Tennis:Sternzeichen Stier

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Jeremy Schifris vom MTTC Iphitos hat jüngst die deutsche U16-Meisterschaft gewonnen - als Außenseiter. (Foto: BTV)

Der Unterschleißheimer Jeremy Schifris, 15, gilt als großes Tennis-Talent. Sein Weg ins Profigeschäft scheint vorgezeichnet - auch weil er sein Spiel umgestellt hat und dem spanischen Grand-Slam-Gewinner Rafael Nadal nacheifert.

Von Sebastian Leisgang, Oberhaching

Noch ein Ball. Und noch ein Ball. Und ein letzter noch. Benjamin Benedikter kennt das ja. Drei, vier Stunden würde sein Schützling Jeremy Schifris trainieren, wenn er ihn ließe - so lange, bis die Vorhand sitzt, sagt Benedikter. Und ja, der Jeremy sei schon immer ein Arbeiter gewesen, er sei verrückt nach Tennis. Positiv verrückt natürlich. Dass sich das auszahlt, zeigte das vergangene Wochenende in Friedberg: Schifris errang die bayerische Meisterschaft der U16 dank eines 6:2, 6:2 im Endspiel gegen Jakob Cadonau vom TC Schönbusch Aschaffenburg.

Was sein Coach meint mit dieser Verrücktheit, das merkt man rasch, wenn man sich mit Jeremy Schifris selbst unterhält. Zu Beginn des Gesprächs ist er noch etwas einsilbig. Wie er zum Tennis gekommen sei? "Meine Mutter ist Trainerin bei Iphitos. Sie hat mich mit vier Jahren mitgenommen auf den Platz." Ob es nicht manchmal Überwindung koste, von Montag bis Freitag nach der Schule stets zum Tennisspielen von Unterschleißheim nach Oberhaching ins Leistungszentrum zu pendeln? "Selten." Sein Vorbild? "Rafael Nadal."

Dann taut Schifris etwas auf. "Er ist Linkshänder - wie ich", sagt er über Nadal. Was ihn so an dem 15-maligen Grand-Slam-Sieger fasziniere? Schifris erklärt: "Nadal nagelt seine Gegner an der Rückhand fest und spielt den Ball dann in die Vorhandecke, damit der Gegner nur noch ein bisschen drankommt. Dann kann er den Punkt abschließen."

Schifris, 15, versucht, sich solche Spielzüge von seinem Vorbild einzuprägen. Anschauungsunterricht bei den Besten, das ist keine so schlechte Idee. Schifris zeichnet inzwischen auch eine enorme Akribie aus, diese Willensstärke, die seinem Idol Nadal einst den Spitznamen Stier aus Manacor eingebracht hat.

Dies ist allerdings nur ein Teil der Wahrheit über Nadal. Man kennt sie ja von ihm, diese Zweifel. Jeden Tag treibe ihn die Unsicherheit um, offenbarte der Spanier selbst nach seinem zehnten Triumph jüngst bei den French Open. Auch das eint Schifris mit seinem Vorbild. Der Jeremy, sagt sein Trainer Benedikter, habe ja nie schlecht gespielt. Aber die entscheidenden Bälle, die seien halt meist knapp im Aus gelandet. "Da verlierst du das Vertrauen in dich selbst", weiß Benedikter. Seit einem halben Jahr aber habe sein Schützling gerade beim Spielverständnis gehörig zugelegt. Er spiele die Bälle nun häufiger cross. Cross. Cross. Und noch mal cross. Und dann, Benedikter hält den Atem kurz an und hebt seine Stimme, spiele Schifris den - und darauf legt Benedikter die Betonung - richtigen Ball longline. Der Coach atmet aus. Punkt für Schifris.

Er sei jetzt geduldiger, sagt auch Schifris selbst. Das Gespräch ist nun an einem Punkt angelangt, an dem es um Tennis an sich geht. Längst keine Spur mehr von der anfänglichen Wortkargheit. "In Situationen, in denen es eng ist, spiele ich jetzt anders", verrät er und führt aus: "Angenommen wir sind im dritten Satz, es steht 5:5 und 30:30, ich habe Aufschlag. Dann würde ich kein Vollbrett raushauen, sondern einen sicheren Slice spielen. Schon mit Geschwindigkeit, aber ich würde erst mal in den Ballwechsel gehen."

Benedikter gibt ihm solche Dinge mit auf den Weg. Er trainiert Schifris seit September 2015 in Oberhaching. Anfangs, deutet Benedikter an, habe sein Schützling kopfloser gespielt, das habe er etwa zu Jahresbeginn abgelegt. Womöglich auch durch seinen Vater? Dieser spiele zwar nicht selbst Tennis, erklärt Schifris, begleite ihn aber stets zu den Turnieren. "Er hat eine Ruhe, die mir immer sehr gut tut."

In Ferienzeiten, wenn in Oberhaching kein Training ist, dann übt Schifris mit seiner Mutter auf den Plätzen des MTTC Iphitos. Er spricht jetzt von Arbeit. Oder gar: vom Schleifen. "Den Aufschlag kann man immer besser machen. Volleys auch", erklärt Schifris. Auch wegen dieser Einstellung wagt sein Trainer eine Vorhersage, obwohl er zunächst um Verständnis bittet: Eine seriöse Prognose sei bei einem 15-Jährigen schwierig. Dann aber sagt Benedikter: "Es würde mich stark wundern, wenn Jeremy oben nicht Fuß fassen würde." Oben, damit meint er das Profigeschäft, Schifris' erklärtes Ziel.

© SZ vom 13.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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