Volleyball:53 Tage später

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Diagonalspieler Markus Pielmeiers persönliches Motto lautet, "jedes Spiel zu gewinnen." Davon ist er mit dem ASV Dachau zurzeit weit entfernt. (Foto: Johannes Simon)

Zweitligist Dachau wollte mit neuem Trainer alte Fehler abstellen. Doch die erste Euphorie ist längst verflogen

Von Alexander Mühlbach, Dachau

Als das Spiel vorbei war, nahm Sebastian Wenninger auf einem Stuhl abseits des Volleyballspielfeldes Platz und lächelte eine Weile zufrieden vor sich hin. Nichts, aber auch gar nichts konnte dem Kapitän des ASV Dachau diesen Moment kaputt machen. Mit 3:0 hatte seine Mannschaft ihr Zweitliga-Auftaktspiel gegen den TSV Stuttgart gewonnen. "Ein so klarer Sieg war überhaupt nicht zu erwarten", sagte Wenninger danach euphorisch, bevor er zur weiteren Analyse ansetzte: "Wir haben im Aufschlag richtig viel Druck gemacht, standen im Block richtig gut." Und: "Die Mannschaft war mit der letzten Saison überhaupt nicht zufrieden, aber wenn wir so weiterspielen wie jetzt, dann ist eine Top-Fünf-Platzierung absolut realistisch."

Siebeneinhalb Wochen sind seit diesen Sätzen vergangen. Sie klingen wie aus einer anderen Zeit. Wie Behauptungen, die im Nachhinein noch korrigiert werden müssen. Seit dem Erfolg gegen Stuttgart sind die Dachauer von Rang drei auf zehn abgestürzt, nur noch drei Punkte trennen sie von einem Abstiegsplatz. Wenninger sagt auch deswegen nur noch Dinge wie: "Das Selbstvertrauen in der Mannschaft fehlt." Oder: "In den letzten Spielen haben wir Fehler gemacht, die wir sonst nie machen." Und: "Ich hoffe, dass wir bald die Kurve kriegen. Es kann ja nicht so weitergehen wie bisher." Wenninger macht eine lange Pause nach dem letzten Satz. Die Euphorie ist weg, er klingt nachdenklich, etwas angespannt. Zu viele Spuren haben die letzten 53 Tage beim Kapitän hinterlassen.

Dabei hatte diese Saison so gut angefangen. Nach dem Sieg gegen Stuttgart gewannen die Dachauer auch noch gegen Schwaig und den Lokalrivalen aus Grafing. Zwar waren beide Spiele recht knapp, Dachau konnte sich erst im fünften Satz durchsetzen. Aber die Moral stimmte, die Mannschaft kämpfte um jeden Punkt und spielte ansehnliches Volleyball. Dann aber folgte plötzlich der Bruch. In den jüngsten fünf Spielen gelang den Dachauern gerade mal ein Sieg, in den letzten zwei Spielen gewannen sie keinen einzigen Satz mehr. Und gegen den Aufsteiger aus Hammelburg lagen die ASV-Spieler am vergangenen Wochenende im zweiten Satz mit 4:18 zurück - so weit, dass sich die Hammelburger im Nachhinein beschwerten, dass so etwas auf diesem Niveau nicht passieren dürfe. Trotzdem sagt Wenninger über das Hammelburg-Spiel: "Im Vergleich zu den Wochen davor war das ein Schritt nach vorne."

Wenninger meint das nicht etwa ironisch. Im zweiten Satz hätten die Dachauer einfach einen "Blackout" gehabt. Aber die Mannschaft habe weniger Leichtsinnsfehler gemacht als noch zuvor, und das sei ja das Wichtigste. Denn schon in der vergangenen Saison hatte Dachau immer wieder mit Fehlern bei der Ballannahme oder bei Aufschlägen zu kämpfen. Deswegen hatte der langjährige Zweitligist im Sommer auch in Rückkehrer Adrian Zoppelt einen neuen Trainer verpflichtet, der zuvor den TSV Grafing trainiert hatte.

Zoppelt sollte der Mannschaft neue Impulse geben, sie stabilisieren, die Leichtsinnsfehler abstellen. "Wir wollen niemals mehr unter ein bestimmtes Niveau kommen", nannte Zoppelt damals seinen Plan, der in den ersten drei Spielen auch wunderbar funktionierte. Mittlerweile ist der Klub aber meilenweit von seiner Normalform entfernt.

Dachaus Co-Trainer Torsten Schulz hat auch noch keine Antwort auf die Misere gefunden: "Wir sind gerade dabei zu schauen, woran das liegt." Die Spieler haben sich in der vergangenen Woche zusammengesetzt, um Lösungen zu finden. Immerhin mit dem Ergebnis, dass es weder an Qualität im Kader mangelt, noch am Vertrauen zum Trainergespann. Nur, sagt Schulz, habe es in letzter Zeit an Konzentration im Training gefehlt, der Zug wäre einfach nicht da. "Und in den Spielen haben wir einfach zu viele eigene Fehler gemacht."

Schulz meint damit die altbekannten Probleme: schlechte Aufschläge und Ballannahmen sowie die fehlende Abstimmung bei Zuspielen. "Mit so einer Gesamtperformance hat man keine Chance, ein Spiel zu gewinnen", analysiert Schulz, bevor er dann doch noch eine Hauptursache feststellt: "Die Spieler sind einfach zu verkrampft im Moment." Das einzige, was wohl dagegen hilft, ist neues Selbstvertrauen - und der Faktor Zeit. Zeit, die der ASV momentan allerdings nicht hat. Schon am Samstag (20 Uhr) kommt der Tabellennachbar aus Delitzsch in die Georg-Scherer-Halle, der momentan eine ähnliche Phase durchmacht wie Dachau: einige Ambitionen, wenige Siege.

"Ich hoffe, dass wir Delitzsch schlagen können", erklärt Kapitän Wenninger noch. "Wir können mehr, müssen es nur abrufen." Das dachte Wenninger vor der Partie in Hammelburg auch. Bis der Blackout kam. Und es im zweiten Satz urplötzlich 4:18 stand.

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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