TSV 1860 München: Talente:In der Reifephase

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Talentförderung ist für die Münchenr Löwen ein wesentlicher wirtschaftlicher Faktor. Die nächsten Jahrgänge sind verheißungsvoll.

Christoph Leischwitz

Zunächst klingt es, als sei Jürgen Jung ein echter Weinkenner. "1992 und 1993, das sind richtig gute Jahrgänge", sagt der Leiter des Nachwuchsleistungszentrums beim TSV 1860, und natürlich redet er von Fußballspielern. Kevin Volland und Markus Ziereis sind zwei gute Beispiele. Beide sind 18 Jahre alt, beide sind Junioren-Nationalspieler und auf dem Sprung, gestandene Profis zu werden. Da kann der Verein noch so viele negative Schlagzeilen produzieren, in Sachen Ausbildung ist er immer noch einer der angesagtesten des Landes.

Auf dem Sprung: Spieler wie Markus Ziereis (rechts) zählen zum Kapital des Vereins. (Foto: lok)

Aktuelle Tabellen bestätigen es: Die U23 des TSV liegt auf Rang vier in der Regionalliga Süd, mit einem Kader, der mit einem Schnitt von knapp über 19 Jahren noch jünger ist als sonst. Dabei spielte die U23 in den vergangenen Jahren eher gegen den Abstieg. Auffällig ist, dass gleichzeitig die U19 in der Bundesliga auf einem Spitzenplatz steht, ebenso die U17. Sie lassen Mannschaften von so manchem Erstligisten hinter sich, unter anderem des FC Bayern. Der Verein ist nicht gerade bekannt dafür, viel Geld für den Nachwuchs auszugeben, eher schon dafür, an diesem Nachwuchs zu verdienen. Am Donnerstag erst wurde bekannt, dass Moritz Leitner, 17, für 600.000 Euro an Borussia Dortmund verkauft wird.

Im Verein ist man stolz auf die Jugendarbeit, die gerne mit einer Löwen-Mentalität verknüpft wird. "Wir schaffen das mit harter Arbeit, Leidenschaft zum Fußball und zu 1860", sagt Nachwuchschef Jung. Unbestritten gelten die Jugendtrainer des TSV 1860 als kompetent, doch die Talente holen auch sie nicht zum Verein, sie werden dort nur ausgebildet.

Vieles deutet darauf hin, dass der TSV 1860 immer noch von der Arbeit Ernst Tanners profitiert, der 15 Jahre lang das Nachwuchsleistungszentrum leitete. Die besten Spieler wurden in seiner Zeit verpflichtet, so auch Volland und Ziereis, beide kamen 2007. Tanner sah aber keine Perspektive mehr im Verein, wechselte zum Erstligisten TSG Hoffenheim, wo er zum Manager aufgestiegen ist. Vor dieser Saison holte er den ehemaligen Sechziger Peniel Mlapa in den Kraichgau.

Nun gilt der 1992er-Jahrgang als besonders stark, womöglich steht er sogar jenem von 1989 in nichts nach, aus dem Spieler wie Timo Gebhart oder die Bender-Zwillinge hervorgingen. Auch der 1993er-Jahrgang erfüllt die Erwartungen. Nur werden die Spieler nicht mehr so schnell in die erste Mannschaft hoch geholt. Gerade Mittelfeldspieler wie Kevin Volland kommen überall zum Einsatz, in der zweiten Bundesliga wie in der A-Jugend. So bleiben die jungen Spieler länger zusammen, sie sind durch blindes Verständnis für den Gegner taktisch weniger berechenbar. "Interessant wird es bei Talenten ja erst, wenn man sieht, wie sie auf Rückschritte reagieren", sagt U23-Trainer Bernhard Winkler.

Er ist der Meinung, sein aktueller Kader enthalte keine herausragenden Spieler, sondern sei auf hohem Niveau sehr ausgeglichen: "Da machen die Spieler Nummer 17 und 18 auch ständig Druck, kein Stammspieler kann sich ausruhen." Jeder Einzelne habe begriffen, dass der Weg zur Profimannschaft nur über die U23 führe. Diesen Freitag trifft die U23 des TSV auf den SC Freiburg II (18 Uhr, Grünwalder Stadion) - die nächste Gelegenheit, sich zu empfehlen.

Gute Jahrgänge sind immer auch teure Jahrgänge. Der Verkauf eigener Jugendspieler hat dem Verein nicht nur einmal finanziell aus der Patsche geholfen. "Mit all den Weggängen würden wir jetzt wohl in der ersten Bundesliga spielen", sagt selbst 1860-Sportdirektor Miroslav Stevic.

© SZ vom 29.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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