Tennis:Magischer Moment

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„Ich hatte mir schon vorgenommen, ihn als normalen Gegner zu sehen und auf dem Platz den Respekt zu verlieren“: Johannes Härteis, 23. (Foto: Juergen Hasenkopf/oh)

Johannes Härteis bezwingt beim Tennis-Turnier in Ismaning den Niederländer Robin Haase. Es ist sein bisher größter Erfolg.

Von Thomas Jensen, Ismaning

Einen Punkt war Johannes Härteis noch vom größten Sieg seiner Karriere entfernt. Im Tiebreak des zweiten Satzes stand es 6:5 für ihn. Doch sein Gegenüber, der Niederländer Robin Haase, wehrte den Matchball ab, kurz danach holte er sich den Satz. Härteis hatte den Tiebreak letztendlich per Doppelfehler abgegeben.

Sich aus so einem Tief wieder herauszuarbeiten, ist nicht selbstverständlich. Die vergebene Chance spukt einem mitunter noch das ganze Match im Kopf herum und verdirbt den Fokus. Noch dazu, wenn es so ein großer Sieg gewesen wäre. Denn eigentlich war es ein ungleiches Duell, das die Zuschauer in der zweiten Runde des Challenger-Turniers in Ismaning am Mittwoch zu sehen bekamen. Härteis' Gegenüber stand schon einmal auf Rang 33 der ATP-Weltrangliste und hat immerhin zwei Siege bei ATP-Turnieren vorzuweisen. Auf Challenger-Ebene kommen noch etliche hinzu. Logischerweise hat der 32-Jährige, der bei diesem Turnier auf Position zwei gesetzt ist, auch einen deutlich größeren Erfahrungsschatz als sein Herausforderer.

Härteis, 23, ist die aktuelle Nummer 392 der Welt und spielt hauptsächlich Turniere auf Challenger-Ebene. Titel konnte er dabei bis jetzt noch nicht einheimsen. Sein Gegner in Ismaning war - abgesehen vom Spanier Albert Ramos-Vinolas, auf den er vor einigen Wochen traf - der wohl bekannteste in seiner bisherigen Karriere.

In dem Match gegen die aktuelle Nummer 151 der Welt hatte er nicht nur eine kritische Phase zu verarbeiten. Haase eröffnete rasch einen Nebenkriegsschauplatz. Mehrfach beschwerte er sich lauthals über die Schiedsrichterleistung, bezeichnete sie als Witz und peinlich. Nicht nur einmal musste der Neumarkter lange warten, bis er servieren konnte, weil der Holländer nicht mit dem Diskutieren aufhören wollte. Ein Psychotrick, der zwar nicht gern gesehen ist, aber wohl auf allen Leistungsebenen des Tennis verbreitet ist. Der Gegner soll in seiner Konzentration und seinem Rhythmus gestört werden. Doch der Oberpfälzer mit dem leicht fränkischen Dialekt blieb cool: "Diese Situation erlebt man als Profispieler leider sehr oft. Ich habe einfach versucht, mich auf das zu konzentrieren, was ich gut kann und als nächstes machen will", sagt er später. Dass auf der anderen Seite ein Mann von Weltformat stand, machte diese Aufgabe natürlich nicht einfacher. Doch darauf hatte sich der Deutsche vorbereitet: "Klar ist das schwierig, aber ich hatte mir schon davor vorgenommen, ihn als normalen Gegner zu sehen und auf dem Platz den Respekt zu verlieren."

Das ganze Match über habe er zu 100 Prozent daran geglaubt, dass er es schaffen könne, auch wenn es kritisch wurde: "Nicht nur nach dem vergebenen Matchball, sondern auch als er im dritten Satz den 0:3-Rückstand aufgeholt hat, war es kurz schwierig mit der Hoffnung", gab Härteis zu. Doch selbst in dieser Phase gelang es ihm, bei sich zu bleiben.

Einer der vielleicht magischsten Momente des bisherigen Turniers ereignete sich beim Stand von 4:4 im dritten Satz. Härteis war bei eigenem Aufschlag 0:30 hinten. Nach einem Angriffsball rückte er ans Netz vor, Haase antizipierte jedoch gut und setzte zum Lob an. Schon kurz zuvor war der Niederländer auf diese Weise zum Punkterfolg gekommen. Doch diesmal reagierte Härteis gut, er drehte sich mit dem Rücken zum Netz und nutzte jeden einzelnen seiner 193 Zentimeter. Zunächst schien dieser Rückwärtsvolley, einer der schwierigsten Schläge, den der weiße Sport zu bieten hat, an der Netzkante hängen zu bleiben, ein paar Zuschauern entwich ein enttäuschtes Stöhnen. Doch irgendwie flog der Filzball in einem für Haase nicht zu erreichenden Winkel doch noch auf die andere Seite. Kurze Zeit später war es vollbracht, im Tiebreak gab Härteis dann nur noch zwei Punkte ab.

In der nächsten Runde trifft er nun auf den Tschechen Zdenek Kolar. Der hat in der ersten Runde den deutschen Qualifikanten Mats Rosenkranz besiegt und sich in seinem Zweitrundenmatch gegen den Franzosen Tristan Lamasine durchgesetzt. Das erste Aufeinandertreffen ist es nicht, einmal hat Härteis gegen Kolar schon verloren. "Aber das war eh ein Match zum Vergessen", erinnert er sich schmunzelnd.

Der 1,93-Meter-Mann ist nicht der einzige Deutsche, der auf dem Ismaninger Teppich in der dritten Runde steht. Schon am Dienstag konnte sich Daniel Masur für diese qualifizieren, er trifft am Donnerstag auf den Italiener Luca Vanni. Ebenso weiter ist der an acht gesetzte Yannick Hanfmann. Er bezwang in der zweiten Runde den Briten James Ward. Ihm folgen könnte noch der zweite Lokalmatador. Der an zwei gesetzte Matthias Bachinger spielte am Mittwochabend gegen den deutschen Qualifikanten Julian Lenz. Ausgeschieden in der zweiten Runde ist lediglich Daniel Altmaier. Der Kempener unterlag dem an elf gesetzten Franzosen Constant Lestienne in zwei Sätzen.

© SZ vom 17.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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