Tennis:Spitzensport mit kleinen Schönheitsfehlern

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Kein Grund für lange Gesichter: Der verletzte Florian Mayer, Oliver Marach, Alejandro Davidovich, Kevin Krawietz (von links) und Trainer Max Wimmer (vorne) fiebern im Bundesliga-Heimspiel des TC Großhesselohe gegen Köln mit ihrem Teamkollegen Dennis Novak mit, der sein Einzel schließlich im Matchtiebreak gewann. (Foto: Claus Schunk)

Nach 16 Jahren meldet sich der TC Großhesselohe mit einem 3:3 gegen Köln auf der heimischen Anlage in der Bundesliga zurück. Auch die Niederlage bei Meister Mannheim kann die Freude nicht schmälern.

Von Ralf Tögel, München

War das ein "Sorry, Kevin"? Andreas Mies sagte das zu seinem Doppel-Partner, um sich sofort zu korrigieren: "Äh, sorry, Adam." Mies ist ein Mensch von ausgesuchter Höflichkeit, er entschuldigte sich also bei Adam Pavlasek für einen unnötig verschlagenen Ball. Mit dem Tschechen bildete Mies das Zweier-Doppel des Kölner THC Stadion Rot-Weiss im Bundesligaspiel beim TC Großhesselohe. Weil Mies auch ein Tennisprofi mit außergewöhnlichen Fähigkeiten ist, verschlug er nicht mehr viele Bälle, das Kölner Duo gewann in zwei Sätzen mit 6:4 und 6:3 gegen das österreichische Doppel des Gastgebers Großhesselohe mit Dennis Novak und Oliver Marach, es war vor knapp 400 Zuschauern der 3:3-Ausgleich für die Gäste, ein letztlich gerechtes Endergebnis.

Dass sich Mies im Eifer des Gefechts beim Vornamen seines Partners vergriffen hatte, ist nicht weiter verwunderlich, denn an der Seite von Kevin Krawietz verbringt Mies deutlich mehr Zeit als mit seinem tschechischen Vereinskollegen. Vor ein paar Wochen gewannen Krawietz/Mies noch die French Open, als erstes deutsches Doppel seit 1937 siegten sie bei einem Grand-Slam-Turnier - was die beiden auf einen Schlag in den Fokus der interessierten Öffentlichkeit katapultierte. Dieses Mal aber stand Krawietz etwa 50 Meter Luftlinie weiter auf dem Centercourt der schmucken Anlage in Pullach. Der 27-Jährige spielt in der Bundesliga seit Jahren für Großhesselohe und hatte kurz zuvor sein Doppel mit Matthias Bachinger gewonnen, ebenfalls in zwei Sätzen (6:3, 7:5) gegen Santiago Giraldo und Jan Choinski.

Beim Triumph in Paris noch Seite an Seite, spielen Mies und Krawietz nun gegeneinander

Das direkte Duell der beiden Grand-Slam-Champions wurde indes durch reinen Zufall verhindert, wie Großhesselohes Teammanager Christopher Kas verriet. Die Teams werden erst kurz vor Spielbeginn zusammengestellt, Kas beorderte Krawietz und Bachinger an eins, die Kölner boten Mies im zweiten Doppel auf. Im Vorfeld hätten die beiden Freunde noch miteinander gescherzt, erzählte Krawietz, wer mehr Angst vor einem direkten Duell hätte, "ich glaube, er war nervöser", scherzte Krawietz. Auch Mies fand es "schon komisch", so aber gab es dank der Konstellation für beide einen Sieg zu feiern, was recht gut war für das Selbstvertrauen, wie Mies fand. Denn nach dem Triumph in Paris "haben wir kein Spiel mehr gewonnen". In Wimbledon war in Runde eins Schluss.

Mies empfand das Remis in Großhesselohe im Übrigen als Punktverlust, "es wäre mehr drin gewesen". In der Tat spielten die ersatzgeschwächten Kölner, denen die verletzten Dustin Brown, Oscar Otte und Andreas Seppi fehlten, überraschend stark, der Kolumbianer Giraldo, eigentlich Kölns Nummer acht, rang den starken Bachinger in einem mitreißenden Duell im Matchtiebreak mit 10:3 nieder.

