Tischtennis:Mit neuem Zug zum alten Ergebnis

Lesezeit: 4 min

Trotz besserer Aufstellung und guter Form von Florian Schreiner steht der FC Bayern München in der dritten Tischtennis-Bundesliga wieder mal nur am Tabellenende.

Von Andreas Liebmann, München

Auf Florian Schreiner müsste das vergangene Wochenende irgendwie seltsam gewirkt haben. Bei den deutschen Tischtennismeisterschaften in Berlin traf Timo Boll, die Nummer eins der Welt, im Finale überraschend auf den Jungprofi Kilian Ort. Zwei Runden zuvor wäre der Favorit Boll beinahe an Dang Qiu gescheitert. Schreiner kennt beide gut. Ort und Qiu sind 21, er hat mit beiden im Jugend-Nationalteam gespielt. Heute ist Ort Erstligaprofi in Bad Königshofen, Qiu in Grünwettersbach. Florian Schreiner ist: Student. Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre in München.

Die Lebenswege der drei haben sich getrennt. Schreiner entschied sich vor einem Jahr gegen die Tischtenniskarriere. Nicht ganz freiwillig, sondern wegen eines Hüftschadens, mit dem ihm ein Leben als Berufssportler zu riskant erschien. Er hat die Meisterschaft in Berlin kaum verfolgt, hat nachträglich nur ein paar Videos angesehen. Aber nicht etwa, weil es sich seltsam angefühlt hätte, das tat es nämlich nicht. "Ich gönne es den Jungs total", versichert Schreiner, "ich habe mit allen noch Kontakt." Wehmut sei da keine. Er freue sich für die Weggefährten. Aber er sei auch mit der eigenen Entscheidung sehr glücklich.

Für den FC Bayern München bedeutete Schreiners Karriereende damals eine Hoffnung - darauf, nach drei Jahren Abstiegsangst endlich mal eine sorglose Saison in der dritten Bundesliga Süd zu verbringen. Denn gleich nach der Auflösung seines Profivertrags in Bergneustadt hatte Schreiner den Bayern sein Kommen für die nächste Saison zugesagt. Für ihn war es der perfekte Verein, um in München neben seinem Studium Tischtennis zu spielen, als Hobby sozusagen. Und für die Bayern war klar: Ein Kader, in dem die einzige Änderung darin bestand, den in die Jahre gekommenen Csaba Szappanos (mit einer Saisonbilanz von 8:21) gegen einen 22-Jährigen auszutauschen, der mal als einer der begabtesten Nachwuchsspieler Europas galt, sollte wohl besser abschneiden als bisher.

Inzwischen sind 13 von 18 Saisonspielen absolviert. Und der FC Bayern? Steht wieder auf dem letzten Tabellenplatz.

"Wir sind nicht in der Lage, Ausländer zu bezahlen. Das ist auch nicht unsere Strategie. Und das wollen auch unsere Zuschauer nicht."

"Ich bin schon ein bisschen enttäuscht, dass es so dumm gelaufen ist", sagt Abteilungsleiter Rudi Kahler. An Schreiner lag es nicht, "mit seinen Ergebnissen bin ich sehr zufrieden", lobt Kahler, "er hat immer noch eine sehr professionelle Einstellung." Zwar war er gleich mit zwei Einzelniederlagen in die Runde gestartet, die verdeutlichten, dass das Niveau der dritten Liga hoch ist, doch inzwischen steht die neue Nummer eins bei 13:10 Siegen. Auch in dieser Liga, muss man wissen, beschäftigen die meisten Klubs Berufsspieler auf den vorderen Positionen. Schreiner etwa unterlag zweimal Weinheims Kroaten Filip Cipin, einst sein Zweitliga-Kamerad beim TuS Fürstenfeldbruck. Cipin dürfte fast so viel Zeit in der Halle verbringen wie Schreiner in Hörsälen. "Filip war zweimal besser, er kennt meine Tricks", sagt Schreiner. "Aber es war ein schönes Wiedersehen." Überhaupt versuche er seine Matches zu genießen, er spüre weniger Druck als früher, "keine Nervosität, ich habe einfach Spaß".

