Tennis:Gefühlvolle Hyperrealistin

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Schnelle Beine, Beweglichkeit und Kampfgeist zählen zu den Stärken von Isabella Pfennig. Schlagtechnisch ist Luft nach oben, sagt ihr Trainer. (Foto: Claus Schunk)

Der TC Großhesselohe verliert mit 3:6 gegen Dresden. Viele Spitzenspielerinnen fehlen, Top-Nachwuchsakteurin Isabella Pfennig ist an Position eins noch überfordert.

Von Matthias Schmid, Pullach

Manchmal reicht ein gewonnener Punkt, um die Begabung einer heranwachsenden Tennisspielerin zu erkennen. Isabella Pfennig ließ am Pfingstsonntag im Doppel gegen den TC Dresden-Blasewitz einen Ball von ihrem Schläger so kunstvoll abtropfen, dass dieser hinter dem Netz im gegenüberliegenden Feld liegen blieb, als sei er von einem Magneten angezogen worden. Der Volley-Stopp gehört zu den schwierigsten Übungen im Tennis, weil er Gefühl und Übersicht erfordert. Die 16-jährige Pfennig vom Zweitligisten TC Großhesselohe hat beides, zudem schnelle Beine, gute Grundschläge und einen klaren Kopf. Aus ihr könnte eine Spielerin werden, die es weit bringen kann auf der Profitour - vielleicht sogar in die Top 100.

Das sieht auch Pete Basic so. "Aber", sagt der Cheftrainer des TCG, "für Prognosen ist es noch zu früh. Es kann noch so viel passieren". Die Spielerin selbst weiß das am besten. Pfennig, die in Gauting lebt, hat ein pragmatisches Weltbild, sie ist keine Träumerin, eher schon Hyperrealistin. "Ich kann das alles sehr gut einordnen", sagt sie über ihre Zweitligabilanz in diesem Jahr zum Beispiel. Erstmals in ihrer noch jungen Karriere muss die deutsche U16-Meisterin erfahren, dass es nicht nur bergauf für sie geht. Nachdem die Gymnasiastin im vergangenen Jahr alle sechs Einzel für Großhesselohe gewonnen hat, wartet sie in diesem Jahr genauso wie ihr Klub nach der 3:6-Niederlage gegen Dresden noch auf den ersten Sieg. Am ersten Spieltag war Pfennig gegen den TC Vaihingen ganz nah dran. 9:6 führte sie gegen ihre russische Kontrahentin im Match-Tiebreak des dritten Satzes, nur ein Punkt trennte sie vom Sieg, ehe sie doch noch als Verliererin den Platz verlassen musste. "Wenn man drei Matchbälle hat, muss man die Partie gewinnen", sagt Pfennig. Sie ist keine, die Ausreden sucht. Sie spricht die Dinge klar an und weiß, dass sie noch vieles an ihrem Spiel verbessern muss.

Diese Klarheit imponiert auch Basic, der sie nicht nach Ergebnissen bewertet, sondern nach ihren spielerischen Auftritten. "Sie hat nicht schlecht gespielt", sagt er über ihre Zweisatzniederlage gegen Dresdens Petra Krejsova. Pfennig musste an Position eins antreten, nachdem wichtige Spielerinnen beim TCG gefehlt haben. "Das ist schon etwas anderes, als wenn man an sechs spielt", gibt Pfennig zu. Anders als auf den hinteren Positionen, wo die meisten noch keine Platzierung in der Weltrangliste vorweisen können, sind die Spitzenspielerinnen im Ranking zwischen 200 und 300 zu finden. "Für Isabella ist es gut, wenn sie mal Vergleiche auf diesem Niveau hat", sagt Basic. Das Spiel sei mehrdimensionaler, als sie es von Jugendturnieren oder kleineren Weltranglistenwettbewerben gewohnt ist. Die Frauen schlagen wuchtiger, haben mehr Länge und Tiefe in ihren Grundschlägen. "Das macht schon Spaß, gegen solche zu spielen", sagt Pfennig, um mit einem Lächeln hinzufügen: "Zu gewinnen ist aber schon cooler."

Gegen Krejsova ist rasch deutlich geworden, was Pfennig neben der Erfahrung noch fehlt. Sie ist schon nach dem Aufschlag der Gegnerin schnell hinter die Grundlinie zurückgefallen, sie konnte nur noch reagieren - nicht agieren. "Ich war gleich unter Druck", wie sie erklärte. Daran, die Bälle selber früh, bereits im Aufsteigen zu treffen, um sie so beschleunigen und die Gegnerin über den Platz scheuchen zu können, arbeitet sie gerade an der Tennisbase in Oberhaching, wo sie bei Stefan Eriksson trainiert. Mit ihrer Vorhand kann sie die Ballwechsel bereits dominieren, sie hat einen guten Vorwärtsdrall, auch ihr erster Aufschlag ist härter geworden. Der Rückhand fehlen noch Wucht und Variation, Pfennig versucht daher immer wieder, auch mal mit einem Slice, einem unterschnittenen Ball, Tempo rauszunehmen. "Schlagtechnisch kann sie sich noch stark verbessern", sagt Basic. Zu den Stärken Pfennigs zählen ihre schnellen Beine, sie ist flink, beweglich und bringt viele Bälle noch zurück, die andere schon abgeschenkt haben. Dafür fehlen ihr zu Gleichaltrigen ein paar Zentimeter an Länge.

Drei Spieltage stehen für Pfennig und den Tabellenletzten Großhesselohe noch in dieser Sommerrunde an, unter anderem gegen die Stadtrivalen Luitpoldpark (4:2 Punkte) und Iphitos (6:2). Um auch in der nächsten Saison in der zweithöchsten deutschen Spielklasse antreten zu können, braucht der Klub mindestens zwei Siege. "Wir müssen jetzt erst einmal liefern", sagt TCG-Trainer Basic. Er hofft, dass er nach einer dreiwöchigen Pause die bestmögliche Mannschaft aufbieten kann. Auch Isabella Pfennig wird dann wieder weiter hinten spielen und auf Gegnerinnen treffen, die sie schlagen kann.

© SZ vom 22.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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