte Mannschaft lobte: "Wir haben mehr Optionen in diesem Jahr. Aber wir sind erst am Anfang, wir müssen ein neues Team bauen." Vor dieser Herausforderung stehen die Alpenvolleys in den nächsten Monaten auf dem Weg ins Playoff-Finale, ihrem Ziel. Die nächste schwere Aufgabe wartet schon an diesem Sonntag (18 Uhr) in Düren.

© SZ vom 25.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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