Turnen:Große Perspektive

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Keine Schwäche: Dem Unterhachinger Felix Remuta wird nicht nur von Trainingspartner Marcel Nguyen eine rosige Zukunft vorhergesagt. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Turner vom Team Oberbayern bezwingen Grötzingen/Karlsruhe und sind Zweitligameister - aber noch nicht Erstligist

Von Christian Bernhard, Unterhaching

Der Wettkampf war so gut wie beendet, als das lauteste Raunen des Abends durch die Unterhachinger Sporthalle am Utzweg ging. Felix Remuta hing in diesem Moment am Reck, wobei: in diesem Moment gerade nicht: Er flog spektakulär durch die Luft - und klammerte sich kurz darauf wieder souverän an das Gerät. In den Sekundenbruchteilen dazwischen hatte er einen Doppelsalto gehockt mit ganzer Schraube über die Stange gezeigt, aus dem Raunen auf den Rängen wurde ein lauter Applaus. Entschieden war das Duell zwischen Exquisa Oberbayern und dem TSV Grötzingen/Karlsruhe da schon lange, nach den letzten Reckübungen stand am Samstag ein nie gefährdetes 72:18 (12:0 Gerätepunkte) für die Gastgeber zu Buche, die sich dadurch den Meistertitel in der zweiten Bundesliga Süd der Turner gesichert haben. Der Aufstieg in die Bundesliga ist damit aber noch nicht geschafft. Am kommenden Wochenende entscheidet das Duell mit dem Meister der Nord-Staffel, dem Siegerländer KV, wer kommendes Jahr in der deutschen Turn-Elite an den Start gehen darf.

Felix Remuta ist erst 17 - und trotzdem schon absoluter Leistungsträger beim Team Exquisa, das sich aus Turnern des TSV Unterhaching, des TSV Weilheim und des TSV Unterpfaffenhofen-Germering zusammensetzt. Am Samstag zeigte der deutsche U17-Meister am Barren einmal mehr sein ganzes Potenzial. Remuta trat an allen sechs Geräten an und holte an Boden, Seitpferd, Ringen, Sprung, Barren und Reck insgesamt 19 Punkte. Damit kürte er sich zum Topscorer des Tages (in diese Wertung fließen alle Einzelwertungen der Turner ein), und schnappte sich mit insgesamt 99 Zählern auch die Topscorer-Krone der gesamten Saison.

"Felix hat sehr großes Potenzial", sagt einer, der es wissen muss. Marcel Nguyen, der erfolgreichste Turner aus Unterhaching, der dort auch mit Remuta trainiert, war am Samstag ebenfalls in der Halle, schließlich war man bei Exquisa bereits vor dem Kampf guter Dinge gewesen, gemeinsam mit den rund 500 Zuschauern den Meistertitel feiern zu können. Daran nahm auch der Drittligist USC München teil, der direkt vor dem Auftritt der Oberbayern seinen Wettkampf in derselben Halle zwar mit 37:43 gegen die Gäste vom TV Bühl verloren hatte, damit aber trotzdem den Klassenerhalt fixieren konnte.

Das Team Exquisa ließ dagegen von Anfang an keine Zweifel am Sieg aufkommen. Obwohl die Karlsruher stark ersatzgeschwächt mit nur fünf Turnern angetreten waren, war bei Remuta und Kollegen zu Beginn trotzdem eine leichte Anspannung zu erkennen. "Die Jungs wissen, worum es geht", erklärte Oskar Paulicks, Abteilungsleiter des TSV Unterhaching . Die ersten erfolgreich absolvierten Übungen wurden vom ganzen Team frenetisch bejubelt, die immer deutlichere Führung ließ die Anspannung aber schnell weichen und machte Platz für lächelnde Gesichter. Als Karlsruhes Thorsten Ulrich am Seitpferd, dem zweiten Gerät, seine Übung im Duell mit Exquisas bestem Pferd-Turner Markus Müller total verpatzte, schnappten sich die Oberbayern den Maximalwert von zehn Punkten und zogen auf 22:4 davon. Nach Remutas Performance an den Ringen stand es sogar 33:4, und Paulicks sagte: "Jetzt bin ich schon beruhigter."

Exquisas Trainer ist Paulicks Sohn Jakob, der beim Bundesligisten KTV Obere Lahn unter Vertrag steht, aufgrund eines Kreuzbandrisses aber derzeit nicht turnen kann. Der konzentrierte Auftritt seiner Mannschaft gegen Grötzingen/Karlsruhe gefiel ihm sehr: "Wir haben Selbstvertrauen getankt und uns Sicherheit für das Finale geholt", erklärte er. Für den Aufstiegs-Showdown will Paulicks junior das Programm "größtenteils" so belassen, die anstehende Trainingswoche stehe im Zeichen der Stabilisierung. Für Remuta ist klar, dass es ein "spannendes Aufstiegs-Finale " wird, bei dem es auf die Tagesform ankommen werde.

Eine besondere Motivation für den Aufstiegs-Wettkampf sollten die Worte von Jakob Paulicks und Marcel Nguyen sein. Paulicks erklärte, dass es für ihn im Falle des Aufstieges "schwierig" sei, sich als Aktiver zwischen seinem aktuellen Verein und Exquisa zu entscheiden. Exquisa sei aber "immer eine Option". Und auch Nguyen wollte dieses Szenario nicht gänzlich zurückweisen: Der aktuelle deutsche Meister am Barren und an den Ringen steht zwar derzeit beim Bundesligisten KTV Straubenhardt unter Vertrag, erklärte aber, dass er "prinzipiell gerne wieder hier zu Hause" turnen würde.

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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