Dabei hatte der Ampermochinger Satz eins dank seines variablen und druckvollen Spiels - immer wieder streute er ansatzlose Stopps ein oder düpierte seinen Gegner mit Netzangriffen - mit 6:2 noch dominiert. Aber Giraldo kämpfte sich zurück. In Bachingers Spiel mehrten sich die Fehler, und er verlor Satz zwei im Tiebreak.

Weil Großhesselohes junger Spanier Alejandro Davidovich an Position vier gegen den Tschechen Pavlasek beim 3:6, 3:6 chancenlos war, lag es an Peter Gojowczyk, das vorentscheidende 0:3 abzuwenden. Gojowczyk tat es Bachinger gleich und bestimmte Satz eins gegen Choinski: "Im ersten Satz hatte er keinen Auftrag", ordnete Gojowczyk das 6:2 richtig ein, doch dann vergab er gleich zu Beginn des zweiten Satzes eine Breakchance. "Das zieht sich ein bisschen durch meine Saison", erklärte der Davis-Cup-Spieler, "das gab ihm Selbstvertrauen, er hat gemerkt, dass er gewinnen kann" - Satz zwei ging 6:4 an den Kölner. Doch im Matchtiebreak behielt Gojowczyk beim 12:10 die Nerven, "da ist auch immer Glück dabei", gab er zu.

Enge Spiel auf Top-Niveau: Das ist die erste Bundesliga, sagt French-Open-Sieger Krawietz

Teammanager Kas war hernach voll des Lobes, zumal Gojowczyk während der Partie von der Niederlage Bachingers erfahren hatte, was den Druck auf ihn noch erhöhte. Das Turnierjahr verlief ja bislang nicht nach Wunsch, Kas sieht Gojowczyk aber in aufsteigender Form: "Peter ist ganz nah dran an der Verfassung der Vorjahre", meinte Kas, "sein bestes Tennis kommt noch." Den Ausgleich zum 2:2 nach den Einzeln stellte schließlich Dennis Novak her. Der Österreicher ist beim TCG an zwei gesetzt und lieferte sich mit dem Belgier Kimmer Coppejans einen intensiven und hochklassigen Schlagabtausch. "Es waren sechs Spiele auf Top-Niveau", hob Krawietz nach dem Remis hervor, auch Novak gewann im Matchtiebreak (7:5, 2;6, 10:4).

Die Überlegung von Teammanager Kas, Novak den routinierten Landsmann Marach an die Seite zu stellen, ging indes nicht auf. "Sie kennen sich vom Davis Cup", sagte Kas, außerdem war der 38-Jährige im vergangenen Jahr noch die Nummer zwei der Doppel-Weltrangliste, steht derzeit an 18. Doch vor allem Kölns French-Open-Sieger Mies war zu stark an diesem Tag, auch wenn er mal den falschen Vornamen erwischte.

Am Sonntag entwickelte sich beim deutschen Meister TK Grün-Weiss Mannheim eine enge Partie, dieses Mal aber unterlag Gojowczyk an zwei denkbar knapp mit 12:14 im Matchtiebreak. Weil Bachinger an eins und Daniel Brands an vier in zwei Sätzen verloren hatten, führte der Titelverteidiger nach den Einzeln 3:1. Den Punkt holte in Mannheim der Spanier Davidovich, doch das 3:6, 2:6 von Brands und Bachinger im Einser-Doppel genügte dem Tabellenführer zum dritten Sieg im dritten Spiel. Aufsteiger Großhesselohe steht mit 2:4 Punkten als Sechster im Mittelfeld der Zehnerliga, ist also voll im Plan. Denn das Saisonziel, da sind sich Teammanager Kas und der Sportliche Leiter Bernard Eßmann einig, ist der Klassenerhalt.

© SZ vom 15.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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