Tischtennis:Aufsteigen oder nicht, das ist die Frage

Lesezeit: 3 min

Neue Nummer zwei in Schwabhausen: Jugendnationalspielerin Laura Tiefenbrunner, 16. (Foto: Niels P. Joergensen)

Während Schwabhausens Tischtennis-Frauen wieder die zweite Bundesliga anführen, will Nachbar Fürstenfeldbruck dort eigentlich noch gar nicht hin.

Von Andreas Liebmann, Schwabhausen

Alexander Yahmed hatte keine Zeitungen gelesen, und das war ein Fehler. So hatte der Tischtennistrainer des TSV Schwabhausen nämlich nicht mitbekommen, dass sich ein paar Kilometer weiter die Frauen des TuS Fürstenfeldbruck im Sommer gewaltig verstärkt hatten. "Ich hätte erwartet, dass die einfach weitermachen wie letztes Jahr", gestand er. Deshalb sei er im Nachhinein "heilfroh" gewesen, dass er eher durch Zufall nicht die allerbeste Aufstellung geschickt hatte zum Drittliga-Auftaktspiel vor drei Wochen, das Schwabhausens zweite Mannschaft just zum Nachbarn geführt hatte. Denn dann wäre es wohl richtig eng geworden. So gewannen die Fürstenfeldbruckerinnen zu Yahmeds Verblüffung mit 6:1.

Alexander Yahmed geht nun davon aus, dass Fürstenfeldbruck den Aufstieg plant, das sei eine "Bombenmannschaft", findet er und macht keinerlei Hehl daraus, dass er nicht das geringste Interesse daran hätte, den TuS auf diesem Weg zum Stolpern zu bringen. Im Gegenteil, er würde sich darüber freuen, im nächsten Jahr eine Etage höher, in der zweiten Bundesliga, vielleicht ein Derby vor der Haustür zu haben.

Man darf das jetzt nicht missverstehen: Yahmed hätte selbst mit etwas mehr Vorwissen sicher nicht die schlechteste Aufstellung nach Fürstenfeldbruck geschickt. Er war nur froh, nicht versehentlich alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, die ihm sein neuer Kader für die zweite Mannschaft bietet. Denn das wird er wohl auch im weiteren Saisonverlauf selten schaffen, und vielleicht hätte es die Fürstenfeldbrucker dann doch etwas irritiert, wenn ausgerechnet ihr Nachbar sie unter Aufbietung aller Kräfte am Aufstieg hindern wollte.

Schwabhausens Reserve kann nämlich zurzeit Sarah Mantz, Christina Feierabend und Eva-Maria Maier gleichzeitig einsetzen. Jugendnationalspielerin Mantz, 18, war zuletzt Nummer zwei der ersten Mannschaft, Feierabend, 32, und Maier, 22, zählten hier vor nicht allzu langer Zeit zum Erstliga-Personal. Da fällt es kaum auf, dass in Natalia Mozler ein ehemals hoch eingeschätztes Talent das Team verlassen hat, zum Ligarivalen Bietigheim-Bissingen. In dieser Top-Aufstellung wäre auch Schwabhausen II ein klarer Kandidat für den Aufstieg, doch de facto sind mindestens Mantz und Feierabend fest für die erste Mannschaft eingeplant. Gegen Fürstenfeldbruck war es Sarah Mantz, die der Trainer lieber für die zweite Liga schonte.

Dort ist Schwabhausen vor drei Wochen mit Mantz, Feierabend und einem recht humorlosen 6:1-Auswärtssieg in Neckarsulm in die Saison gestartet; und nun, an diesem Samstag, legte die Mannschaft im ersten Heimspiel mit einem 6:0 gegen den ATSV Saarbrücken nach. Sie ist also mal wieder der Favorit auf den Meistertitel. Trotzdem wissen die Verantwortlichen einmal mehr nicht, ob sie in diesem Jahr die Rückkehr in die erste Liga ernsthaft in Erwägung ziehen sollen oder nicht. Vor zwei Jahren hatte sich der TSV freiwillig in die zweite Liga zurückgezogen und dann einmal als Meister und einmal als Zweiter, jeweils nach langer Bedenkzeit, auf den Wiederaufstieg verzichtet. "Unser Ziel ist es, dass wir diesmal bis Dezember intern wissen, wohin wir wollen", sagt Yahmed nun vage.

Dass seine Reserve auf dem Papier so stark daherkommt, hat seine Ursachen im ersten Team. Zum einen steht die chinesische Abwehrspielerin Yang Ting nur noch pro forma auf Position eins der Schwabhauser Rangliste, tatsächlich steht sie kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes. Und zum anderen stieß im Sommer die Jugendnationalspielerin Laura Tiefenbrunner neu zum Klub. Die 16-Jährige kommt vom SV DJK Kolbermoor. Yahmed schätzt sie ähnlich stark ein wie Mantz, er hat sie in der Rangliste zwischen der Kroatin Mateja Jeger und der Weißrussin Alina Nikitchanka aufgestellt. Nun ist der Trainer eigentlich in der Lage, selbst Verblüffung auszulösen bei den Gegnern. Zum Auftakt in Neckarsulm zum Beispiel hatte er aus taktischen Gründen auf Tiefenbrunner verzichtet, die Abwehrspielerin Nikitchanka rutschte auf Position zwei vor und bezwang die gegnerische Spitzenspielerin 3:0. Gegen Saarbrücken verzichtete er nun ebenso überraschend auf die Weißrussin, während Tiefenbrunner als Nummer zwei überzeugte.

Schwabhausens zweite Mannschaft bezwang am Samstag übrigens Chemnitz II 6:0 - erstmals in Bestbesetzung. Mantz und Feierabend machten Doppelschichten. Und Fürstenfeldbruck? Tat sich viel schwerer gegen denselben Gegner: 3:6 hieß es am Ende. Die neue Nummer eins des TuS, Katerina Tomanovska, ist tschechische Nationalspielerin, 22 Jahre jung, gegen Chemnitz aber verlor sie erstmals. Und die neue Nummer zwei, Rahel Aschwanden, ist 24, zweitbeste Schweizerin, fehlte aber am Sonntag. Das werde studienbedingt öfter der Fall sein, erklärt Abteilungsleiter Rudi Lutzenberger, auch deshalb hätten sie gar keinen Aufstieg im Sinn. In Bestbesetzung seien sie nun zwar stark, aber für ihre jungen Talente käme die zweite Liga wohl zu früh. Er nennt einen anderen Grund für die Verpflichtungen: "Wir hatten Angst, dass wir sonst absteigen."

© SZ vom 01.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: