Volleyball:Alte Zocker

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"Die Alten wollten den Jungen noch mal zeigen, wo der Hammer hängt": Friedrichshafens Daniel Malescha kommt zwar zum Schlag. Sein älterer Bruder, Herrschings Florian Malescha (vorne), ist aber zur Stelle. (Foto: Beautiful Sports/Imago)

Nach denkwürdigem Spiel holt Herrsching in Friedrichshafen überraschend einen Punkt

Von Katrin Freiburghaus, Herrsching

Nach einer halben Stunde sah es am vergangenen Samstag so aus, als würde das Gastspiel von Herrschings Bundesliga-Volleyballern in Friedrichshafen auf eine dieser Vorstellungen hinauslaufen, bei denen sich der Außenseiter zwar viel vorgenommen hat, aber wenig davon umzusetzen vermag. 4:11 stand es aus Sicht des TSV im zweiten Satz, kurz darauf 6:21. Der Durchgang endete 7:25, den ersten Satz hatten die Gäste mit 22:25 verloren. "Zu sieben! Das habe ich glaub ich noch nie erlebt", sagte Herrschings Trainer Max Hauser später.

Dass ihn die Art und Weise, in der sein Team vom frisch gekürten Pokalsieger 20 Minuten lang vorgeführt worden war, nicht schmerzte, lag am denkwürdigen Rest des Abends. Denn Herrsching spielte unbeeindruckt weiter, gewann die beiden folgenden Durchgänge und entführte durch das 2:3 (22:25, 7:25, 36:34, 25:23, 9:15) überraschend einen wichtigen Punkt im Kampf um den sechsten Tabellenplatz. "Der schlechte Satz hat unsere Chancen erhöht", sagte Hauser, "denn wenn der Unterschied sehr groß ist, lässt der Gegner manchmal locker."

Dass der VfB hoch konzentriert begonnen hatte, lag nicht nur an der engen Tabellensituation an der Spitze, sondern auch an der familiären Konstellation auf dem Feld: In Florian und Daniel Malescha sowie Patrick und Markus Steuerwald standen sich gleich zwei Brüderpaare am Netz gegenüber. Während die Steuerwalds im Herrschinger Zuspiel respektive auf der Libero-Position des VfB zufrieden sein konnten, ging das Duell der Malescha-Angreifer klar an den Älteren: Der im Sommer aus Herrsching an den Bodensee gewechselte Daniel kam nur zu Kurzeinsätzen, sein Bruder Florian war dagegen der entscheidende Faktor dafür, dass Herrsching Mitte des dritten Satzes abzurufen begann, wovon Hauser aus der jüngeren Trainingsarbeit so geschwärmt hatte.

"Zu dem Zeitpunkt standen alle vier Brüder auf dem Feld, und da war es schon ein bisschen so, dass die Alten den Jungen noch mal aufzeigen wollten, wo der Hammer hängt", sagte Herrschings wertvollster Spieler Patrick Steuerwald, "Flo kam rein und hatte gleich ein paar gute Aktionen, durch die wir uns positiv pushen konnten." Auch Hauser attestierte Malescha, der aus beruflichen Gründen wenig trainiert, "ein Riesenspiel". Dabei war er nach einem mäßigen Einsatz im zweiten Satz gar nicht mehr erste Wahl gewesen. Dem gesundheitlich angeschlagen wirkenden Diagonalmann Matthew Tarantino war gegen Friedrichshafens Dominanz im Block in den ersten beiden Sätzen jedoch wenig eingefallen, so dass Hauser Julius Höfer von der Außenposition auf die Diagonale beorderte. Den neuen Mann auf Außen, Aleksandar Milovancevic, guckte der VfB im dritten Satz allerdings schnell als Wackelkandidaten in der Feldabwehr aus. "Ich musste irgendwas ändern - und viel anderes ging ja nicht mehr", sagte Hauser. "Flo ist gerade gegen starke Teams eine Option, weil er viel Emotion reinbringt", erläuterte der Trainer seine Hintergedanken. "Das kann auch nach hinten losgehen. Aber manchmal muss man halt zocken."

Insbesondere in der hitzigen Verlängerung des dritten Satzes bot Herrsching dem VfB mit so viel Einsatz Paroli, dass selbst Friedrichshafens Blockriesen zu wackeln begannen. "Extrem gut" sei sein Team in dieser Phase gewesen, befand Hauser. Dass Herrsching das Tempo über den Satz hinaus halten konnte, überraschte ihn selbst. "Da hatte ich eigentlich erwartet, dass Friedrichshafen richtig ernst macht", sagte er, "aber wir waren echt gut." Mit dem verlorenen Tie-Break konnte Hauser deutlich besser leben als der VfB mit dem Umstand, ihn überhaupt gespielt zu haben. "Das war aus deren Sicht sehr ärgerlich und auch unnötig", sagte Patrick Steuerwald. Sein Bruder zumindest sei "ziemlich sauer" gewesen.

Max Hauser freute sich derweil nicht nur über den Punkt, sondern fühlte sich auch in der Arbeit der vergangenen Wochen bestätigt. "Wenn wir weiterhin so trainieren, können wir immer wieder Punkte holen, die nicht eingeplant sind", sagte er. In Kombination mit unerwarteten Niederlagen der Konkurrenz aus Bühl (0:3 in Rottenburg) wäre das ein gutes Rezept, um bis zum Ende der Hauptrunde Sechster zu bleiben - und direkt in die Playoffs einzuziehen.

© SZ vom 06.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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