Tennis:Ganz in Weiß

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"Weltfremd": Die strikte Kleiderordnung beim MTTC Iphitos gefällt nicht allen - es gibt erste Austritte von Mitgliedern

Von Matthias Schmid, München

Vor der Waschmaschine ist Michael Karbacher spätestens klar geworden, dass der MTTC Iphitos nicht mehr der richtige Klub für ihn und seinen Sohn ist. T-Shirts, Polohemden und kurze Hosen, alle in Weiß, stapelten sich bis zur Decke. "Ich kam mit dem Waschen kaum noch nach, weil die schicken bunten Klamotten im Schrank bleiben mussten", sagt der ehemalige Bundesligaspieler des MTTC, dem ältesten bayerischen Tennisklub. "Es war uns einfach lästig geworden, immer in Weiß spielen zu müssen", sagt Karbacher. Also schlossen sich sein begabter Sohn und er Anfang des Jahres dem Ligarivalen Grün-Weiß Luitpoldpark an, wo die Mitglieder in bunten Hemden ihre Schläger schwingen dürfen.

Die strenge Kleiderordnung bei Iphitos, über die sich der Vorsitzende Peter Bosch im SZ-Interview äußerte ("In weißer Kleidung spielt man auch besser", SZ vom 9.9.), war allerdings nicht der entscheidende Grund für Karbacher, den Klub zu verlassen, mit dem er 1990 den deutschen Mannschaftsmeistertitel gewann. "Sondern die sportliche Talfahrt", wie er sagt: "Iphitos wird im Leistungssport immer bedeutungsloser." Das wiederum hänge auch mit dem Beharren auf Kleidervorschriften zusammen, die Karbacher "weltfremd" nennt: "Alle Topspieler dieses Planeten spielen in Bunt und sehen dabei sehr ordentlich aus."

So käme sie Peter Bosch wohl nicht auf die Anlage des MTTC: Junge Frau beim Unterwasser-Tennis - in weißer Kleidung zwar, aber zu transparent. (Foto: Imago)

Karbacher ist nur einer von mehreren Spielern, die diese Meinung vertreten. Auch der langjährige Mannschaftsspieler Joseph Fesenmair versteht nicht, dass "man beim Iphitos die weiße Spielkleidung wichtiger nimmt als den sportlichen Erfolg" - er folgte deshalb Karbacher in den Luitpoldpark. Ein Trend? Oder nur die Zwischenrufe unzufriedener Mitglieder? Niemand kann seriös beantworten, ob Karbacher und Fesenmair die schweigende Mehrheit vertreten, die sich wünscht, dass der Spitzensport ernster genommen wird als die Etikette.

Dass noch wesentlich mehr Mitglieder es ihnen gleichtun könnten, fürchtet Peter Bosch nicht. Er begegnet den Aussagen vielmehr mit Erstaunen. Alles sei gut, es gebe keine Diskussionen im Verein, kontroverse schon gar nicht. Vielmehr spricht er von einer "sportlichen Erfolgsgeschichte", weil der Klub in der Jugend viele Titel gewinne und mit der Männermannschaft in der zweiten Liga spiele und bei den Herren 30 sogar die Endrunde um die Meisterschaft erreicht habe. Unerwähnt lässt er allerdings, dass die Männer in dieser Saison ohne Sieg wieder abgestiegen sind. "Andere größere Klubs, mit denen sich der MTTC so gerne vergleicht, spielen in der ersten Liga", sagt Karbacher.

Pro Weiß: Präsident Peter Bosch.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Dagegen: Michael Karbacher.

Interessant finden Fesenmaier und er den Ablauf einer Mitgliederversammlung vor eineinhalb Jahren, in der es um die Ausweitung der Kleiderregel gegangen sein soll - oder auch nicht. Je nach Sichtweise. Beim MTTC Iphitos ist geregelt, dass auf den Plätzen in den ersten beiden Reihen in Weiß gespielt werden muss, in der dritten und letzten Reihe dürfen die Mitglieder "auch farbliche Akzente mit Saiten oder Stirnband setzen", wie es in einem Klubschreiben an Mitglieder heißt, die die Vorschrift missachten. Nun gibt es widersprüchliche Angaben über die Fragestellung. Die einen behaupten, dass der Vorstand für eine Ausweitung der Weiß-Regel plädierte. Bosch bestreitet das. Augenzeugen berichten, dass damals Niki Pilic aufstand und sich leidenschaftlich gegen eine Verschärfung aussprach, weil sonst keine Kinder mehr zum Training gekommen wären - es blieb bei der alten Regelung.

Pilic lehrt mittlerweile wieder in seiner kroatischen Heimat und fällt als Mediator aus. Aber zumindest in einem herrscht große Einigkeit bei Iphitos: bei den Mitgliedsbeiträgen. Als der Vorstand sie im vergangen Jahr erhöhen wollte, votierte die große Mehrheit dafür.

© SZ vom 24.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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