Volleyball:Balance-Akt

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Dachaus Volleyballer zeigen beim 3:2-Erfolg im Derby Licht, aber auch viel Schatten. Während beim ASV der ehemalige Profi Markus Pielmeier enttäuscht, freut sich Grafing über den ersten Punkt seit drei Monaten - und fürchtet den Abstieg

Von Sebastian Winter, München

Der Einsatz von Markus Pielmeier dauerte circa zehn Minuten, dann war er schon wieder vorbei. Pielmeier, der nach acht Profijahren in Unterhaching und Rottenburg zum Volleyball-Zweitligisten ASV Dachau gewechselt war, machte im Derby gegen den abstiegsgefährdeten TSV Grafing einen Annahmefehler , dann gelangen ihm ein, zwei gute Angriffe, bevor er den Ball in den Block schlug. Beim 6:10 nahm ihn Trainer Torsten Schulz vom Feld, Pielmeier setzte sich auf einen Plastikstuhl und schaute sich enttäuscht das Dachauer Trauerspiel an: 16:25 im ersten Satz. Dass Dachau im zweiten Satz erneut 15:22 zurücklag, sich dann gegen die drohende Niederlage stemmte und das Spiel noch in einen 3:2 (16:25, 23:25, 25.15, 26:24, 15:10)-Erfolg verwandelte, hatte nichts mehr mit Pielmeier zu tun. Der Mann, der im ASV-Saisonheft als "großer Transfercoup" angekündigt worden war, kam am Samstagabend nur noch zwei Mal für ein paar Sekunden in die Partie, um seine Kollegen zu entlasten.

Von draußen sah Pielmeier ein ASV-Spiel, wie es exemplarisch für die bisherige Leistung des Klubs in dieser Saison steht - auch seine eigene. "Die Konstanz ist das Hauptproblem bei uns. Auch für mich ist es nicht einfach, die Balance zu finden." Wer Zweitliga-Volleyball spielt, der macht das im Normalfall als zeitintensive Nebenbeschäftigung. Der Neu-Amateur Pielmeier hat am Donnerstag zum ersten Mal seit der Weihnachtspause wieder mit dem Team trainiert, die Athletik fehlt ihm, die Sprungkraft, die Beweglichkeit, man sieht das. "Wir sind froh, dass wir ihn haben", sagt ASV-Trainer Klaus Dammann: "Aber in der Hinrunde ist er weit unter seinen Möglichkeiten geblieben."

Dachaus Dominic von Känel wischt das etwas flach gestellte Zuspiel über das Netz. Später fand Grafing kaum noch Mittel gegen die ASV-Angriffe. (Foto: Toni Heigl)

Pielmeier konzentriert sich nach dem Bachelor-Abschluss in Chemie nun auf sein Master-Studium an der TU München, auch deshalb hat er in Rottenburg aufgehört. Der Mann, der 2009 und 2010 mit Haching - als Ersatzspieler - den DVV-Pokal gewann, und in Rottenburg zum Führungsspieler wurde, hat sich mit 27 nach acht Jahren im Profimodus gesagt: Für die Nationalmannschaft reicht es nicht, für die internationale Karriere auch nicht, also hat der Beruf nun Priorität. "Ich habe keinen Spielervertrag, das ist jetzt Freizeit, die sehr viel Spaß macht. Zu viel, denn manchmal verlieren wir den Ernst beim Training."

Dachaus Anspruch es ist, Dritter zu sein und nicht Siebter, wie zurzeit. Nur ist das schwierig, wenn die Trainingsbeteiligung bei den freiwilligen Einheiten in der Weihnachtspause schwach ist. Konstante Leistungen kommen so nicht zustande, auch gegen Grafing nicht. "Wir haben nicht fokussiert trainiert", sagt Schulz: "Aber ich fand cool, dass die ersten beiden Sätze die Leute angekotzt haben. Sie sind dann wesentlich aggressiver geworden." Auch Pielmeier-Ersatzmann Aleksandrs Ziskins fand immer besser ins Spiel. "Grafing hat dann angefangen zu denken", sagt Schulz, und das hat dem abstiegsgefährdeten Klub gar nicht gut getan.

"Weit unter seinen Möglichkeiten": Der ehemalige Profi und Pokalsieger Markus Pielmeier hat im ASV-Trikot noch keine konstante Form gefunden. (Foto: Niels P.Jørgensen)

Denn das in den ersten beiden Sätzen so griffige Zuspiel des starken Grafingers Fabian Wagner wurde etwas matter, der Faden riss im dritten Satz komplett. Im knappen vierten Satz zeigte sich dann die große Schwäche des jungen, unerfahrenen TSV-Teams: Es verlor die entscheidenden Punkte. "Muffensausen" diagnostizierte Grafings Trainer Adrian Zoppelt bei seinen Spielern, der nach seiner Verletzungspause zurückgekehrte Felix Langer, der gut spielte, formulierte es diplomatischer: "Uns verlässt bei den wichtigen Punkten die eigene Courage." Im fünften Satz machten die Gäste vor rund 200 Zuschauern in der mäßig besetzten ASV-Halle fünf Fehler in Serie zum Matchgewinn der Dachauer.

Trotz all dieser Unzulänglichkeiten hat dieses spannende, aber keineswegs hochklassige Duell beiden Mannschaften auch Hoffnung gegeben. Dachau hat sich in die Partie hineingebissen, zwei Punkte und nun immerhin vier der letzten sechs Spiele gewonnen; nach der Schwächephase Ende Oktober und Anfang November ist ein Aufwärtstrend erkennbar und selbst Platz drei noch durchaus realistisch. Grafing hat zugleich durch die Tiebreak-Niederlage den ersten Punkt seit dem 4. Oktober geholt, damals bezwang der TSV seinen Abstiegskonkurrenten Waldgirmes am dritten Spieltag mit 3:1.

In großer Gefahr ist der TSV als Vorletzter allerdings auch weiterhin. Erstens hat Grafing nur drei Punkte Vorsprung auf das Schlusslicht Waldgirmes, das direkte, so wichtige Duell steht bereits in knapp zwei Wochen in Waldgirmes an. Zweitens muss Grafing wegen der unklaren Situation um den insolventen Dresdner SC, der kommende Saison in der zweiten Liga Süd starten könnte, fürchten, dass zwei Mannschaften statt einer, wie es eigentlich vorgesehen war, absteigen. Auf den Drittletzten Eltmann hat der TSV einen Punkt Rückstand, es wird also knapp. Mit solchen Sorgen muss sich Dachau wenigstens nicht beschäftigen, der Abstieg ist längst kein Thema mehr. Eins fänden Markus Pielmeier und seine Kollegen aber schon schön: Ein Spiel auch mal mit 3:0 zu gewinnen, ohne Berg- und Talfahrt, aber mit Konstanz. Es wäre eine Premiere in dieser Saison.

© SZ vom 12.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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