Tennis:Reif für die ATP-Tour

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Nummer eins: Bei seinem Debüt bezwingt Giovanni Lapentti (im Bild) Oscar Hernandez, doch das bleibt der einzige Einzelsieg des TC Großhesselohe. (Foto: Claus Schunk)

Alexander Waske bezwingt mit Iphitos den TC Großhesselohe in der Herren-30-Bundesliga. Sein Team ist so stark, dass es im Münchner Derby sogar dankend auf den Einsatz des Davis-Cup-Kapitäns verzichten kann

Von Matthias Schmid, Pullach

Oscar Hernandez verzückte mit seiner Raffinesse sogar die Mitglieder des TC Großhesselohe. "Hans, hast du diesen unglaublichen Stoppball gesehen?", raunte ein Mann am Sonntagmittag seinem Nebenmann zu. Natürlich hatte Hans ihn gesehen. Auch die übrigen Zuschauer schwangen sich zu großen Bewunderern dieses besonderen Spielwitzes auf und klatschten anerkennend Beifall, als der Spanier in Diensten des MTTC Iphitos in der Herren-30-Bundesliga seiner Vorhand mit dem Handgelenk so viel Schnitt gab, dass der Ball kurz hinter der Netzkante auf die Seite von Giovanni Lapentti fiel - ansatzlos und unerreichbar für Großhesselohes Spitzenspieler. Am Ende reichte das Ballgefühl des noch immer drahtigen Hernandez, ehemals die Nummer 48 der Weltrangliste, aber nicht aus, um Lapentti zu bezwingen, der fünf Jahre jünger ist als sein Gegenüber und noch immer als Profi auf der großen ATP-Tour um die Welt tingelt. 6:4 und 6:2 gewann der Ecuadorianer mit italienischem Pass die Partie.

Die 3:6-Gesamtniederlage im Münchner Stadtduell konnte der 33-Jährige allerdings nicht verhindern. Der MTTC war zu stark, zu ausgeglichen an diesem Tag. "Wir hätten so auch gegen unsere erste Herrenmannschaft gewonnen", fand Alexander Waske. Die Aussage des früheren Davis-Cup-Spielers war nicht im Spaß dahingesagt, sie war ernst gemeint und mit Sicherheit auch nicht übertrieben. Wenn man die Aufstellung tatsächlich näher betrachtet, hätten die Jungsenioren gegen ihre eigene Regionalligamannschaft durchaus eine realistische Siegchance gehabt. Erst an Position fünf trat zum Beispiel der ehemalige Weltranglisten-81. Emilio Benfele Alvarez an - keine andere Mannschaft in der Südstaffel hat eine solche Anzahl an ehemaligen Weltklassespielern zur Auswahl.

"Wen wir alles aufgefahren haben, war richtig großes Kino", stellte Waske selbst erstaunt fest. Und Iphitos hatte nicht einmal seine bestmögliche Formation aufgeboten. Der Davis-Cup-Kapitän Michael Kohlmann war erst gar nicht nach Pullach gereist. Der frühere Top-100-Spieler wäre aber im Doppel noch angetreten, wenn es der Spielstand erfordert hätte. Doch sein späteres Kommen war nicht mehr nötig: Nach den Einzeln lag Iphitos bereits uneinholbar mit 5:1 vorne. Der Klub vom Aumeister hat in diesem Jahr Großes vor. Es soll nicht weniger als die deutsche Mannschaftsmeisterschaft sein. "Das streben wir noch viel deutlicher an als im vergangenen Jahr", bekannte Waske. Da hatten sie noch im Halbfinale das Nachsehen. Mit den Zugängen Hernandez sowie den beiden Bruckmühlern Benedikt Dorsch und Björn Krenzer haben die Münchner ihre ohnehin schon hohe Qualität noch einmal angehoben. Nicht zu vergessen Dieter Kindlmann, den ehemaligen Hittingpartner von Maria Scharapowa.

Kindlmann spielte einige Jahre für Großhesselohe in der Herren-Bundesliga. Auch für Waske war die Partie beim TC Großhesselohe ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Vor 15 Jahren hatte er eine Spielzeit lang im Münchner Süden aufgeschlagen. "Es ist toll, wieder hier auf der schönen Anlage zu sein", sagte er. Thomas Schiessling, sein ehemalige Mitspieler und Gegner am Sonntag, konnte sich daran gar nicht mehr erinnern. "Ich habe so viele Spieler kommen und wieder gehen sehen", sagte der Österreicher mit einem Lächeln.

Der 41-Jährige aus Innsbruck ist wirklich eine Ausnahme im schnelllebigen Profitennis. Seit 17 Jahren tritt er für Großhesselohe an. "Es ist schon lässig, dass wir nun in der Bundesliga spielen, weil hier so viele Leute zuschauen. Unser Ziel ist der Klassenverbleib", erzählte Schiessling, der im Hauptberuf als Aktienhändler an der Wall Street in New York arbeitet. Mit Tennis hält er sich fit. Dass er nicht viel verlernt hat, bekamen die Zuschauer am Sonntag in der Partie gegen Waske zu sehen. Doch der MTTC-Spieler, der am Vortag für die Herren 40 des Klubs in der Bayernliga spielte, schlug so gut auf, "dass ich mit dieser Leistung gleich einige ATP-Turniere spielen könnte", wie Waske sich nach dem Zweisatzsieg selber lobte. Aber sobald der Ball mal im Spiel war, sich so etwas wie Ballwechsel ergaben, konnte Schiessling seine Stärken von der Grundlinie ausspielen. "Von hinten muss ich noch besser werden", gab Waske zu. Bis zur Endrunde bleibt ihm ja noch einige Zeit, um zu üben.

© SZ vom 06.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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