Tennis:Ziemlich beste Kumpels

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Marcel Zimmermann und Hannes Wagner spielen gemeinsam beim TC Großhesselohe und pflegen ein ganz besonderes Verhältnis zueinander

Von Matthias Schmid, München

Das Essen holt sich jeder noch selbst. Es gibt keine Absprachen, dass einer dem anderen die Pasta auf den Teller lädt. Es würde aber niemanden verwundern beim TC Großhesselohe, wenn sich Marcel Zimmermann und Hannes Wagner auch da noch gegenseitig unterstützen würden. Beim ersten Saisonspiel in der zweiten Tennis-Bundesliga beim MTTC Iphitos saßen die beiden zuletzt nach getanem Tagwerk vor ihren großen Mahlzeiten im Klubhaus am Aumeister und schauten das Wimbledon-Endspiel zwischen Novak Djokovic und Roger Federer an.

Während Zimmermann hin und wieder lächelte, schaute Wagner ein wenig grimmig drein, fast so, als hätte er kurz davor, als er seine Tasche zum Auto brachte, noch ein Knöllchen vom Scheibenwischer nehmen müssen. Doch seine Betrübtheit hatte einen anderen Grund, der 19 Jahre alte Wagner verlor beim überzeugenden 8:1-Sieg zum Saisonauftakt als einziger sein Einzel. Auch der anschließende Sieg im Doppel hatte seine Laune nicht aufhellen können - natürlich hat er gemeinsam mit Zimmermann gespielt.

Marcel Zimmermann spielt beim TC Großhesselohe und tinglt gemeinsam um den Globus. (Foto: Claus Schunk)

Die beiden sind viel mehr als nur Teamkollegen, sie sind Freunde, fast wie Geschwister. "Wir pflegen ein besonderes Verhältnis miteinander", sagt Zimmermann. Der gebürtige Allgäuer, 30, könnte durchaus als großer Bruder von Wagner durchgehen, der an der Tennisbase in Oberhaching trainiert. Sie spielen nicht nur für Großhesselohe, sie sind auch schon gemeinsam um den Globus gereist. Und Zimmermann hat all das schon erlebt, was Wagner noch bevorsteht: eine Karriere als professioneller Tennisspieler. "Ich hatte am Anfang schon Bedenken, ob das mit uns funktioniert", erzählt Zimmermann. Im vergangenen Jahr hatte er als Reisecoach Wagner und andere Hochbegabte des Bayerischen Tennis-Verbandes (BTV) zu Weltranglistenturnieren nach Griechenland begleitet. Zimmermann hielt es für ein kleines Wagnis, er fragte sich, ob er über genügend Autorität verfügen würde, Wagner auf die Spiele vorzubereiten. Würde er ihn womöglich nicht ernst nehmen, weil sie während der Verbandsrunde im Klub viel Quatsch machen? Seine Befürchtungen sollten sich nicht bestätigen, im Gegenteil. "Ich bin froh, wenn Marcel mir mit seiner großen Erfahrung Tipps gibt", sagt Wagner. Er hört ihm aufmerksam zu, weil er weiß, dass es Zimmermann als ehemaliger Tourspieler ein großes Anliegen ist, ihn bei seinem Berufseinstieg zu unterstützen. Der Beginn von Wagners Karriere im vergangenen Jahr ist nicht nach Wunsch verlaufen: Eine Knieverletzung hatte ihn ein halbes Jahr vom Sport ferngehalten. Inzwischen kann er wieder schmerzfrei spielen und trainieren. Noch fehlt ihm aber die Sicherheit in Kopf und Beinen, damit seine Qualität auch in den Ergebnissen auf der Tour zu erkennen wäre. "Ich habe noch während den Matches zu viel Aufs und Abs", sagt Wagner. Zimmermann will ihm dabei helfen, dass seine Schläge häufiger im Feld landen als im Netz oder im Aus.

Doch ob er ihn nach der Zweitligarunde im August wieder zu ein paar Turnieren begleiten wird, steht noch nicht fest. Zimmermann betreibt in Bad Wörishofen mit einem Freund eine gut laufende Tennisschule. Nur wenn dort in den Ferien der Betrieb ruht, kann er auf Honorarbasis für den BTV arbeiten. "Die Absprache mit dem Verband funktioniert super", sagt Zimmermann. Er hat Gefallen daran gefunden, mit jüngeren Spielern wie Wagner auf Zeit um den Globus zu tingeln. Er hätte sich früher gerne so eine Unterstützung gewünscht, bis auf Rang 299 in der Weltrangliste hat er sich vorspielen können. Doch der Traum von den besten 100 Spielern blieb ihm verwehrt. Wagner soll in diese Dimension in jedem Fall einmal vordringen. Deshalb sind die Spiele in der zweiten Liga auch so wichtig. "Hier kann ich mir Selbstvertrauen holen für die Tour", sagt der Münchner. Die nächste Gelegenheit bekommt er an diesem Freitag von 13 Uhr an im ersten Heimspiel gegen den TC BW Dresden-Blasewitz. Auch Zimmermann wird mitspielen, er ist an den hinteren Positionen ein sicherer Garant für Siege.

Hannes Wagner spielt ebenfalls beim TC Großhesselohe. (Foto: Claus Schunk)

Obwohl er nur noch einmal die Woche Zeit findet, um selbst an seinen Schlägen zu feilen, kann er mit den jüngeren Spielern wie Wagner oder Kevin Krawietz noch immer mithalten, manchmal schlägt er sie sogar. "Da müssen sie sich dann Sprüche anhören", sagt Zimmermann. Wie gut sie sich alle drei verstehen, zeigt auch ihr gemeinsamer Abstecher nach Schweden im vergangenen Winter. Alle drei spielten sie in der schwedischen Liga und gewannen mit Uppsala TC sogar die Meisterschaft. Sie hätten nichts dagegen, wenn sich dieser Erfolg mit dem TCG nun wiederholen ließe.

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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