Türkgücü München:Aus dem Schatten in die Sonne

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Türkgücü-Verteidiger Alexander Sorge bemüht sich in einem Spiel, das lange Zeit mittelmäßige Unterhaltung bot, um gute Haltungsnoten. In der Schlussphase drehten die Gastgeber dann auf, angetrieben von den neuen Spielern, die Trainer Rainer Maurer aufs Feld geschickt hatte. (Foto: Claus Schunk)

Die Einwechselspieler Stefan Wächter und Patrick Hasenhüttl führen Türkgücü zum 3:1-Heimsieg gegen Aschaffenburg. Der hoch ambitionierte Aufsteiger führt die Regionalliga-Tabelle an und feiert Kapitän Yilmaz.

Von Christian Bernhard, Heimstetten

Der erste, gar nicht mal so kurze Weg, war umsonst. Vor dem Anpfiff der Partie liefen die Ersatzspieler von Türkgücü München quer über den ganzen Platz und nahmen auf der Flucht vor der sengenden Sonne im Schatten der Haupttribüne Platz. Kurz darauf mussten sie den gleichen Weg aber schon wieder in die andere Richtung machen, der Schiedsrichter war mit ihrer Idee nicht einverstanden. Er beorderte sie auf die Ersatzbank zurück, wo sie sich die weißen Trikots als improvisierten Sonnenschutz auf Kopf und Nacken legten. Dann pfiff der Unparteiische das erste Regionalliga-Heimspiel von Türkgücü München an.

Die Wege, die Stefan Wächter am Samstag als aktiver Spieler auf dem Rasen zurücklegte, waren alles andere als umsonst. Der 21-Jährige wurde gegen Viktoria Aschaffenburg in Minute 76 eingewechselt und hatte bei den letzten zwei Toren des Spiels seine Füße im Spiel. Diese waren spielentscheidend, Türkgücü siegte 3:1 (1:0) und führt damit nach zwei Spieltagen die Tabelle der Regionalliga Bayern ohne Punktverlust an. Die Qualität, die Trainer Reiner Maurer von der Bank bringen konnte, machte an diesem hochsommerlichen Nachmittag im Sportpark Heimstetten den Unterschied aus. "Vielleicht hatten wir die besseren Trümpfe in der Hinterhand", sagte Maurer bescheiden. "Durch unsere Wechsel waren wir am Ende der verdiente Sieger."

Die Trainer waren sich einig, dass die Partie 70 Minuten lang ausgeglichen war

Der hoch ambitionierte Aufsteiger tat sich im ersten Heimspiel lange Zeit schwer; beide Trainer waren sich einig, dass die Partie 70 Minuten lang ausgeglichen war. "Wir haben uns lange sehr schwer getan und nicht so zu unserem Spiel gefunden, wie wir es gewohnt waren", sagte Maurer, dem die Ballsicherheit im Spiel seiner Mannschaft fehlte. Die Hausherren konnten von Glück reden, dass sie nicht schon nach 30 Sekunden zurücklagen, denn da tauchte Pasqual Verkamp alleine vor Maximilian Engl auf, schoss den Ball aber knapp am linken Pfosten vorbei. Auch danach war die Viktoria griffiger und entschlossener. Türkgücü tat sich schwer und verlor nach 13 Minuten auch noch Kasim Rabihic, der aufgrund einer Muskelverhärtung im linken Oberschenkel ausgewechselt werden musste. Ein laut Viktoria-Trainer Jochen Seitz "absolut unnötiges" Foul am quirligen Dominik Weiß von Benjamin Baier, dessen Bruder Daniel - Profi beim FC Augsburg - unter den Zuschauern war, bescherte den Hausherren einen Elfmeter, den Kapitän Yasin Yilmaz sicher verwandelte (35.).

Zu Beginn der zweiten Halbzeit hatte die Maurer-Mannschaft alles im Griff, doch Max Grünewald glich mit Aschaffenburgs erster Offensivaktion nach der Pause aus (56.). Je mehr sich die Partie dem Ende zuneigte, desto stärker wurde aber Türkgücü - speziell über die Außen, wo Weiß (links) und der für Rahibic eingewechselte Furkan Kircicek (rechts) mit ihrem Tempo für viel Betrieb sorgten. Nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung leitete Wächter folgerichtig Weiß' 2:1 ein, das Yilmaz mit der Hacke vorbereitete (78.), acht Minuten später schloss der ebenfalls eingewechselte Patrick Hasenhüttl einen Doppelpass mit Wächter zum 3:1 ab.

Yilmaz ist der einzige im Kader, der neben dem Fußball einem Job nachgeht

"Am Schluss konnten wir noch mal zulegen", erklärte Geschäftsführer Robert Hettich, der auf die 682 Zuschauer angesprochen zwischen den Zeilen zu verstehen gab, dass er sich über ein paar mehr nicht beklagt hätte. "Wir fangen gerade erst an, die Leute müssen uns kennenlernen", erklärte er. Hettich glaubt, "die, die heute da waren, kommen auch wieder". Nach dem Schlusspfiff sprangen und tanzten die Spieler vor der Haupttribüne. Besonders gefeiert wurde Kapitän Yilmaz, der nach zwei Aufstiegen in Serie eine Art Bindeglied zwischen den Türkgücü-Mannschaften der vergangenen Jahre und der völlig umgekrempelten Regionalliga-Mannschaft ist. Der 30-Jährige ist der einzige im Kader, der neben dem Fußball noch einem Job nachgeht, konnte dank seiner Elternzeit aber die ganze Vorbereitung mitmachen. "Er hat sehr gute Leistungen gebracht, deshalb hat er auch gespielt", sagte Hettich. "In der Kabine trägt er als Kapitän dazu bei, dass wir ein gutes Klima haben."

Trainer Maurer wertete es als gutes Zeichen, dass sein Team die drei Punkte mitnahm, obwohl sie nicht in Topform gewesen sei. Dass er die Latte bei seiner Mannschaft hoch ansetzt, verhehlte er aber auch nicht. "Es war ja nicht so, dass wir schlecht spielt haben", sagte er, "wir haben aber sehr hohe Ansprüche an uns selbst und wollten natürlich gerade im ersten Heimspiel spielerisch mehr überzeugen." Schon am Dienstag hat seine Mannschaft in Garching (19 Uhr) die Chance, spielerisch wieder mehr zu glänzen.

"Alles gut", betonte Robert Hettich, der mit der mannschaftlichen Entwicklung und dem Zusammenhalt nach fünf gemeinsamen Wochen sehr zufrieden ist. Das Team sei ein Stück weiter, als zu diesem Zeitpunkt geplant.

© SZ vom 22.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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