Tennis:Aumeister statt Roland Garros

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Der Bundestrainer macht vor, wie man auf Sand spielt: Michael Kohlmann bei seinem 6:4, 6:3-Sieg gegen den Villinger Elder Mustafic. (Foto: Claus Schunk)

Während in Paris die French Open stattfinden, starten in München die Herren 30 des MTTC Iphitos in die Bundesliga-Saison. Mit Davis-Cup-Kapitän Michael Kohlmann, der seine Spieler beim Grand-Slam-Turnier in diesem Jahr am Bildschirm verfolgt

Von Jan Geißler, München

Seit Sonntag laufen in Paris die French Open, das zweite Grand-Slam-Turnier des Jahres und das einzige seiner Art auf roter Asche. Mit dabei sind auch die besten deutschen Tennisprofis, angeführt von Angelique Kerber, Philipp Kohlschreiber und Youngster Alexander Zverev. Michael Kohlmann, der deutsche Davis-Cup-Kapitän, der zu dieser Zeit in der Regel auch in der französischen Hauptstadt anzutreffen ist, trat die Reise dieses Mal nicht an. Er werde die Spiele von München aus verfolgen, zudem habe er auch so zu allen seinen Schützlingen Kontakt und diese ja auch erst kürzlich bei den BMW Open in München live zu Gesicht bekommen. "Es wäre nicht gut, wenn ich jetzt drei, vier Jahre in Folge in Paris fehlen würde, aber so ist das kein Problem", sagt Kohlmann. Dieses Mal mache es keinen großen Unterschied, ob er vor dem Fernseher sitze oder direkt am Turnierort sei. Zumal die Auslosung für die Abstiegsrelegation im Davis Cup erst im Juli stattfindet. Und außerdem hatte er so die Möglichkeit, selbst zum Schläger zu greifen.

Neben seiner Tätigkeit als Nationaltrainer ist Kohlmann nämlich für die Herren 30 des MTTC Iphitos in der Bundesliga im Einsatz, jedenfalls wenn es sein gut gefüllter Terminkalender zulässt. Am vergangenen Sonntag war dies der Fall, und so stand der 42-Jährige um 11 Uhr, also zeitlich parallel zum Beginn der French Open, zum Saisonauftakt gegen Aufsteiger TC BW Villingen auf dem Platz. Auf der Anlage am Aumeisterweg feierten die Iphitos-Herren, zu denen neben Kohlmann auch bekannte Namen wie Alexander Waske und Lars Uebel zählen, einen klaren 9:0-Erfolg.

Kohlmann selbst benötigte für sein Auftakteinzel genau 73 Minuten. Unter dem Strich war es ein sehr souveräner Auftritt. Gegen Elder Mustafic feierte die ehemalige Nummer 27 der Doppel-Weltrangliste (März 2007) einen insgesamt ungefährdeten 6:4, 6:3-Sieg. Und das, obwohl einzelne Bewegungen ab und an noch ein wenig unrund wirkten und hin und wieder Bälle ins Aus flogen, die für den ehemaligen Profi sonst eher zur Kategorie der einfacheren Schläge zählen dürften. "Dafür, dass es mein erstes Spiel seit gut einem Jahr war, bin ich mit der Leistung zufrieden", zog Kohlmann ein positives Fazit. Gegen die Nummer vier der Villinger war Kohlmann vor allem in den entscheidenden Phasen der beiden Sätze hellwach, als er seinem Gegenüber jeweils den Aufschlag abnahm. "Ich spiele zwar viel Tennis, aber meistens geht es eben nicht um Punkte", erklärte Kohlmann seine derzeit fehlende Wettkampfhärte. Teamkollege Uebel, der an der Oberhachinger Tennisbase deutsche Spitzenspieler wie Peter Gojowczyk und Mattias Bachinger coacht und ebenfalls einen Zwei-Satz-Erfolg bejubeln durfte, brachte es auf den Punkt, als er daran erinnerte, dass er mittlerweile kein Spieler mehr sei, sondern Trainer. Und wenn dieser Satz bei jemandem gut passt, dann wohl bei Kohlmann. Der Wahl-Münchner ist nicht nur für die besten deutschen Männer zuständig, sondern ist auch als Bundesnachwuchstrainer im Einsatz und trainiert in Oberhaching den 15-Jährigen Rudi Molleker, eines der größten deutschen Nachwuchstalente. "Diese Mischung aus Top-Leuten und Nachwuchskräften macht mir extrem viel Spaß", sagt Kohlmann, "so kann ich den Jüngeren immer wieder aufzeigen, wo es mal hingehen könnte." Die Doppelfunktion sei in dieser Form etwas Neues beim Deutschen Tennis Bund, ändere jedoch nichts daran, dass er beide Aufgaben ernst nehme.

Für den MTTC ist Kohlmann, der im nordrhein-westfälischen Hagen geboren wurde und erstmals beim Herdecker TC Grün-Weiß einen Tennisschläger in der Hand hielt, nun schon seit zehn Jahren im Einsatz. "Iphitos ist inzwischen so ein bisschen mein Verein", beschreibt er das besondere Verhältnis. Was damals in der Regionalliga für die Männer des Klubs begann, ist heute eine Herzenssache für ihn. "Für mich ist es immer wieder schön, hier zu spielen", sagt Kohlmann, "es macht mir einfach Spaß, mit den Jungs Zeit zu verbringen und einen Tag unter Turnierbedingungen zu spielen." Dadurch, dass er inzwischen auch ganz in der Nähe der Anlage wohne, kenne er die meisten Leute im Verein und fühle sich einfach wohl. So wohl, dass er gemeinsam mit Waske hin und wieder auch bei den Herren 40 aushilft, die in diesem Jahr von der Bayernliga in die Regionalliga und damit die höchste deutsche Spielklasse aufsteigen möchten.

Das Hauptaugenmerk liegt allerdings nach wie vor auf den Herren 30, wo erneut die Endrunde um die deutsche Meisterschaft erreicht werden soll. "Wir sind in diesem Jahr sehr breit aufgestellt, sodass wir wohl für jeden Spieltag eine gute Mannschaft stellen können", glaubt Kohlmann. Der erste Spieltag jedenfalls war vielversprechend. Bereits das kommende Auswärtsspiel am Sonntag, 5. Juni, dürfte die erste richtige Herausforderung werden. Gegner ist dann Lokalrivale TC Großhesselohe.

© SZ vom 24.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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