Tischtennis:Kurz vor der Serienreife

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Konzentration auf die Basics: Alina Nikitchanka behält am Samstag in zwei Krimis die Nerven. (Foto: Joaquim Ferreira/imago images/HMB-Media)

Die Erstligisten Schwabhausen und Bingen trennen sich nach kuriosen Spielverläufen unentschieden.

Von Andreas Liebmann, Schwabhausen

Wäre es ein Wettbewerb im Wettbewerb gewesen, Laura Tiefenbrunner hätte ihn gewonnen. Neun Punkte am Stück gelangen der 17-Jährigen vom Tischtennis-Erstligisten TSV Schwabhausen am Samstag in ihrem zweiten Einzel. Eine solche Serie ist an sich schon eine beachtliche Leistung, viel erstaunlicher noch war sie angesichts ihrer Gegnerin. Denn die Italienerin Giorgia Piccolin wird in der Weltrangliste auf Position 113 geführt, sie stand auch schon deutlich unter den Top 100. Den Gästen von der TTG Bingen ist es damit in dieser Saison gelungen, ihre laut Weltrangliste Beste auf Position vier aufzustellen. "Da liegt eine ihrer Stärken", sagt Schwabhausens Trainer Alexander Yahmed über die Gegner: "Wenn sie da jemand breakt, hat er gute Chancen." Und Tiefenbrunner hatte einen Lauf: Sie gewann diesen zweiten Satz ihres zweiten Einzels mit 11:3. Zur Einordnung: Die Jugendnationalspielerin Tiefenbrunner ist in der Weltrangliste überhaupt noch nicht erfasst.

Der Jubel in der Halle wurde frenetisch, ein Sieg schien greifbar. Ohnehin war die Stimmung im zweiten Heimspiel seit dem Aufstieg erstaunlich, "die Leute waren laut, sind mitgegangen, hatten Spaß", stellte Yahmed fest. Nur gab es natürlich keinen Extrawettbewerb um die längste Punktserie, es ging einzig um Siege und Niederlagen zwischen den punktgleichen Tabellennachbarn. Auch nach der Partie waren die beiden Teams weiterhin punktgleich, weil sich je fünf Siege und fünf Niederlagen zu einem gerechten Remis addiert hatten.

Tiefenbrunner hatte gegen die 23-jährige Piccolin zwar die längste Serie von Punkten hinbekommen, aber letztlich eine nutzlose - denn sie unterlag im finalen Einzel 8:11, 11:3, 7:11, 10:12. "Sie muss lernen, dass man in dieser Spielklasse nicht einfach nur Tischtennis spielen kann", sagte Yahmed, ohne unzufrieden mit dem Teenager zu sein. Denn natürlich sei die Gegnerin viel besser gewesen. Doch Tiefenbrunner hätte eben ihre Chance gehabt, wenn sie sich nur auf Dauer an die vereinbarte Taktik gegen die Favoritin gehalten hätte. Doch das gelang ihr nicht, gerade im ersten Satz verlor sie den Faden, als sie eine 7:3-Führung vergab und Piccolin ihrerseits eine Serie von 4:8 auf 11:8 hinlegte. Im dritten Durchgang bewarb sich die Italienerin dann neuerlich um den inoffiziellen Titel der Serienmeisterin, doch auch mit ihrem Zwischenspurt von 1:4 auf 9:4 kam sie nur auf acht aufeinander folgende Punkte.

Anwärter für diese imaginäre Sonderwertung hätte es am Samstag jedenfalls reichlich gegeben, es war eine Partie mit vielen Wendungen. Schon im Doppel mit Alina Nikitchanka hatte Tiefenbrunner eine verhängnisvolle Phase erlebt, in der beim Stand von 1:1 in Sätzen aus einer 6:1-Führung ein 7:11 wurde. Trainer Yahmed war sehr zufrieden mit dem Remis gegen die TTG Bingen, die in Bestbesetzung angereist war. Doch im Nachhinein war dieser unnötige Satzverlust, der zur 1:3-Niederlage führte (das andere Doppel hatte gewonnen) "eine der Schnittstellen", wie Yahmed sagte, an denen für seine Mannschaft in der Endabrechnung durchaus ein Heimsieg möglich gewesen wäre.

Die andere entscheidende Situation folgte bereits im ersten Einzel, in dem Schwabhausens Nationalspielerin Sabine Winter auf die ehemalige Schwabhauserin Chantal Mantz traf. Vor vier Jahren spielte Mantz eine Saison lang beim TSV - Winter, die sie damals als ihr Vorbild nannte, war da bereits für Kolbermoor aktiv. Als Mantz sich dann zum Wechsel nach Berlin entschloss, zog sich der Klub aus dem Landkreis Dachau damals in die zweite Liga zurück. Nun also standen sich Winter und Mantz in Schwabhausen in einem Erstliga-Duell gegenüber. Die 23-jährige Mantz, die Nummer 211 der Welt, die noch nie in den Top 100 stand, führte 2:1 in Sätzen, Winter aber war beim Stand von 8:1 und 9:2 im vierten Durchgang kurz vor dem Ausgleich - als, man ahnt es, auch Mantz sich um den Titel der Serienmeisterin bewarb. Sie drehte Satz und Partie zum 12:10 (wobei Winter ihre Serie nach sieben Punkten kurz unterbrach). "Chanti hat einfach überragend gut gespielt", sagte Yahmed.

Winter wie auch Mateja Jeger unterlagen Mantz, setzten sich aber gegen Bingens 17-jährige Nummer eins Amy Wang durch - für Jeger war es der erste Sieg im vorderen Paarkreuz. Überragend bei den Gastgebern spielte die Abwehrspezialistin Alina Nikitchanka. Gegen Piccolin (das Break!) und Yuan Wan behielt sie jeweils in fünf Sätzen die Nerven - und jeweils mit 14:12 das bessere Ende für sich. Im ersten Einzel wehrte die Weißrussin einen, im zweiten drei Matchbälle ab.

Eine Woche lang habe er mit ihr intensiv an "Basics" gearbeitet", sagte Yahmed zufrieden. Viel stabiler sei sie nun gewesen. Im Sommer habe man Nikitchanka, die am Tisch oft etwas ungestüm wirkt, finanziell nicht das bieten können, was sie wollte, dennoch hatte sich die 22-Jährige zum Bleiben entschieden. "Jeder mag sie, sie gehört hierher", findet Yahmed. Und diesmal war Nikitchanka entscheidend für den Punktgewinn. Ach ja, auch wenn es diese Sonderwertung wirklich nicht gab: Gegen Piccolin gelangen ihr einmal sieben Punkte in Serie, einmal acht.

© SZ vom 19.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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