Tennis:Zuckerl für den Zusammenhalt

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Spitzenspielerin: Dia Evtimova, bulgarische Nummer eins beim TCL, soll ebenso bleiben wie die Österreicherin Julia Grabher und Ana Jovanovic. (Foto: Claus Schunk)

Zickenfrei und Spaß dabei: Zweitligist Luitpoldpark erlebt eine so komplikationsfreie Saison wie lange nicht mehr. Ein Jahr nach dem geschenkten Klassenerhalt bestand die größte Gefahr darin, in die Bundesliga aufzusteigen

Von Matthias Schmid, München

Was sich in dem Pokal gleich neben der Theke im Klubhaus befindet, hat sich mittlerweile in Spielerinnenkreisen herumgesprochen. Auch Julia Grabher greift beherzt zu, bevor sie sich zu ihrem Doppel aufmacht. In der Trophäe liegen Süßigkeiten, kleine Schokoriegel, echte Nervennahrung halt für Sportlerinnen wie Grabher. Dabei hatte die 18-jährige Österreicherin des Tennis-Zweitligisten Grün-Weiß Luitpoldpark am Samstagnachmittag das Zuckerl nach ihrem Zweisatzsieg gar nicht nötig, schon nach den Einzeln und einer 6:0-Führung hatte der Sieg gegen TGS Bieber Offenbach festgestanden. Der Griff in den Pokal war eher eine Belohnung für das erfolgreiche Tagwerk.

Die Münchnerinnen um die bulgarische Spitzenspielerin Dia Evtimova gewannen gegen die Hessinnen am Ende 7:2, für Luitpoldpark war es bereits der dritte Sieg im vierten Spiel in einer nach dem Rückzug von Amberg verkürzten Saison; nur noch eine Partie am 14. Juni beim TEC Waldau Stuttgart steht auf dem Programm. "Hätten uns jemand vor der Saison gesagt, dass wir vor dem letzten Spieltag auf dem zweiten Platz stehen, hätte ich das nicht geglaubt", sagt TCL-Präsident Jochen Laaß.

Der 76-Jährige ist entspannt wie lange nicht mehr. Mit seinem Strohhut auf dem Kopf, seinem Hemd und der kurzen Hose sah er aus, als würde er gleich losgehen zum Strand um die Ecke. Doch einen Badesee sucht man im Schwabinger Luitpoldpark vergeblich. Laaß hatte prächtige Laune: "Ich habe noch nie eine so gute Harmonie in einer Mannschaft erlebt wie in dieser. Es gibt überhaupt kein Zickengehabe, jede gönnt der anderen den Sieg und feuert sie ehrlich an." In der vergangenen Saison war der Zusammenhalt weit weniger ausgeprägt, das fehlende Miteinander war mit ein Grund dafür, dass der Klub den Abstieg aus der zweithöchsten deutschen Klasse trotz zweier Siege auf sportlichem Wege nicht verhindern konnte. Erst der Rückzug des deutschen Meisters Bocholt brachte die Münchnerinnen zurück in die Liga, die sie als die richtige für sich erachten, weil sich Kosten und Ertrag im Gleichgewicht halten und trotzdem hochklassiges Tennis geboten wird. "Für uns ist es immer eine gute Saison, wenn wir diese Liga im Mittelfeld abschließen", sagt Laaß.

In dieser Spielzeit hätten sie nun sogar fast noch die Chance gehabt, am letzten Spieltag um den Aufstieg wetteifern zu können. Theoretisch zumindest. Doch nach dem 9:0 des Tabellenführers Stuttgart am Sonntag in Lorsch sind jetzt auch die verrücktesten mathematischen Szenarien hinfällig. Die Meisterschaft und der damit verbundene Aufstieg in die erste Liga war für München allerdings nie ein Ansporn, sondern eher ein Schreckgespenst. "Das können wir uns gar nicht leisten, weil sich in einer Großstadt dafür kaum Sponsoren finden und begeistern lassen", sagt Teammanagerin Hildegard Jonasz. Der Klub wird deshalb zum letzten Spiel nach Stuttgart auch nicht mehr seine beste Formation schicken, Evtimova wird zum Beispiel fehlen. Viel wichtiger nämlich als ein versöhnlicher Zweitligaabschluss ist den Vereinsverantwortlichen der Klassenverbleib der zweiten Mannschaft in der Regionalliga. Seit Jahren profitiert der TC Luitpoldpark von seiner exzellenten Nachwuchsarbeit, die es in dieser Saison ermöglichte, mit fast ausschließlich jungen deutschen Spielerinnen in der dritthöchsten Liga anzutreten. Noch hat die Mannschaft kein Spiel gewonnen, "aber wir wollen mit guten Aufstellungen und Verstärkungen aus der Ersten versuchen, noch den Klassenverbleib zu schaffen", sagt Laaß.

Aus diesem Grund hatte an diesem Wochenende Verena Gantschnig auch eine Doppelschicht zu bewältigen. Die 22-Jährige feierte am Samstag an Position sechs ihr Debüt in der zweiten Liga und spielte am Tag darauf beim TC Schießgraben Augsburg in der Regionalliga. An Position zwei verlor die 22-Jährige dort allerdings ihr Einzel. "Es war trotzdem ein gutes Wochenende für mich, weil ich mal in die Bundesliga reinschnuppern durfte", sagte Gantschnig, die mit neun Jahren bayerische Meisterin im Eiskunstlauf war.

Wie Julia Grabher steckt sie in diesen Tagen noch in den Prüfungen zum Abitur. Der Griff zum Pokal mit dem süßen Inhalt brachte Grabher fürs Doppel den gewünschten Energieschub. Gemeinsam mit Julia Thiem gewann sie klar in zwei Sätzen. Auch in der nächsten Saison sollen Grabher und die beiden Zugänge Evtimova und Ana Jovanovic für den TC Luitpoldpark aufschlagen. Die Klubmacher wollen die harmonierende Erfolgsmannschaft zusammenhalten. "Wir haben den Spielerinnen schon signalisiert, dass wir auch im nächsten Jahr mit ihnen planen", sagt Hildegard Jonasz. Auch der Pokal wird dann wieder mit kleinen Leckereien gefüllt sein. Sie müssen nur aufpassen, dass die Zuschauer nichts davon mitbekommen.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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