Turnen:Kleinere Sprünge

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Nach dem Weggang des Leistungsträgers Felix Remuta startet Vorjahresmeister Exquisa Oberbayern mit bescheidenen Zielen in die neue Zweitliga-Saison. Doch er integriert schon wieder ein herausragendes Turntalent

Von Stefan Galler, Unterhaching

An allen Geräten geht es zur Sache. In der Sporthalle am Utzweg neben dem Unterhachinger Lise-Meitner-Gymnasium wuselt es. Kleine, Große, Buben, Mädchen - eine bunte Mischung. Hier dreht ein Junge am Reck seine Riesenfelgen, dort nimmt eine Teenagerin im Vollsprint Anlauf für den Pferdsprung.

Mitten im pulsierenden Trainingsalltag der Nachwuchsturner gruppiert sich die Männerriege des Zweitligisten Exquisa Oberbayern zum Mannschaftsfoto auf dem Barren. Die Stimmung ist ausgelassen, es wird geflachst, man merkt die Vorfreude: Am Samstag (18 Uhr) startet das Team mit dem Heimwettkampf gegen den Meisterschaftsmitfavoriten STV Singen in die neue Zweitligasaison. Unterhachings Abteilungsleiter Oskar Paulicks muss sich ein paar Sprüche von seinen Jungs anhören, dann nötigen die Sportler auch noch den bayerischen Turn-Landestrainer Kurt Szilier, sich mit aufs Foto zu stellen, obwohl der mit dieser Mannschaft nominell gar nichts zu tun hat. Bis auf die klitzekleine Tatsache, dass die meisten im Team beinahe täglich mit ihm zusammen üben.

Bei Exquisa Oberbayern handelt es sich nämlich beinahe um so etwas wie die bayerische Nationalmannschaft. Hier sind die besten Turner des TSV Unterhaching (Michael Bastier, Philipp Vollmer, Tassilo du Mesnil) und TSV Mühldorf (Markus Müller, Stefan Miedl, Sebastian Mirz) zusammengezogen, verstärkt durch Jakob Glück (DJK Würzburg), der früher auch mal für den FC Bayern turnte, und Manuel Förster vom TSV Weilheim. Außerdem gehören in Dávid Vecsernyés und Bánk Selmeczi auch weiterhin zwei starke Ungarn zum Team, die zwar nur zu den Wettkämpfen kommen, aber dennoch prächtig integriert sind. Lizenzhalter für Exquisa bei der Deutschen Turnliga (DTL) ist der TSV Unterpfaffenhofen-Germering, der kurioserweise gar keinen Aktiven im aktuellen Kader hat.

Personell hat sich über den Sommer einiges getan: Zurückgekehrt ist der routinierte Mühldorfer Hansi Lohr, der schon vor über 15 Jahren für die TG Amper-Würm geturnt hatte, dem Vorläufer von Exquisa Oberbayern. Zwischenzeitlich war Lohr Mitglied der deutschen Nationalmannschaft, turnte für den MTV Stuttgart in der ersten Bundesliga, für den FC Bayern und zuletzt den KTV Ries. Beim zweiten Zugang handelt es sich um ein herausragendes deutsches Talent: Der Unterhachinger Jonas Olbrich, 16, wurde von der Bayernligamannschaft in die erste Garnitur befördert. "Er muss sich noch ein bisschen stabilisieren, die durch das Wachstum bedingten Unsicherheiten in den Griff bekommen", sagt Landestrainer Szilier. "Aber er ist der Beste seiner Altersklasse und auch körperlich auf einem guten Weg."

Schon im Vorjahr waren die Oberbayern als Meister der zweiten Bundesliga Süd das Maß aller Dinge in dieser Wettkampfklasse; lediglich in der Aufstiegsentscheidung gegen den Nord-Meister Siegerländer KV setzte es eine erwartbare Niederlage. "Die wollten unbedingt aufsteigen", sagt Richard Hörle, langjähriger Hachinger Turntrainer und einer der großen Förderer des zweimaligen Olympiamedaillengewinners Marcel Nguyen. Hörle weiß allerdings, dass es diesmal schwer werden dürfte, die Erfolgsgeschichte aus dem Vorjahr fortzuschreiben: "Die Meisterschaft ist ohne Felix kein Thema."

Die Rede ist von Felix Remuta, deutscher Juniorenmeister 2016 an Reck und Boden und mutmaßlich das nächste ganz große Unterhachinger Eigengewächs nach Nguyen und Olympiastarter Lukas Dauser. Er wechselte nach bestandenem Abitur in die erste Liga zur TG Saar, um seinen Weg im Leistungssport weiterzugehen, wie er sagt. Fünf der acht Erstligaklubs hätten ihm Angebote unterbreitet, bei der TG Saar habe er einige gute Freunde. "Ich will mich dort etablieren", sagt Remuta.

Für Oskar Paulicks, Hachings Turn-Abteilungsleiter und Koordinator der Exquisa-Auswahl, wiegt der Verlust schwer: "Durch seinen Weggang wäre es sehr hochgegriffen, Platz eins oder zwei als Ziel auszugeben. Andererseits muss man sehen, dass Felix im Vorjahr auch nicht immer mit dabei war." Das Ziel sei, sich im Mittelfeld der Tabelle zu platzieren, sagt Paulicks. "Und wenn am Ende nur der Klassenerhalt herausspringt, dann ist es auch recht."

Denn eines sei wichtig, so Paulicks weiter: "Wir geben Turntalenten aus der Region die Chance, auf hohem Niveau zu trainieren. Das schafft sonst kein Verein mehr aus eigener Kraft." Bei anderen Klubs werde der Kader oftmals "wahllos zusammengekauft". Bei Exquisa stimmt zudem der Unterbau: Die zweite Mannschaft führt die Tabelle in der Bayernliga nach zwei Wettkampftagen souverän an.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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