Tennis:Haltung, auch wenn's eng wird

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Beeindruckende Vorhand: Isabella Pfennig, 13, Münchner SC. (Foto: Einfeldt)

Trotz Niederlage: Isabella Pfennig setzt in Eching ihren Aufwärtstrend fort

Von Matthias Schmid, Eching

Ihre lettische Gegnerin hatte schon den Platz verlassen, als Isabella Pfennig zum Besen griff. Akkurat lief sie alle sieben Linien ihrer Spielhälfte ab und befreite sie vom roten Ziegelmehl. Niemand hatte diese Zusatzschicht in der sengenden Mittagshitze von ihr verlangt. Doch die 13-Jährige macht auch bei der Platzpflege keine halben Sachen. "Bella gibt immer 100 Prozent", sagt der Cheftrainer der Oberhachinger Tennisbase, der Schwede Stefan Eriksson, über die Spielerin vom Münchner SC. Wer sie bei den Junior Open in Eching spielen sah, konnte einen Eindruck davon gewinnen, was der ehemalige Top-100-Spieler meint. Pfennig reichte ihrer Kontrahentin Kamilla Bartone nur bis zu den Schultern, doch sie machte ihren Nachteil mit schnellen Beinen, großem Eifer und einer mächtigen Vorhand wett. Erst nach mehr als zwei Stunden musste sie sich der gesetzten Spielerin geschlagen geben. "Zum Schluss war ich ein bisschen platt", bekannte Pfennig. Sie lächelte.

Die Niederlage im Achtelfinale grämte sie nicht, im Gegenteil. Ihr Auftritt bei einem der größten Nachwuchsturniere Deutschlands mit Spielerinnen aus ganz Europa war ein weiterer Beleg dafür, dass ihre Entwicklung rasant voranschreitet - sie erlebt gerade ihren erfolgreichsten Sommer als Tennisspielerin. "Ich weiß selbst nicht, warum ich so gut spiele", sagt sie. Pfennig gewann in diesem Jahr nicht nur die bayerische Meisterschaft der U14 und erreichte das Halbfinale der deutschen Meisterschaften; vor den Junior Open holte sie als ungesetzte Spielerin überraschend auch den Sieg beim Nachwuchsturnier in Waiblingen, das ähnlich hochkarätig besetzt ist wie Eching. Es ist nicht so, dass sie völlig aus dem Nichts gekommen wäre, sie gehört schon länger zu den besten Spielerinnen in Bayern. Eine Überfliegerin war sie bislang aber nicht.

"Sie hat eine tolle Entwicklung genommen und ist körperlich stärker geworden", lobt Eriksson. Mit zehn Jahren entschied sich Isabella Pfennig gegen den Fußball. Seitdem fährt sie vier Mal in der Woche von Gauting nach Oberhaching ins Landeszentrum des Bayerischen Tennis-Verbandes. "Eine Stunde mit der S-Bahn brauche ich für die einfache Strecke", sagt die 13-Jährige. Sie macht das gerne. Ihre Eltern unterstützen sie, drängen sie aber nicht. "Bellas Eltern sind da ganz entspannt", sagt Eriksson. Wie ihre Tochter. Was nicht heiß, dass sie dem Spiel gleichmütig begegnet.

Isabella Pfennig lebt auf dem Tennisplatz, sie geht aus sich heraus. Sie schreit und tadelt sich selbst, wenn sie zum Beispiel eine ziemlich gerade Rückhand ins Aus spielt: "Zieh doch hoch!" Sie ist keiner dieser Roboter, die nie eine Gefühlsregung zeigen. "Komm jetzt!", ruft sie nach einem guten Schlag. Neben ihrer Schnelligkeit und Beweglichkeit ist vor allem ihre Vorhand ziemlich beeindruckend. Sie kann sie enorm beschleunigen und von jeder Position des Platzes aus so platzieren, dass ihre Gegnerin sie nicht mehr erlaufen kann. Gewinnschläge nennen die Tennisspieler das, es ist ein Qualitätsmerkmal. "Nur an meiner Rückhand und an meinem Aufschlag muss ich noch viel verbessern", sagt Pfennig. In der Tat war ihr zweiter Aufschlag zu langsam, zu kurz, ihre Kontrahentin konnte sie beim Return schnell in Bedrängnis bringen.

Stefan Eriksson schaut von außen aber weniger auf die Schläge seiner jungen Schülerinnen, "das können sie noch alles verbessern", sagt er. Ihm ist besonders die Einstellung wichtig, die Haltung auf dem Platz, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten. Spielen sie mutig, wenn ihnen noch ein Punkt zum Spielgewinn fehlt? Weinen sie, wenn es nicht läuft? Isabella Pfennig imponiert ihm, sie zieht auch in engen Momenten munter durch. "Sie hat das Spiel schon verstanden", lobt ihr Trainer.

Ob sie einmal auf der Profitour auftauchen wird, kann er nicht seriös beantworten. "Aber das ist schon mein Ziel, eines Tages bei den großen Grand-Slam-Turnieren zu spielen", sagt Isabella Pfennig. Nach den Sommerferien kommt sie erst einmal in die achte Klasse. Sie ist eine gute Schülerin, klar. Sie mag eben keine halben Sachen.

© SZ vom 14.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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