Tischtennis:Die 66-Prozent-Chance

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Klassenerhalt via Live-Ticker: Der FC Bayern München muss tatenlos zusehen, wie sich in Baden-Württemberg drei Mannschaften in einer Relegationsrunde schlagen. Abends um halb zehn weiß er: Er bleibt in der 3. Liga.

Von Andreas Liebmann, München

Die Chancen standen nicht schlecht, 2:1, 66 Prozent. Ein gutes Gefühl hatte Julian Diemer trotzdem nicht, schon allein weil sein Team am Ostermontag zum Zuschauen verdammt war. Oder besser: Zum Lesen des Live-Tickers aus Frickenhausen, einer Gemeinde im baden-württembergischen Esslingen, in der lange Jahre ein Tischtennis-Erstligist beheimatet war. Der TTC Frickenhausen, zweimal deutscher Meister, kämpfte am vergangenen Montagabend als Gastgeber einer Dreier-Relegation gegen seinen Abstieg aus der zweiten Bundesliga, womit indirekt auch das sportliche Schicksal des FC Bayern München verknüpft war. Denn der hatte seine Saison in der dritten Bundesliga Süd auf dem vorletzten Platz beendet. Ob das den Abstieg bedeuten würde, entschieden nun drei andere Klubs gut 200 Kilometer westlich von München.

Um 10 Uhr morgens begann dort die erste Partie, am Abend um 21.25 Uhr wusste Teamkapitän Diemer, dass sein FC Bayern drittklassig bleibt. "Ich habe den ganzen Tag immer wieder auf den Ticker geschaut und ganz schön gezittert", berichtete Diemer, "man kann da ja jeden Punkt verfolgen." Ein 5:5 zwischen Frickenhausen und der NSU Neckarsulm, dem Zweitplatzierten der dritten Liga Süd, bekam er mit, danach einen 6:3-Erfolg des Nord-Zweiten TuS Celle gegen Neckarsulm. Das war schlecht für die Bayern, denn sie wussten: Setzt sich eines der beiden Süd-Teams durch, bedeutet das ihren Klassenerhalt; gewinnt Celle, "sind wir weg". Im letzten Spiel setzte sich Frickenhausen dann 6:2 gegen Celle durch, viel knapper allerdings, als es das Ergebnis suggerierte. Frickenhausens Tobias Rasmussen hatte im fünften Satz gegen Tobias Hippler beim Stand von 8:10 zwei Matchbälle gegen sich, gewann vier Punkte in Serie zum 12:10 und damit zum Mannschaftssieg. Ansonsten hätte es 5:4 gestanden (das nächste Einzel war bereits beendet) - und ein Unentschieden hätte den Münchnern nicht gereicht.

Schon in den drei Jahren zuvor hat sich der FC Bayern nur mit viel Glück in der Liga gehalten. Dennoch hätte Diemer einen Abstieg diesmal als "besonders bitter" betrachtet. Denn zur neuen Saison wird der ehemalige Fürstenfeldbrucker Florian Schreiner kommen, der seine junge Profikarriere wegen eines Hüftschadens beendet hat und in München studieren will. "Ansonsten hätte ich gesagt, ein Abstieg ist okay", sagte Diemer, "aber so hätten wir jetzt erstmals eine schlagkräftige Drittliga-Mannschaft." Nach langer Verletzungspause war Schreiner beim Erstligisten TTC Schwalbe Bergneustadt in der Rückrunde nur in der zweiten Mannschaft eingesetzt worden, wo er an Position eins 10:4 Einzel gewann - in der dritten Liga Nord. "Man sieht, wie viel Potenzial er hat", sagt Diemer über den 21-Jährigen.

Auch die zweite Mannschaft des FC Bayern wird Zuwachs bekommen, gleich drei Akteure vom Regionalligisten Regenstauf: Uwe Liebchen, Sebastian Deutsch und Thomas Synkule, die alle bereits in München leben. Der FCB II spielt eine Liga tiefer in der Oberliga, die Neuen sind also klare Verstärkungen. Das Problem: Auch dieses Team ist ausgerechnet jetzt abstiegsbedroht, einen Spieltag vor Schluss ist absehbar, dass wohl auch hier die Relegation entscheiden wird. Diese immerhin müssten sie nicht am Liveticker verfolgen. Sie müssten selbst gewinnen.

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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