Zumindest ist es ein sanfterer Druck. Denn "dumm" läuft ja, dass der Rest schwächelt. Der Chirurg Michael Plattner konnte kaum trainieren, weil er beruflich für ein Jahr nach Regensburg ging. 4:16 lautet seine aktuelle Bilanz - mit der aus dem Vorjahr, 15:17 Siege auf Position eins, ist das kaum vergleichbar. Ähnlich Florian Kaindl auf Rang vier: Aus einem 10:12 ist ein 2:13 geworden. "Er hat jetzt Familie", erklärt Kahler, er werde den Verein im Sommer verlassen. Kapitän Julian Diemer, im Vorjahr mit 11:10 Siegen, aktuell 6:11, hat ebenfalls nachgelassen. Wobei: Eigentlich, sagt Diemer, sei vielmehr die Liga deutlich stärker geworden. "Auch ich muss damit klarkommen, dass ich da einfach oft an meine Grenzen gerate."

Zu allem Überfluss, erzählt Kahler, habe die Konkurrenz bisweilen seltsame Ergebnisse zu ihren Ungunsten abgeliefert. Und Daniel Rinderer, die Nachwuchshoffnung des Vereins, habe viel lieber das Oberligateam an die Tabellenspitze geführt, als in der ersten Mannschaft anzutreten. Kahler hat in der Vergangenheit oft betont, dass ein Abstieg der ersten Mannschaft kein Weltuntergang wäre. "Wir sind nicht in der Lage, Ausländer zu bezahlen", sagt er, "das ist auch nicht unsere Strategie. Das wollen auch unsere Zuschauer nicht."

Man darf sich vom großen Vereinsnamen nicht täuschen lassen. Zwar tragen auch die Tischtennisspieler die neueste Klubkleidung, und zu Auswärtsspielen rücken sie auch mal in der Bezirksliga im vereinseigenen Kleinbus mit Bayernwappen an. Doch der Hauptverein investiert nicht in den Erfolg der kleinen Nebenabteilung, die gar nicht in echte Profiregionen vorstoßen soll. Oder besser: Er investiert nicht in Profis. Die vor einiger Zeit gegründete Jugendakademie wird dagegen erheblich gefördert. Sie läuft gut, die A-Schüler sind gerade bayerische Mannschaftsmeister geworden, vor dem Erstliga-Nachwuchs des TSV Bad Königshofen. Wie ernst es den Münchnern hier ist, sieht man selbst bei kleinen Bezirksturnieren. Da werden die Jugendlichen von einem ganzen Betreuerstab begleitet, angeführt von der neunmaligen Europameisterin Csilla Batorfi.

Und dann haben sie eben Daniel Rinderer im Verein, einen 16-jährigen Jugendnationalspieler, der aus Ruhmannsfelden nach München zog, um am Stützpunkt zu trainieren, bei der siebenmaligen Europameisterin Krisztina Toth. Nächste Saison soll Rinderer fest in der ersten Mannschaft spielen, bekräftigt Kahler, und auch in den wichtigen nächsten Spielen soll er regelmäßig eingesetzt werden. Das ist der Grund, wieso es Abteilungsleiter Kahler eben doch wichtig ist, dass die dritte Liga gehalten wird. "Wir müssen die Perspektiven schaffen für unsere Jugendspieler."

In den Vorjahren kam den Münchnern meist zu Hilfe, dass trotz zweier Abstiegsplätze nur ein Team nach unten musste. Auch diesmal deutet sich an, dass der vorletzte Rang reichen könnte. Der FC Bayern hat nun vier Heimspiele in Serie, angefangen an diesem Samstag (18 Uhr) gegen den Drittletzten Effeltrich. Die Halle an der Grafinger Straße wird voll werden, die Gäste haben in der Tabelle drei Punkte Vorsprung. "Wenn wir verlieren, war es das", fürchtet Kapitän Diemer. Schreiner sagt: "Ich hoffe, dass wir jetzt jeder Mannschaft einen Kampf bieten können." Er sei zuversichtlich. Er wolle weiter seiner Rolle als Führungsspieler gerecht werden. Nächstes Jahr werde alles besser, glaubt er, nun gehe es darum, "sich irgendwie noch einmal über Wasser zu halten". Und trotzdem Spaß zu haben.

© SZ vom 10.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: