Tennis:Einmal Neuland und zurück

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Das Ziel vor Augen: Marek Jaloviec am Sonntag beim 9:0-Sieg gegen den TC Amberg. (Foto: Claus Schunk)

16 Jahre nach dem bislang letzten Aufstieg in die Bundesliga macht sich Großhesselohe wieder auf den Weg in die Beletage. Mit guten Aussichten: Nach drei Spieltagen steht der TC an der Tabellenspitze.

Von Matthias Schmid, Oberhaching

Eine Ordnungswidrigkeit beging Marcel Zimmermann zwar nicht, als er eine Plastikbox mit Pasta in die Halle schmuggelte und auf der Tribüne sitzend das Nudelgericht verspeiste. Das Verbotsschild an der Tür galt ausschließlich für "Flaschen und Getränke", diese haben auf den Courts des Landesleistungszentrums des Bayerischen Tennis-Verbands in Oberhaching nichts verloren, wie an der Tür zu lesen ist. Aber daran gehalten hat sich natürlich niemand beim Heimspiel am Sonntag zwischen dem TC Großhesselohe und dem TC Amberg, die Tennisspieler mussten ja schließlich während ihrer körperlichen Ertüchtigung ihren Wasserhaushalt immer wieder auffüllen.

Marcel Zimmermann gehörte schon 2002 dem Team an. Für ihn wäre der Aufstieg sein Abschied

Die Zweitligabegegnung musste wegen des anhaltenden Regens in die Halle verlegt werden, das Wasser fiel derart reichlich vom Himmel herab, dass Menschen, die von draußen in die Halle kamen, aussahen, als wären sie gerade samt ihren Kleidern in ein Schwimmbad gefallen. "Das ist schade", sagte Zimmermann. Er liebt die Atmosphäre auf der heimischen Anlage an der Pullacher Straße. "Zimbo", wie er von allen gerufen wird, kennt praktisch jeden Zuschauer dort. Er spielt seit 2002 beim TCG, war schon als 17-Jähriger dabei, als der Traditionsklub das letzte Mal in die erste Liga aufstieg. "Mit 5:1 haben wir im entscheidenden Spiel in Karlsruhe nach den Einzeln geführt." Für Zimmermann, damals ein hochbegabtes Talent, war es der erste Einsatz in der zweithöchsten Spielklasse gewesen. Nachdem der Spitzenspieler Emilio Alvarez den Flieger verpasst hatte, durfte er mitspielen. Der damalige Trainer Karsten Schulz unterrichtete ihn von seiner Premiere erst am Spieltag. "Das war gut so", erinnert sich der 33-Jährige, "sonst hätte ich in der Nacht nicht geschlafen."

Es war alles neu und aufregend für ihn damals, aber sonderlich zu beeindrucken schien ihn das nicht, er gewann sein Einzel und trug so zum Aufstieg in die erste Liga bei. 16 Jahre später könnte sich nun ein Kreis für den ehemaligen Weltranglisten-299. schließen. Der TC Großhesselohe strebt in die erste Liga zurück. "Wir wollen aufsteigen" hat Präsident Bernard Eßmann vor dem Rundenstart forsch kundgetan. Und nach drei Spieltagen sieht es so aus, als ob die Spieler das Ziel erreichen könnten, Großhesselohe führt nach dem 9:0-Sieg am Sonntag gegen Amberg die Tabelle mit 6:0 Punkten an.

2003 war die Beletage für Zimmermann und seine Mitspieler "brutales Neuland", wie er es ausdrückt. Die erste Reise führte sie in den mondänen Rochusclub nach Düsseldorf. Die Anlage kannte der gebürtige Allgäuer von den Fernsehübertragungen vom World Team Cup. Eine spanische Auswahl stand ihnen gegenüber. "Wir waren chancenlos", sagt Zimmermann. Obwohl sie im weiteren Saisonverlauf zwei Partien gewinnen konnten, stiegen sie sofort wieder ab, weil sie das Schlüsselspiel gegen Oberhausen 4:5 verloren.

In den folgenden Jahren gehörte der TC Großhesselohe zum festen Inventar der zweiten Liga. Mit einem eingespielten Kader mischten sie meistens vorne mit, "wir waren sogar oft Erster", erinnert sich Karsten Schulz, aber aufsteigen durften sie nicht. Präsident Leo Benz hatte das so verfügt, und was er sagte, war im Klub Gesetz. Benz hatte etwas gegen das neue Reglement, das der Deutsche Tennis-Bund irgendwann einführte, indem er die Teamgröße von sechs auf vier Spieler reduzierte. "Leo wollte nicht, dass nach dem Aufstieg nicht alle mitspielen können", sagt Schulz.

Die Kontinuität in der Mannschaft war stets Großhesselohes Markenkern, das war schon so, als Schulz, 56, noch selbst in der Bundesliga mitspielte und 1987 Platz zwei in der Meisterschaft errang. Klangvolle Namen schlugen einst für den Klub auf, die Spanier Sergio Casal und Javier Sanchez zum Beispiel. Es waren die Hochzeiten im Tennis Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. "Vor allem bei den Derbys gegen Iphitos war viel los", erinnert sich Schulz. Bis zu 2000 Zuschauer waren auf der Anlage, um Michael Stich oder Bernd Karbacher live zu erleben. Die Tennis-Bundesliga war chic, der Bayerische Rundfunk schickte extra ein Kamerateam vorbei. Dass Eßmann nun wieder von der ersten Liga spricht, gefällt Schulz, wenn er auch nicht mehr in vorderster Position daran mitwirkt. "Das belebt den Klub, und für einen Trainer ist es immer toll, die höchsten Ziele anzustreben."

Für Marcel Zimmermann würde im Fall des Aufstiegs ein neues Kapitel beginnen. Er wäre dann nicht mehr als Spieler dabei. "Die erste Liga ist in meinem Alter weit, weit weg", sagt er. Denkbar aber ist, dass er als Trainer mitfährt und gemeinsam mit Maximilian Wimmer die Mannschaft betreut. Und Bundesligaspieler dürfte er sich trotzdem noch nennen, mit dem Zusatz "Herren 30" halt, dort ist alles ein bisschen gemütlicher und langsamer.

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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