Tennis:Faire Kämpferin

Lesezeit: 3 min

„Fighterin, topfit, und auch noch total offen und nett“: Luitpoldpark darf sich offenbar glücklich schätzen, Barbara Haas verpflichtet zu haben. (Foto: Claus Schunk)

Barbara Haas, die neue Nummer eins des Zweitligisten Luitpoldpark München, ist Österreichs beste Tennisspielerin. Ihrem Klub verhilft die Weltranglisten-186. gleich mal zur Tabellenführung.

Von Sebastian Winter, München

Fairness ist nicht immer üblich auf Tennisplätzen, gerade wenn es um mehr geht als um das bloße Gewinnen. Wenn zum Beispiel auch Zweitligapunkte eine Rolle spielen, etwa der Sieg des TC Grün-Weiss Luitpoldpark gegen BASF Ludwigshafen. Barbara Haas ist eine faire Spielerin, auch in kritischen Situationen. Das bewies die Österreicherin aus Steyr am Freitag zum Auftakt der Zweitliga-Saison, als sie gerade ihr Doppel mit Dia Evtimova spielte. Beim 2:1 und 30:15 im zweiten Satz schlug sie einen Überkopfball mit dem Rahmen erfolgreich ins gegnerische Feld, "oh, sorry" rief sie danach, es klang sehr authentisch. Beim 5:4 und 15:30 gab sie dann einen gegnerischen Ball, den der Schiedsrichter im Aus gesehen hatte, gut. Wenig später hatten Haas und Evtimova die Partie gegen Giulia Gatto-Monticone und Nora Niedmers mit 7:6, 6:4 gewonnen - und den Weg für den durchaus umkämpften 6:3-Auftaktsieg für Luitpoldpark geebnet.

Haas, 23, ist ein Gewinn für den Klub aus Schwabing, nicht nur deshalb, weil die Weltranglisten-186. Österreichs beste Tennisspielerin ist - und schon deshalb einige Aufmerksamkeit bündelt. Seit dieser Saison ist sie Luitpoldparks Nummer eins, und mit ihren athletischen 1,65 Metern, einer starken Vorhand und ihrem überhaupt quirligen Spiel hat sie am Sonntag auch ihr Einzel gegen Ludwigshafen-Oppaus Irina Ramialison gewonnen, nervenstark nach ziemlich üblem Beginn mit 1:6, 6:3 - und 12:10 im Match-Tiebreak. Luitpoldpark ist nach den beiden 6:3-Erfolgen zum Auftakt auch dank Haas unverhofft Tabellenführer. Kurz vor dem Saisonstart hatte Cheftrainer Marc Herter noch betont, dass "das erste Ziel klar der Klassenerhalt" sei.

Im Dezember 2015 gewann sie gegen Aryna Sabalenka - die aktuell zehntbeste Spielerin

Vermittelt hat den Transfer in erster Linie Julia Grabher, Luitpoldparks Nummer drei, sie trainiert mit Haas in Linz, beide spielen in Österreichs Fed-Cup-Team. Das passt ja auch zu Luitpoldparks Philosophie, gerade auf deutsche und österreichische Spielerinnen zu setzen. "Von Linz sind es zweieinhalb Stunden hierher", sagte Haas am Freitag, als sie gerade das Doppel erfolgreich beendet hatte und sich ganz unprätentiös für ein paar Fragen auf die Grasböschung setzte. Das sei praktischer als Reisen nach Halle/Westfalen, wo sie bisher spielte. Haas bezeichnet sich als "Teamplayer und Allrounderin, Punkte mache ich gerne über die Vorhand - und Schwächen werden nicht verraten". Haas schmunzelt, sie weiß selbst, dass sie allein schon wegen ihrer Größe nicht gerade über einen bombastischen Aufschlag verfügt. "Dafür ist sie eine Fighterin, topfit, und nebenbei auch noch total offen und nett", sagt Luitpoldpark-Trainer Herter. Auch diese Eigenschaften findet man nicht überall auf der Tennistour. "Sie hat Potenzial für die erste Liga", glaubt Herter zudem, "wir haben mit ihr sehr viel Glück gehabt".

Haas möchte sich eben an den Spielwochenenden in der zweiten Liga etwas dazuverdienen, in Linz spielt sie auch noch in der ersten österreichischen Liga. Aber ihr Schwerpunkt liegt - wie bei den meisten anderen Top-200-Spielerinnen, darauf, sich auf der Tour zu etablieren. "Mein erstes Ziel sind die Top 100", sagt Haas, die schon mal 134. war im Herbst 2016. Am Montag ist sie deshalb gleich nach Frankreich geflogen, zu einem mit 60 000 Euro dotierten Challenger-Turnier der ITF-Serie. Auf solchen Turnieren sammeln Profis aus der zweiten Reihe kaum nennenswertes Preisgeld, dafür aber Punkte, mit denen sie dann in die Qualifikation bei höherwertigen Turnieren rücken - idealerweise bei einem der vier Grand Slams.

Einmal hat es Haas bislang ins Hauptfeld eines Grand Slams geschafft, bei den US Open 2016 verlor sie in Runde eins knapp mit 7:5, 3:6, 5:7 gegen die Ungarin Timea Babos. Dafür stehen schon 13 ITF-Titel in ihrer Bilanz, zwar bislang ausschließlich bei mit 10 000 und 25 000 Dollar dotierten Turnieren, aber immerhin. Bei einem dieser Turniere, die sie nach Naples und Jackson in den USA, nach Dschibuti in Afrika oder nach Port Pirie in Neuseeland geführt haben, wo sie überall gewann, traf sie auf Aryna Sabalenka - und bezwang die Weißrussin im Finale von Neu-Mumbai in Indien 7:6 und 7:6. Das war im Jahr 2015, kurz vor Weihnachten. Sabalenka hat seither drei Millionen US-Dollar Preisgeld gewonnen, aktuell ist sie Weltranglisten-Zehnte. Haas muss sich bislang mit rund einem Zehntel dieser Einnahmen trösten. Aber diese faire Fighterin, die im Winter gerne auf Skitouren geht und Instagram liebt, hat noch etwas vor, auch jenseits des Luitpoldparks.

© SZ vom 14.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: