Tennis:Bundestrainer schlägt auf

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"Von DTB-Seite aus sind wir immer interessiert, unsere Topspieler einzubinden" - Michael Kohlmann, Head of Men's Tennis und Davis-Cup-Teamchef. (Foto: Peter Schatz/ActionPictures/Imago)

Die Herren 40 des MTTC Iphitos stehen im Finale um die deutsche Meisterschaft. Gastgeber Berlin hat allein vier ehemalige Top-Ten-Spieler in seinen Reihen

Von Thomas Becker, München

Bei den Schwachstellen redet Michael Kohlmann gar nicht lange drum herum: "Ganz klar: der Aufschlag. Dabei war das früher immer meine Stärke." Früher, das war die Zeit als Profi, von 1995 bis 2013. Nummer 98 der Welt war er mal im Einzel, im Doppel, wo er fünf ATP-Turniere gewann, gar die 27. 2007 stand er mit Rainer Schüttler im Viertelfinale der French Open, drei Jahre später gar im Halbfinale der Australian Open. Acht Mal spielte Kohlmann Davis Cup für Deutschland, ehe er vor viereinhalb Jahren das Kapitänsamt der deutschen Mannschaft übernahm. Aufschlag hat er als Bundestrainer seitdem selten bis gar nicht im Programm, "höchstens mal von der T-Linie - damit der Spieler auch was davon hat."

Am Wochenende wird der 45-Jährige dagegen öfter mal wieder von der Grundlinie aus draufhauen müssen - da tritt er nämlich in Berlin mit den Herren 40 des MTTC Iphitos zum Final Four um die deutsche Meisterschaft an.

Herren 40, das klingt einigermaßen gemütlich. Schaut man sich die Meldelisten der Top-Klubs an, kommt man aus dem Staunen aber kaum raus. Gastgeber SCC Berlin schießt dabei den Vogel ab: Nicolas Kiefer, 41, die ehemalige Nummer vier der Welt, Arnaud Clément, 41, aus Frankreich, ehemalige Nummer acht der Welt, Thomas Enqvist, 45, aus Schweden, ehemalige Nummer vier der Welt, Magnus Larsson, 49, aus Schweden, ehemalige Nummer zehn der Welt, und Björn Phau, 39, ehemalige Nummer 55 der Welt und im vergangenen Jahr noch Bundesligaspieler bei den Herren, bilden das nominell wohl beste Team, das je bei den Herren 40 um den Titel spielte. Der zweimalige Meister TC Blau-Weiß Bohlsbach aus Rheinland-Pfalz bietet unter anderem den ehemaligen Iphitos-Spieler Alexander Waske, Jiri Novak und David Prinosil auf. Lediglich der TC Bredeney aus Nordrhein-Westfalen kommt ohne große Namen aus, tritt aber auch mit zwei Niederländern und einem Belgier auf den drei vorderen Positionen an.

Und Iphitos? Leistete sich während der sieben Regionalliga-Matches ohne Niederlage für eine Partie im Spanier Oscar Hernandez die ehemalige Nummer 48 der Welt, der ehemalige Thomas-Muster-Besieger Emilio Alvarez-Benfele (ehemals Nr. 87) trat vier Mal an und gehört schon seit Jahren zur Iphitos-Familie, ebenso wie Norbert Mazany, der ehemalige Daviscup-Spieler aus Ungarn, der sonst als Trainer der Iphitos-Jugend auf die Sprünge hilft. "Das sind die einzigen, die bei uns ein bisschen Geld bekommen", sagt Mannschaftsführer Daniel de Boer. "Als ich den Michi Kohlmann gefragt hab', ob er auch Geld will, hat er mir glatt Prügel angedroht." De Boer hat den Durchmarsch des Teams von der Bezirks- bis in die Regionalliga mitgemacht und mit zu einer verschworenen Gemeinschaft geformt. Ausgerechnet beim Finale auf der Anlage im Charlottenburger Eichkamp (Halbfinale am Samstag, Finale am Sonntag), das man nun nach drei Jahren in der höchsten deutschen Spielklasse erstmals erreicht hat, wird er jedoch verletzt fehlen.

Kohlmann, den sie im Team Kohle nennen, ist schon im vierten Jahr dabei, er geht mit einer 4:1-Saisonbilanz aus der Regionalliga ins Berliner Finale und ist richtig heiß darauf: "Das ist schon was Besonderes, auch wenn wir klarer Außenseiter sind. Die Berliner haben mit ihrem Kader wohl einen ganz klaren Auftrag bekommen: gewinnen." Er selbst kommt mehr oder weniger direkt aus New York, von den US Open in Flushing Meadows. Gerade die ersten Runden der Qualifikation und das folgende noch spielfreie Wochenende sind dabei von Bedeutung für den Davis-Cup-Kapitän: "Da haben die Spieler noch ein wenig Zeit zum Reden, bevor das Turnier dann so richtig losgeht." Für ihn und Iphitos wird es am Samstag um 10 Uhr ernst, wenn die Paarungen ausgelost werden. "Besonders auf ein Match gegen Thomas Enquist würde ich mich freuen", sagt Kohlmann, "der ist mein Jahrgang, 1974. Gegen den hab' ich schon mal bei den U-14-Mannschafts-Europameisterschaften gespielt - und gewonnen." Na dann, allzu viel wird sich in den paar Jahren ja nicht verändert haben...

© SZ vom 31.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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