Tennis:Es war einmal

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In den frühen Neunzigern hatte der MTTC Iphitos goldenen Zeiten und wurde deutscher Meister. Heute reicht es nur noch zur Bayernliga - doch das ist gewollt

Von Matthias Schmid, München

Im Freundes- und Bekanntenkreis wollen sich Uli Kiendl und seine Mannschaftskollegen nach neuen Spielern umsehen. Für einen Bundesligisten ist das eine recht ungewöhnliche Spielerakquise, die sich die Herren 30 des MTTC Iphitos da ausgedacht haben. Dass die Zugänge auch menschlich ins Mannschaftgefüge passen sollten, ist beim größten bayerischen Tennisklub keine dieser typischen Floskeln, hebt Kiendl hervor. "Wir leben das wirklich und spielen schon seit Jahren mit wenigen Ausnahmen zusammen." Der Sportvorstand und seine Kameraden wollen nach der unglücklichen 4:5-Halbfinalniederlage gegen Ratingen im nächsten Jahr noch einmal einen Anlauf nehmen, um die deutsche Teammeisterschaft zu gewinnen. Es wäre nach 1990 der zweite Titel für den Klub, damals hatte Michael Stich die Männer zum Triumph in der Beletage geführt, ehe er ein Jahr später in Wimbledon triumphierte.

Lange her ist das alles. Die goldenen Zeiten zu Beginn der Neunziger, inzwischen muss der Verein im Münchner Norden damit leben, dass sein einstiges Vorzeigeteam, die ersten Männer, nach zwei Abstiegen hintereinander in der Bayernliga angekommen ist. In der Regionalliga reichte es in dieser Spielzeit in sieben Spielen nur zu einem Sieg. Viel zu wenig, um sich in der dritthöchsten Klasse zu halten. "Das ist natürlich extrem bitter für uns und auch nicht unser Anspruch", bekennt Kiendl und fügt hinzu: "Der sportliche Erfolg hat bei uns in den letzten Jahren schon gelitten." Für den Klub ist das allerdings kein Desaster, obwohl sich Iphitos unter anderem neben Blau-Weiss Berlin, dem Rochusclub Düsseldorf oder Grün-Weiss Mannheim das Prädikat Leading Tennis Clubs genehmigt, also zum Zusammenschluss der größten und exklusivsten Tennisvereinen im gesamten Bundesgebiet zählt. Der MTTC will nicht mehr um jeden Preis Bundesligatennis präsentieren, den Verantwortlichen genügt es, wenn sich Weltklassespieler während der BMW Open auf der heimischen Anlage aufhalten. "Uns ist wichtiger, als Ausbildungsverein für begabte Tennisspieler aus der Region wahrgenommen zu werden, und dass sich die Spieler mit uns identifizieren können", sagt Kiendl. Im besten Fall treten sie Iphitos mit 18 Jahren bei und steigen irgendwann in den Vorstand auf. So wie Kiendl selbst, der einst vom Oberhachinger Leistungszentrum kam.

Der Leistungsgedanke ist allerdings nicht abgeschafft, auch wenn der 35-Jährige sagt, "dass wir keine Spieler hier haben wollen, die nur am Wochenende während der Spiele auf der Anlage zu sehen sind und sich dann ihr Geld abholen". Doch ganz ohne zugekaufte Spieler werden sie den Wiederaufstieg nicht schaffen, das weiß Kiendl, der betont: "Die Regionalliga ist die Liga, die am besten zu uns passt." Doch um aus der Bayernliga aufzusteigen, benötigen die Münchner an den vorderen Positionen Spieler, die sich dem Profitennis voll und ganz widmen. Spieler wie den ehemaligen Davis-Cup-Akteur Cedrik-Marcel Stebe. "Wir wollen ihn unbedingt halten, er ist ein toller Typ und passt perfekt zum Klub", sagt Kiendl. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass sich der ehemalige Weltranglisten-71., der nach zahlreichen Verletzungen wieder Anschluss an die Top 100 sucht, von der Bayernliga begeistern lässt.

Denn zu teuer darf er nicht sein: "Bundesligatennis ist schon heftig", gibt Uli Kiendl zu. Ihm liegt deshalb viel daran, dass der Klub begabte Talente wie die beiden Teenager Constantin Frantzen, 18, und Alexander Erler, 19, so fördert und entwickelt, dass sie irgendwann Führungsfiguren werden können. Die Mitglieder des MTTC Iphitos müssen sich also daran gewöhnen, dass sie sich künftig in der sanierten und bald wiederöffneten Halle auf dem neuen Belag Rebound Ace zwar wie Profispieler fühlen können. Aber dass echte Weltklassespieler zumindest im Klubtennis so schnell nicht mehr am Aumeisterweg zu sehen sein werden. Dennoch könnte der MTTC Iphitos schon im nächsten Jahr einen Meistertitel feiern. "Wir wollen uns auf den vorderen Positionen verstärken und wieder die Endrunde erreichen", kündigt Uli Kiendl an.

Das sagt er aber ausdrücklich nicht als Sportvorstand, sondern als Spieler der Herren 30. Mit einem Augenzwinkern fügt der 35-Jährige hinzu: "Und ich habe auch überhaupt nichts dagegen, wenn ich dann nur noch Ersatzspieler bin."

© SZ vom 10.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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